Von Monet zu
Picasso
Max Raphael
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RAPHAEL: VON MONET ZU PICASSO
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I'hot. Kahmreiler, l'iiris i'oll. SIfiti
Pablo Picasso Jüngling mit Pferd (Abb. 1)
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VON MONET ZU PICASSO
GRUNDZUGE EINER ÄSTHETIK
UND ENTWICKLUNG DER MODERNEN MALEREI
VON
MAX RAPHAEL
MIT so ABBILDUNGEN
DELPHIN-VERLAG /MÜNCHEN
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Dritte unveränderte Auflage
Fine Arts
MD
Copjriglii 1919 hj Delpbin-VerUg (Dr. Richard Landauer) in Mfiaoliaa
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INHALTS- VERZEICHNIS seit«
I. TheoretischerTeil:Versuch.emer Grundlegung des Schöpferischen 7
IL Praktischer Teil: Die Entwicklung der modernen Malerei
1. Die Eroberung des neuen Lebensgefühles 51
a. Der Impressionismus 5 a
b. Van Gogh Ö7
a. Auf dem Wege zur al^oluten Gestaltung 75
a. Der Neo-Impressionismus 76
b. Cözanne 79
5. Die Nachfolger Cezannes 95
a. Der Expressionismus 96
Gauguin 104
Matisse 106
h. Pirassft 110
Schluß 119
Anmerkungen laa
AnmT.miNGSi.vKnzF.ir.HNTs
1. Pablo Picasso: Jüngling mit 16. Pa«/Gaw^z>i:D.Flötenspielerin
Pferd (1905) 1 7. ii/ewi MaEfM.y«: Notre-Dame de
ö. Claude Monet: Die Brücke von Paris
Argenteuil (1874) 18. Henri Matisse: Cafö Maure
5. Claude Monet: Venedig (1908) 19. Henri Matisse: Nature morte
4. Auguste Renoir: Landschaft ao. Henri Matisse: Kopf
5. Auguste Renoir: Landschaft ai. Pablo Picasso: Stilleben
6. Auguste Rodin: Die Bürger von aa. PaZ^ZoPica^^rWeibUchesBUdnis
Calais 35. Pablo Picasso: Zwei nackte
7. y^u^^/e/{odi>t:LaMaindeDieu Frauen (1908)
8. Vincent van Gogh: DieSchlucht »4. PaUo Picasso: Stilleben (1910)
9. Vincent van Gogh: Zeichnung »5- PöWoP/c/w«):Studentui(i9io)
10. Paul Signac: Avignon abends ^ö. Pablo Picasso: Mann mitKlari-
1 1 . Georges Seurat: Le Chahut ^^^^ ^ ^ 9 1 0
^ n 1 ryj Ol- i- 1 37. Pa^/oP*cajJo:DieVioline(i9i5)
la. PaulCezanne: Schneeschmelze onnr»- tüt- ^^ v c
a8. PöWojP«:<m«): Mannlicher Kopf
1 5. Paul Cezanne: Das Haus C^- (Zeichnung) (1915)
nes (Aquarell) , 2g. Nicolas Poussin: ApoUo und
14. Paul Cdzanne: Estaque Daphne
15. Paul Cezanne: Stilleben 50. Paul Cdzanne: Badende
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1
•«■■■«■■■«■■■■iiiiifaBi«iiiiittftiti»«<«>'««at»* >•*••( «•*i*»tiiiii«»iaiiiiiaiititiiiiii IUI ■■•flii«t>i«»itai«iii«ii«i»iiiti(iiiii*»iia4isrtiaiiaiki
VERSUCH ElNüR GRUNDLEGUNG DES SCHÖPFERISCHEN
Faust: Wohin der Weg?
Meph.: Kein Weg! Ins Unbetretene,
Nicht zu Betretende; ein Weg ans Unerjjeten^
Nicht zu Erbittende. Bist du bereit? —
Nicht Schlösser sind, nicht Riegel ^^[zuschiebea,
Von Einsamkeiten wirst vunhergetrieben.
Um dtt Begriff T(m Öd' und Einsamkeit?
Ein glUheoder Dreifuß tut dir endlich kund.
Du seist im tiefsten, allerti^ten Qrund.
Bd seinem Schein iviist du die Matter sehn,
, Die einen dtzen, andre stehn und gehn,
Wie's eben kommt. Gestaltung, Umgestaltung
Des ew*gen Sinnes ew'ge Unterhaltung
Umschwellt von Bildern aller Kreatur.
Berühr' ihn mit dem Schlüssel —
Er schließt sich an, er folgt als treuer Knecht.
Und hast du ihn einmal hierher gebracht, •
So rufst du lieid und Heldin aus der Nacht,
Der erste, der sich iener Tat erdreistet^
Sie ist getan, und du hast es geleistet.
Wenn ihm der Schlüssel nur zum .Besten fvoinml^
Neugierig bin ich, oh er wiederkommt?
(Goethe^ Faust IL Tal, x. Akt)
*
La fin est k ddectatkml (Poussin)
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Unter allen Rätseln, die den menschlichen Geist um ihre Lösung an-
gehen, nimmt das ewige und erregende Problem derKuTist eine be-
sondere Stellung ein. Ist es doch nicht nur ein Sachprobiem, son-
dern zugleich die Fran;e nach der Möglichkeit des Sachprohlems überhaupt,
wenn anders die Stellung eines Problems über dio reine Gegebenheit schon
hinausweist. So stehen wir, sobald wir uns um das Wesen der Kunst be-
kümmern, vor der Sphinxir age des Schöpferischen. Vielleicht wäre man der
Lösung des Rätsels schon naher gewesen, wenn man nicht immer gefragt
hätte:„Was i&tKunst und wiewirktKunst?** sondern: „Wie wirdKunst, wei-
ches ist der Sixm ihres Werdens?'* Indem man die Kunst mit außerkünst-
' lerischen Dhi||;en wie Natur, SchKiiheity Abstraktion und Metaphysik ver^
quiekte und Torendlicfatey versperrte man sich jede Möglichkeit einer zu»
reidiendCTi Erkenntnis. Der andere Weg aber, aus dem Werdm der Kunst
ihren Sinn zu finden, zeigt uns sogläch die fundamentale Tatsache^ daß dem
Menschen ein schttpferisdber TVieb eingeboren ist, der — in einer erstaun-
lichen Br»te sich ergießend — aberall Mittel zu seiner Betätigung sudit.
Der abstrakte Weg über den Begrlü^ der konkrete Weg über die plastische
Form und der Weg über Architektur und Musik sind schlummernd in ihm
wie der Weg der Tat und des Lebens selbst.
Mit der Behauptung eines einheitlichen schöpferischen Triebes unter allen
ÄuiBerungen, nicht nur des Geistes, sondern des Lebens überhaupt, stehen
wir bereits auf einem der bisherigen Erkenntnistheorie entgegengesetzten
Standpunkt. Die Frage, mit der und durch die Kant die Ästhetik geschaf-
fen hat, lautete: „Was imterscheidpt die Richtung des Geistes, welche auf
die Erzeugung von Kimstgebilden geht, von den anderen Richtungen des
Geistes, welche Wissenschaft und Sittlichkeit hervorzubringen streben?"
Von hier aus kam sie zu einer Differenzierung des Bewußtseins m drei ge-
trermte^Vermögen, in verschiedene Gesetze und Stoffe dieser Vermögen.
Das Resultat dieser systematischen Isolierung war, JaC man der Kunst die
Möglichkeit jener Objektivierung nahm, die man der Wissenschaft glaubte
zugestehen zu mfissoi. Alles gi]^dte in dem Satze Kants.: „Es ist k^
objektives Prinzip des Geschmackes mfi^cfa." Sein Bemühen, die Kunst
dennoch aus der Willkfir des SubjektiTen und zugleich ak Problem der
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IMMMMIIU
Wissenschaft zu reiten, war eine ergebnislose Gigantenarbeit . Und seinVolk
der Dichter und Denker schwört noch heute auf die positiTe Umsetzuiig
seines Resultates: ,,Kun$t ist Geschmacksache."
An der Unhaltbarkeit des Resultates offenbart sich die Verkehrtheit d^
Ausgaiif^^punktes. Vor dem Gedanken des einheitlichenschöpferi'^chen Trie-
bes fallen alle Differenzierungen zusammen. Bei der Aulteiiung des Be-
wußtseins in drei dpriorisi he, konstitutive Grundkräfte: Denken, ^^Dlleri,
Fühlen — VVissenst halt, Tat, Kunst mußte man einerseits der Rplif;ion eine
abgeleitete Stellung zuweisen und konnte andererseits nicht verbergen, daß
die selbständigen Bewußtseinsarten ineinandergreifen und daß die eine, die
die Kunst konstituierte, recht jungen Datums war. So sind Erweitermigen
Didit ausgeschlossen und werden um so wahrscheinhcher, wenn man ein-
sieht, daß die gesuchte Difieranz weder im Stoff noch in dem Vermifgen
liegt, sondern im Ausdrucksgebiet und in den Materialien. Von daher be>
stimmt sich das Vermögen nicht mehr als ein isoliertes, sondern ab eine
spezifisch präpondeiiertö Kombination aller VermAgen. Und diese bedmgt
den Stoff. Als Ausgangspunli^t ist er überall die Totalitfit der Wdt, nmr das
Gebiet dw Realisierung ist yerschieden. In den Gesetzen aber differiert der
Standpunkt am augenscheinhchsten. Denn es wird nicht mehr nach den
Prinzipien der Erkenntnis und den Gesetzen gültigen Denkens gefragt, son-
dern, nach d^ funktionalen Prinzq>ira des Erkenntnistriebes selbst, nach
denen allein er ein Werk heryorbringen, seinen letzten ihm immanenten
Sinn erfüllen kann. Schon der Gedanke, daß ein logisch richtiges Urteil
oft belanglos ist, daß eine rechte Verbind im richtiger Urteile noch kein
wert volles Werk sichert, sollte zeigen, daß untei diesen Ki kenntnisprinzipien
und logischen Gesetzen eine I ätigkeit unseres Bewußtseins stattfindet, die
umfassender ist und jene in sich birgt- Diese Tätigkeit ist die schöpteri'^rhe,
die, nach ihren eigenen Gesetzen sich vollendend, jene geradezu bestimmt.
Freilich laidct sich auch Inder bisherigen ü,i kenntnistheoric die Einsicht,
daß in der Kunst eine Kraft wirke, die die Welten der Natur und Sittlich-
keit eine; Aber es fehlt der klare Leitgedanke, daß es derselbe schdpfoiscfae
Trieb ist, der alle Erscheinung!^ des Gastes und des Lebens gebiert. Diese
« Einheit aber ist zugleich der Grund der Zusammengehörigkeit wie der tQI-
ligenDiffereDzierthettdereBu»lnenEndieinung^ormen. Denngeradeipreil
- sich die einsefaie Kunst aus dem Urstrom überhaupt loslllsen konnte^ ist sie
in sich rein, d. h. unersetzbar durch ixgesubine andere. Dieses In-sich-fae-
stimmt-sein dner jedenKunst, dasunsereKlassiker gefordert haben, kanndie
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1 <i Versuch einer Grundlegung de* Schöpferischen
H«»W«»W«»IIIIIW HHH mMm»IIIHH»IHMmM»l«M»W«»»HMMMMWIM»M« ■••MU>»nunmil»lll<»MmMHIU>MIMlMtl«UUtMiaill<«l
Grenzen nicht überschreiten^ die aus der Einheit der Funktion des schöpfe-
rischen Triebes kommen. Indem wir diesen selbst zum Gegenstand unserer
Erkenntnis machen fmn zu zexp^en, daß er einer Objektivierung fähig ist, die
jedeWilikür au'-si lilirijt l, werdt ti wir ihn in seiner Allgemeinheit darstellen
und mit Bezug auf die Maierei spezialisieren, uhno ipdosmal die korrespon-
dierende Form in den anderen Künsten imd VVissenschalten auizuzeigen.
Diese Zusammengehörigkeit hat — um nur einen zu nennen — Leonardo
betont, wenn er die Überschrift setzt. „Uer Maler gibt eine Abstufung der
dem Auge gegenüber befindlichen Dinge, ebenso wie der Musiker eine
Stufenleiter der Töne verleiht, die dem Ohr gej^enüberstehen" und dann
schreibt: „Obglmcli die dem Auge gegenübertt^enden Dinge, wie ne aU»
mShlich nacheinander folgen, in ununterbrochenem Zusammenhang eins
das andere berOhren, so werde ich nichtsdestoweniger meine Regel (der
Abstände) von ao zu ao Ellen machen, ebenso wie der Musiker zwisdien
den Tttnen, obwohl diese eigentlich alle in eins aneinanderhSngen, einige
w enige Abstufungen Ton Ton zu Ton angebradit hat, dieselben Prime^
Sekunde, Terz, Quart und Quint benennend und so von Stufe zu Stufe BSat
dieMannig£Edtigkeit des Aufsteigensund Niedersinkens der Stimme Namen
einsetzte. Und würdest du sagen, die Musik ^i aus Verhältnismäßige
keit zusammengefügt, so bin ich mit ganz ebensolcher Verhältnismäfiig- i
kcit der Malerei nachgegangen, wie du sehen wirst." '
Dieser einheitliche und schöpfen sehe Trieb ist in sich ursprünglich und
rein. Wenn er sich der Objekte bedient, um sich zu realisieren, so ist er
darum nicht Nachahmung, überiiaupt keine Reaktion j er liegt also völlig
vor jeder Abstraktion und Einfühlung. Daß er Ausdruck eines Subjektes
ist und sich an Subjekte wendet, bestimmt ihn nicht aks P^unktionslust und
Mitteilungsbedürfnis. Sein Maienai erniedrigt ihn nicht zum Handwerk,
und wenn er praktischen Zwecken sich einfügt, so geht er nicht in ihnen
ani Ihn so definieren, heißl^ ihn an seinen Mitteln verendlichen, während
er sie doch nur als seine Inhalte überwindet Und man kann sagen, daß
er um so stärker ist, je größer die Hindernisse waren, die er sich von die*
ser Seite stdlte. In seiner Tätigkdt Udbt er reine, und ursprüngliche
Funktion und als solche unendlich und zielsetzend.
SttneÜnendlichkeit zeigt sich zunfichstinseiiigrUrBpirungskmgkeit. Mag
(tie Berufung plötzlich oder allmählich zum Bewußtsein kommen, sie bleibt •
unerklärbar. Und da sie sich nicht erzwinge ja die B^abung nicht ein*
mal durch rehie Erkenntnis fördern läßt, so müssen wir annehmen, daß der
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Verwidi wagr Gnmdleying de« Sch^
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Künstler mit der Fähigkeit zum Schaffen wie der Mensch mit der zum
G«hen gehoreo ist Wie Goethe beliauptet, daß der Dichter sein Wdthild
schon mit ins Leben bringe. Dieselbe Unpnmgslosigkeit.finden wir dann
auch in der einzehien Konzeption. Matisse sagte mir einmal, daß er Wo-
chen und Monate durch diesdben Dinge gehe, bis sie ihn pUltzIicfa zum
Schaffendlingen. Und dann mit einer unabweislichen Energie. Kfinstler
berichten, daß der Rhythmus eher da war als dar Text, ein Liniengewiir
▼or der Figur. Dem entspricht die Energie des Berufenseins. Der Künst-
ler fühlt es, ehe er weiß, zu welcher Kunst er h wenden wird (und die
Möglichkeit dieses Zweifels beweist die Einheit der Funktion hinter den
Spaltungen in Künste).
Der Tätigkeitsdrang selbst ist ununterbrochen. Was von Mart^es und
C^zanne berichtet wird, daß sie nie und nirgends ihr Auge und Gehirn
ruhen ließen, darf ganz allgemein gelten, in dieser ewigen Tätigkeit nun
scheint der gleiche Gehalt immer wiederzukehren. Wenigstens hat Poussin
versucht, die seelischen Tatsachen, die ihn beschäftigten, nach den damals
bekannten Modi der griechischen Musik aufzuteilen. Sein Biograph F^li-
bien schreibt darüber: „Que le mode des anciens ^tant uiie composition de
plusieurs choses, il arrive que de la vanet^ et diff^rence qui se rencontrent
dans Tassemblage de ces dioses, il en nait autant de difförents modes et
que chacnn ainsi co m p o s d de diverses parties mises msonUe vwec propor-
tion» ü en procMe une secr^e pnissance d'exdter TAme k diffdrentes pas-
sionSi Que de lea andens attribubrent k chacun de oes modes üne
propri^d. particnli^ selon qu'Us reconnurent la natiire des efifets quMis
dtaient capahles de causer: conune au mode quHs nommikent Dorien des
sentiments graves et sdrieux; au Phiygien des passions y^hdmenfiBS; au Ly-
dien ce qu'U y a de doux, de plaisant et d'agr^Ue^ k Ilonique ce qui con-
vient auz Bacchanales, aux f^es, aux danses. Que comme^ k rimitatioades
Peintres, des Po^es, des Musiciens de FAntiquit^ il se conduit sur cette
id^e: c'est aussi ce qu'on doit ohserver dans ses ouvrages, oü selon les dif-
f^rents sujets, qu'il tratte, il tdche non seulement de repr^senter sur ses
vipages de ses figures de? pnpsions diif^rentes et conformes k leur action,
mais encore d'exciter et laire naiti e ces m#m^ passions dans l'^imedeceux
qui voient ?es tableaux." Bei der Klarheit dieser Autteilung sieht man
leicht, daß es immer dieselben Gehaltsarten waren, die in den verschiedenen
Perioden seines Schaffens in gleichen oder völlig anderen Erscheinungsfor-
men und Stoffen wiederkehren. Allein die Tatsache dieser Wiederkehr gibt
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Vernich einer Grundlegiuig det Schöpferitchen
dem ficfaöpferiichen Trieb eine umere Unendlichkeit seines Tvau, wenn
wir auch das Perioden-Gesetz dieser Wiederkehr nicht kennen.
Noch' mehr als An&ng mid Verlauf ist der Abschluß im UnendUdien}
Kunst und Abschluß bedeutet eiueo Widerepruch in «ich seUssL Die Fra^ ;
Warnt und aus welchen Kennzeichen wissen Sie^ daß Ihr Bild fiertig ist?
wird von dem wirklich gestaltenden Maler mit einem inmisrhen Lachen
beantwortet. Es ist ein immer wieder Von-neuem-anfangen. Wäre Kunst
Natumachahmung, Ichmitteilungoder irgendeine Art Stilisierung, bewußte
Umbildung, so müßte sie ein Ende haben. So aber hinterläßt noch die
größte Totalisierung die Empfindung, daß man nur ein Bruchstürk heraus-
gebildet habe. Bekannt ist der Ausspruch ein^ japanischen .Mulei-s, daß
er neunzigjährig 7.u ahnen hep;irine, was man gestalten könne, und die Dar-
stellung diej>es Satzes in i lofi nmnsthals^Tod des Tizian Am einsichtigsten
aber wird die Unendlichkeit des schöpferischen Triebe aus seiner Ziel-
setzung. Die relative Verendlichung dieses in sich unendlichen Willens be-
steht in der Herstellung eines Organi^-mus, der alle Lebensbedingungen in
sich selbst trägt, seinen eigenen Raum, seine eigene Zeit, seine eigeneKaüsali-
tät hat. SeinWesen ist wiedaseinesjeden Organismus unendliche Beziehung.
Dieses 7mI^ das uns den Sinn der Kunst darstellt, liegt völlig jenseits jeder
realen Welt In einer gesollten und als gesollt erst zu erschaffenden Weltv
Nach dieser Erkenntnis kann es uns gleichgültig sein, ob in jeder wnlie*
g^den Malerei diese Forderungen verwirklicht'sind. Denn nicht {ede
Malerei ist Kunst und nicht (ede KunstabsoluteGestaltung. So wird ach ta»
einStufenbau der Betätigung des schöpferischen Triebes ergeben, der zu die-
ser absoluten Gestaltung hinführt. Andererseits aber muß der schöpferische
Tnebydenwir als einen ursprünglich en erkannthaben,so tief imiVIensc blichen
verwurzelt sein, daß wir seinen Widerschein in jeder individuellen Stellung-
nahme zur Welt erkennen können. Hier kommt uns die Erkenntnistheorie
mit der Lehre zu Hilfe, daß uns die Welt nicht an sich, sondern nur be-
dingt durch unsere Vermögen gcgobeu sei, po daß alles, was wir wahr-
nehmen und erkennen, bereits eine ErscliatTnng darstellt. Psychologische
Untersuchungen haben ganz konstante Reihen der Stellungnahme des Sub-
jekts zum Objekt ergeben, und Baerwald hat folgende Typen gebildet :
I. Den beschreibenden Typ, luid zwar a) den passiven, b) den vorsichtigen^
II. den selbsttätigen Typ. Charakteristik : Neigung, den Zusammenhang des
Ganzen zu beobachten, Vergleichungen vorzunehmen, über nicht gleich
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Venuch einer Grundlegung dea SdiSpferiachen 1 5
•M»ntM»inn«niiittM«tM>MMtM<nniiitw«»i«tH«<i(it>ri«tit«ti>i<f»iM>wi>»iMti><«N>tHM>nftti<iiMi>nfiriitnitiiiiiritiMa>nMiiaiiii<M<>aMntt<^
Yrrständlichp? Koiiiekturen aulzuBtelle n, Kritik zu üben, endlich die Be-
ziehung zur eigenen Person stark zu betonen; TTI. den harinonischea Typ
als Synthese des selbsttätigen und vorsichtigen Typus.
Diese Typik läßt sich zwanglos als ein Wertung enthaltender Suilenbdu
interpretieren, undals einen sokheu können wirdieResultateder expenrnen-
tellenPfeyciiülogienacheimgenVariationenauiderineinerganzdnderenEbene
UegendenÄulkrungdes schöpferischen Triebes wiederfinden. DieKluft zwi-
sdiea dSfimrundder «iiifiKhfliiStelhiiigii^hme^^^ fiidmnsjqpBUrauBfiUleii.'
Der sdilfpferische Trieb begmnt «eine Tätigkeit mit der konstatiereDden
Bildung einer XatMche. Es ist dies die unterste Stufe oder der Naturalis-
mus jdei! Gestaltung. Doch wollen wir keinen Zwdfel darüber entgehen
lassenydaO'wir nichtvon Naghahniungsprechen. Jedelmitationstlieorieleidet
an e^kenptniskritischen Unmöglichkeiten. Denn die Weh ist nie gegeben,
^ondenf durdli und für die speziellen Mittel der Kunst (oder Wissenschaft)
inuufir erst zu entdecken. Als Forderung ist die Nachahmungstheorie sinn-
los, weil sie nur die neg^tiye Bestimmung der Verdopplung gibt, dasschöp»
ferische Problem also nur vom Künstler zurückschiebt und damit unweiger-
HchinsMetaphysischeoder Theologische. Auch die erste StufederGestaltung
ist Erzeugung. Diese aber bestimmt sich als e'me aus einer Relation zwi-
schen Subjekt und Objekt entspringende EmpiindLin^. Als Subjekt lungleii,
die Persönlichkeit, das Ego-Individuum mit einem l borwiegen passiv sich
hingel)enderPerzeptionsorgane,alsObjekteinezufälljgeEi sei l einung. Dabei
macht es keinen wesenilichen Unterschied aus, ob in der Konstituierung
dieser Empfindung das Objekt in der physischen oder psychischen Welt liegt.
Man muß sich darüber klar sein, daß das psychische Erlebnis eine eben-
solche Realität bedeutet wie die Welt der Objekte und daß es als solche
ehensowenig wie die Welt des Süßeren Seins konstituietendes Prinzip des
Utostleriscfaen Schaffens sein kann, sondern daß seine reine Wiedergabe
ebeDsosdurGestaltungs-NtturaiismusistwiediederHußerenWelt. Für jeden
Kilnstlersol]tedieseSdieidungTtdhgbelangk)ssdnydenn:,,NiGhtsin
nichts ist draußen, was nicht innen, ist nidit außen.'* Wichtiger ist, daß
auch auf dieser Stufe der Gestaltung die Empfindung nicht in sich sdbst
beschränkt und beschlossen bleiht,'sondemeineVerknüpfiing^t einer Art
Totalitätfindet, die wir wegen ihrer materiaUenBeschafiiräheitdie kosmische
nennen können, und als solche ist sie entweder Stimmungshaft oder atmo-
sphärisch. Es ist nun das Hauptcharakteristikum dieser Gestaltungsstufe,
daß der schöpferische Trieb .bei dieser durch jErkennen erzeugten Tatsache
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Venuoh einer GnmcQegiuig det Sdiöpferisohen
beharrt, sich nicht von ihr befreien kann. Er bleibt aus Mangel an Ge-
halt im Materialen des Stoffes, seine Tätigkeit ist eine Versc:hari ung der
Wahrnehmung und Vcrleinerung der Analyse des zu beschreibenden
Objektes. Mag mit der Bereicherung auch eine Vereinfachung Hand lu
Hand gehen, die Beziehung von Einheit und Mannigfaltigkeit kommt
über einen Objektzusammenhang nkht hinaus.
Es wird eine Untencheidting ntttig wem zwischen dieser Kunst^ die aus
mmem Minimum auGehak nicht zur Gestaltung kommt, und einer anderen,
die aus einem Maximum an Gehalt die Gestalttmg nicht mehr erreichen
kann. FCkr diese hat Hegel in seiner Definition der romantischen Kunst
eine zureichende Erklärung gegeben: die romantische Kunst bedeute ein
Hinausgehen der Kunst über sich selbst in Form der Kunst selbst, eine
Auflteung der ästhetischen Form zugunsten eines absoluten Inhalts, dessen
Darstdhmg die Grenzen der ästhetischen Ausdrucksmittel Oberschreiten.
Aus zweiganzverschiedenen Gründen und bei völliger Differenz des Gehaltes
ist beiden gemeinsam, daß sie im Materialen des Stoffes bleiben.
Drohte auf dieser ersten deskriptiven Stufe der Gestaltung; die Aktion des
schöpferischen Triebes zu einer Fieaktion zu werden, so ist auf der zweiten
Stufe der Gestaltung im Cj egenteil aller Nachdruck auf das Subjekt gelegt,
und an dieStelle der glatten Nachahmune; tritt dasdespenst des Formalis-
mus. Die Erzeugung LcrLiht auf der Teilnahme der verknüpteiiden, kiären-
den,kombinierenden Fähigkeiten, auf demZusammenhängcsiu henden Sub-
jekt. Das gesuchte Objekt aber soll hinauBgehoben sein über den Wirr-
warr der Einzelerscheinungen^ über das zufällige Verlorensein des Dinges in
Zeit und Raum. Man sucht das Stabile, das' Wesen, das Allgemeine. Ob
man nun das statisch Allgem^ne sucht — das Wesen das Seins — oder das
dynamisch A llgemeine — das Wesen des Ablaulas — inmier taucht dieFrage
auf: Woher btttimmt sich denn dieses Wesen? Der schöpferische Proxe^
der sich in einer Umbildung der Gegebenheit auf ein gedachtes, gescheutes
Wesentliches betfitigt, mag durch Eliminierung und Fortlassen oder durch
Konzentrierung undSammlung zu sdnemZiel gelangen wolkn, immermuß
ein Prinzip^ nach dem bewußt Terilndert wird, stillschweigend angenommen
sein. Sofern dieses nun nicht in der absoluten Gestaltung liegt, muß es von
außen her herangeholt werden, und die Wahl und Scheidung zwischen We-
sentlichem imd Unwesentlichem der Willkür des Subjekts, einem metaphy-
sischen Bedürfnis oder einem naturteleologischen Zweck anheimgegeben
werden. Damit aber hat sich der schöpferische Trieb seiner £igenrechte
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Vanuch einer Grundlegung de« Schöpferischen
entäußert Erinnem wir uns datan, daß auch DOier, der wohl am hart-
nadagsten die eine Schttnheit de» Menschen gesucht hat, schließlich zu
dem Ergehms kam, daß räe solche nicht zu finden wäre. Es war bedingt
durch den verkehrten Au^angspunkt, der die absolute Gestaltung in den
absoluten Begriff des Dinges verlegte, die Form in die Norm. Diese letztere
tolt mit dem abstrakten Begriff das Schicksal, daß sie die Unendlichkeit^
die sie zu fixieren, zu verendlichen glaubt, in ihrer unendUchen Lebendig-
keit tötet, so daß jeder /Aisammcnhang, den «;ie norh geben kann, kBin
organischer, sondern nur em konstruktiver sein kann.
Ein bedeutsamer Vorzug dieser Gestaltungsstufe ist die Tendenz zum
Wissen um die Dmge, wenn das Wis'^en hier auch noch auf den Abweg
führt, im Theoretischen als Selbstzweck verendlicht zu werden, wälirend
es doch nur dienende Stellung haben kann. Je mehr sich aber der schöp-
ferische Trieb von der hai^ten Nähe der ükjcktc entierut, um so mehr
rerfUllt er allen nur vom Subjekt getragenen Ausdrucksformen und da-
mit oft dem Fluch, keinen Weg mehr zur Realisierung zu finden. Aber
auch da^ wo snbjektiinstsche Willkür durch die Objekte beschiänkt wird,
gibt es auf dieser Stufe der Gestaltung nur den einen Zusammenhang
durch die Subjektakte, und je freier man mit dem Stoff waltet^ um so
mehr bleibt man an der Fünktionslust des Subjekts haften.
Wir kttnnten leicht unsere Ausführungen über diese beiden Gestaltungs-
stufen nach ihrem Inhalt und ihrem Resultat verroUständigen, da wir gku-
ben^ daß hier eine durchgehende typische Korrelation vonGehah und Ge-
staltung^grad vorliegt. Aber wir müssen uns damit begnügen, dieselbe fiEkr
die dritte Stufe, für die absolute Gestaltung auszuführen. Nach der Inter-
pretation der Psychologie sollte diese dritte Stufe eine Harmonie der beiden
ersten darstellen. Wie aber soll diese zustande kommen können, da auf jeder
Stufe zum Subjekt ein notwendig mit ihm verbundenes Objekt o;ehörte?
Der Umkreis des Sems ist mit der Setzung eines transzendenten Seins völiig
erschöpft, zu emer größeren Steigerung ist weder das reale Subjekt noch
das Objekt fähig. Alles Sein aber ist kausal an sich gebunden: die Welt
der Objekte an den Zusammenhang des gesamten physischen Daseins, das
psychische Erlebnis an den Erlebenden; das Wesen, das Cjesetzan Gott oder
den Einzelfall, da es ja eine Umformung darstellt. Die Welt der Kunst aber
ist unserer Voraussetzung nach dadurch charakterisiert, daß alle Bedingun-
gen und alle Möglichkeiten ihrer Existenz in ihr selbst hegen, die Verbin'
dung zur Realität unterbrochen ist Solange eine Äußerung an jenen Zu-
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Vernich einer Gruadl^gunc des Schöpfentohen
sammenliaug gebunden bleibt, ihn zum Zweck hat, ist sie in ihrer Reinheit
bedroht und prinzipiell durch eine ander^eartete ersetzbar. Daher das
ewige Schwanken zwisclien dem Natuialinnus und der Photographie und
dem Eilehnis^ zwischen dem Ideelismus und der Mystik und Philoeophie,
swiflchen dem Artktentum und demDandy. DiefieEnetEbarkeit aber wider-
qnriicht derFoiderung derUrsprüngliehkeit undReinhelt des schöpferischen
Triebes. So wird die ganze Welt des Seam, die Realität des Obfekts^ des
&]b)dct$ und des Materiak zu eonem Stoff, 'von dem sich der schfljpferisdi e
Trieb mittels Durchdringung zu befreien hat. Er muß aus des Welt des
Seins fortgerückt werden in die de« Sollen^ der Gültigkeit. Erst wenn der
Nachdruck ganz ins Subjekt gelegt wird, wenn der schöpferische Trieb sich
nicht mehr als Wiedergabe und Ordnung der Realität, sondern als gesetz-
mäßiges Setzen seiner ihm immanenten Funktionen erkennt; wenn die
Realität initZeit, Ranm nndKausalitätnichtmchralsEmpfindungerlehtimd
als Kategorie gelordert wird, sondern als eine neue, in sich besrhlossene Weit
aus den Grünrien der Gesetze des Werdens der Objekte gestaltet w'wS; wenn
das Erlebnis nicht mehr eine Vereinzelung oder ein Allgenieines ist, solidem
eine Totalität, von der Basis des Psychologischen fortgerückt wird in eine
ganz andere Ebene, in der es seinen letzten Sinn und seine logischen Aus-
drucksfoirnen iindet, däiin ei st hat der schöpferische Trieb seine letzte und
höchste Gestaltungsstufe: die absolute Gestaltung erreicht, die aber nach der
Yeranlagiung des Menschen immer nur ein unsoidliches Ziel Uelben kann.
Mit diesem Stufenbau des reinen Schaffenstriebes glaube ich keineswegs
aDe Eisdiemungen des schttpferischen Triebes überhaupt er&Bt zu haben*
Es kommt die große Zahl der unreinen Äußerungen hinzu. Sie alle sind
charakterisieit durch eine Ühennißige Betonung einer der im Spiel stehen*
den Krilfte und haben als Resultat eine Tdllige Ablenkung Ton der Fcvm-
bildung überhaupt. Hierher gehört zunächst der Symbolismus und jede
andere Art literarischer Vergeistigimg, die glaubt, daß ein Werk der bil-
denden Kunst anders als durch seine eigene und reine Formbildung Inhalte
an G edanken und Gefühlen übermitteln kann. Aber nicht nur die Reinheit
der Mittel wird umgangen, sondern die "Vergeistigung, die doch nur eine
schnell f^reifbare Endlichkeit bedeuten kann, zcif^ eben dnrnm, daß eine
Gestaltung überhaupt nicht vorlie^^t^ von Kunst nicht gesprochen werden
kann. Hierher gehört ferner der Fot inalismus, der. Hie Identität von Form
und Gehalt leugnend, von einer Apn(niiät der Form ausgeht und so rettungs-
los in eine leere Willkür veriällL Die bestehende Form, die einen Inhalt
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Vomicb «incr GniiidlH;niig des Sdritpfirisdien J^y
einzwängen soll, ist ein lebloses Schema, das allein schon wegen seiner
Existenz vor und ohne diesen Inhalt nichts mit der Form der Kunst zu tun
hat, die Gestaltungsergebnis ist. „Ein methodisches Prinzip, dessen Charakter
nicht d urch die Eigenart dps Objektes bestimmt wird, ist eben unfruchtbar,
weil es willkOrlich ist." Hierher gehören femer alle Arten akademischer
Kunst: dbSciifllerkopisten,dleKla88iziiteii,di»Syiikretktien^ dasnurPekora-
thre undMonumentale; dieStUisierungy dieKarikatur imddielmproTiBatioiL '
Der rein schftplerischeTrieb ergab uns drriÄußerungsformen, von denen
jede mit dem Anspruch auftrat^ Kunst su sein. Die erste war das Ergebnis
einer Relation zwischen Subjekt und Objekt, in der beide sich aneinander
bildeten, und die Beschreibung dieser entstdimden Empfindung war Kunst
Auf der zweiten Stufe suchte ein Subjekt ein Wesentliches, für das es kerne
reale Bestimmung hatte und das selbst, wenn es sein Wahl- und Wertungs-
recht legitimieren wollte, über sich hinaus ins Tganszendente greifen mußte.
Zwuchen diesen beiden Stufen vmd der dritten war für uns eine Kluft, die
allgemein durch den Unterschied von Talent und Genie, spezieller durch
den von Redner und Bildner zu umschreiben ist. Dort ist alles Ich-Rhyth-
mus und trotz der Priorität dt s Objektes Passivität des Gehaltes. Hier da-
gegen Sachauf lösung und Aktivität. Wollten wir uns die Differotiz gniphisch
verdeutlichen, so könnten wir die beiden erstenStufen nur zweidimensional
als Scheibe, die dritte aber nur dreidimensional als Kugel darstellen. Wir
sahen, daß hier — nicht mehr ein zuialiiges Subjekt, sondern — die Funk-
tionen des Bewußtseins ausstrahlen und daß ihnen Strahlungen — nicht
mehr eines unbestimmten und seienden Objektes, sondern — der Gesetze des
Werdoo» dmrObjekte entgegenkommen. AnihremSchnittpunktmtstehtdie'
Kugel einer neuen Welt, die in sich einen völligen Zusammenhang hat
Das^ was ich den schöpferischen Trieb nenne, ist also deutlich nurBewe«
gung, nur Funktion. Unsere Aufgabe ist uns damit klar vorgeschrieben:
Wir werden uns zunächst über die Funktional des Bewußtsräs, dann über
die Gesetze des Werdens der Objekte Aufklärung verschaffen, um schließ"
lieh die Hauptfrage zu stelle, welchen Gesetzen die Gegenein anderbewe-
gungbeidergehorchtyumjmeneueWeltenkugelderKunsthervorzubnng^
Das Bewußtsein oder das stellungnehmende Subjekt beruht auf einer un-
unterbrochenen und unendlichen Aktivität, auf einer kontiriuierlichen
Bewegun^T und damit auf einer Priot itiit des Willens. Dieser hat in seinem
Verlauf die Tendenz zum Antithetischen. „Wir können auf keine andere
Picasso •
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i8
y«nndi dner Grundlegung des Schöpferiidieii
W e>enheitdesSubjekleshinwei^en als eben aufdiese innere Beziehungseiner
Akte zu ihren Gegensätzen. Alles Wollen ist ein Zurückweisen des Nicht-
wijUens, das Bejahen wäre sinnlos, wenn es kein Verneinen gäbe, und das
Verneinen will das Bejahen ausschließen, kurz, der Willensfaklor im Erleb-
nis ist jener Anteil, der den Gegensatz notwendig verlangt und gerade in
seinerEntschddung zwischen G^nsätzenliegtderSinnderSub]^^
tiing.^ In dieser Entscheidung zeigt sich £e dritte Eigenschaft des Be-
wußtseins, sem WUle, sich zu realisieran. Es Iconunt mit der Setzung der
RealitKt nichts prindpiellNeues oder garVerschiedenes hinzu^ weil die reine
BewußtseinsbewegungalsFunldionTölligimLeerenUeibenwfidle^jawe^
entstehen noch bestehen könnte, ohne daß sie ein Objekt setzte. Die Rea-
lität des Künstler^ auf die dieBewußtseinsfundamente seinesschöpferischen
Triebes hinweisen, läßt sich etwas nfiher bestimmen. Bei der Mehrzahl der
Menschen ist das, was sie (von außen oder von innen her) wahrnehmen,
ein Etwas, das aus Erinnerungen, Gefühlen und Zwecken so zusammenge-
setzt ist, daß es immer „dem Gegenstand einer nicht vorhandenen Empfin-
dung gleicht". Unrein und gefälscht, ist es auch unselbständig, ein unori-
ginelles Gemisch suggerierter Gefühle, Meinungen, Konventionen. Der
Künstler dagegen Ix rnärhtigt sich der (inneren und Mußeren) Realität in
ihren ui-sprünglii b empinKibaren Gröüeii und F'orinen, in rle.i ursprüng-
lichen Unmittelbarkeit des zeitlichen Verlaufes. Der Umstand, d iß ihm die
Realität als solche lebendig ist, bedeutet eine weit größere Zahl von Reizen,
aui die er eigen und neu reagiert, damit einen größeren und persönlicheren
Besitz an Erfahnmg undWelt. „Toute ma valeur, c'est que je suis un homme
pour qui le monde visible existe" (Th. Gautier). Aber auch das, was der
Kflnstler sieht, differiert von den optischen Inhalten des Laien. Nicht
mehr an das einzelne tmd isolierte Ding und den Teil gehdEket, sieht er
überall Zusammenhänge, Verhältnisse, Ptoportionen. Und diese Gesamt-
heit bedeutet ihm einen in sich lehmdigen Raum, in dem Formen sich
in allen Dimensionen bewegien und auf ihre Werte als Raumtriger und
Raumbeieber, Raumerzeuger geht vor allem das Sehen des Malers.
Wir sprachen von dem Moment ab, wo wir den Realisierungswillen des
stellungnehmenden Subjektes bdbandelten, so, als handle es sich um die
Wahrnehmung einer uns gegenüber existierenden Welt. Darin spricht sich
die Kluft aus, die zwischen dem stellungnehmenden Subjekt besteht, in dem
Subjekt und Objekt noch ^ns sind, imd dem betrachtenden Subjekt, in dem
ein Dualismus zwischen beiden hergestellt ist Auf der Basis dieses neuen
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Versuch einer Grundlegung de«
^ nicht mehr strebenden, wollenden^ sondern beobachtenden, nicht mehr
Bteliongnehmendeii, sondern psychologischen * Subjektes wird aus der un*
endlichen Aktivität des Willens die Forderung derTotalltSt der SeelenkrSfte.
Da diese Totalität nicht die Addition einander äußerer Elemente ist, sondern
dankdesgemeittsamenUrsprungsimstellungnehmendenSubjekteineinner-
lieh züsammengehöreade £iaheit von Kräften, so ist mit der Forderung der
Totalität zugleich die Forderung der Harmonie dieser Kräfte ausgttprochea.
Um diese Forderimg zu erfüllen, muß sich das psychologisch betrach-
tende Subjekt über seine individuellen Inlialte hi!Mu> erweitern, ein soziales
und religiöses Ich mit seinem individuellen U h ia Rmklang setzen. Man hat
das so/ialelch als Einschränkung gemein [, indem m;m es produktiv machte.
Wir sind heute von den euist so glorreichen Tainesciien riicorien gelang-
weilt, die sich in einer auffallenden Geistesabwesenheit darin gefielen, nur
beeinflussende Momente des Milieus zu verabsolutieren. Selbst eineZeit wie
das Mittelalter, die wie keine andere ihre Küu^ilei uiii Vorschriften, Kon-
Tentionen, bizarren Stoffen und Anordnungsplänen belastete, war sich über
die gegenseitigen Machtgrenzen klar. „Nur ^ Kunst gehtfrtdenKCUistlem,
die Anordnung gehört den Kirchenvätern!^ lautete der dasMitteUlter hin« *
durch gültige Spruch des Konzils von Nicaea. Für die rechten Künstler
haben aUe Hindernisse^ Fesseln und Einengungen, die aus dem Uterarischen
Inhalt der Legenden^ aus der Torgeschrlebenen Persouenzahl, aus d«r un-
umstößlich festen Art ihrer Embleme uOd sogar ihrer Kleidung, aus einer
sehr großen Zahl unumgänglicher Gegebenheiten kamen, einen Stachel des^
schöpferischen Triebes bedeutet, der mit der Zahl der Schwierigkeiten pro-
portional zu wachsen schien. Und die anderen haben damals (wie auch
in den glorreichen Zeiten des Perikles) gerfhgwertige Kunst gemacht.
Das Soziale hat aber auch eine das Ich erweiternde Bedeutung, indem es
dem schöpferischen Trieb einen breiteren, o^e wichtigeren, allgemeineren
Stoff gibt. Das Individuum i'=t eine nur einmalige und in sich beschlossene
Existenz, und nach seinem \Ve^en formen sich die Gesetze seines Ablaufes.
Aber sobald das p^yrh'^cho Subjekt die Totalität seiner ICratte erstrebt, wird
e» über das Individuum iiiiidusgewiesen auf den anderen, aufdie Masse der
anderen, deren Gesetze Bedürfnisse und Geschichte ganz anderer Art sind
als die des Individuums oder die einer möglichst großen Zahl von Indivi-
duen. Der Künstler aber ist eine besonders starke Individualität durch die
ToCalitit und Harmonie seiner eigenen psychischen Kräfte, die er er-
streben muß^ und damit ein geborener Feii^ des Sodalen, das NiTdlierung
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.00 ▼«nrnsh «ilwr OrwidUegunf d«i SebSpferiMdi«»
mMHnwnnnmnt«MtnM«<>>ii>iinimm«iinfamnmt*m>mtimiiiittf««tit<«iM«NnMMiMfn«n«tm«wrniMUMiain«f>MU>nnt«iMNMl
oder VoFäul3erlichung bedeutet. Aber er kann die Totalität nicht voll*
enden, ohne daß er das Soziale auf sich nimmt, es mit sich in Einklang
bringt.^ So ist es die Grundkraft seines Seins, die ihn zugleich in sich
hinein und aus sich heraus treibt. Diesen durchaus tragischen Konflikt
des schöpferischen Mensrhen hat iinn die Weltgeschichte in ergreifenden
Beispielen dargestellt, um nur an den heiligen Franz und seinen Orden
711 erinnern. Die Spannung darf nicht aufjs^ehoben werden weder durch
völlige Individualisierung, noch durch vöüige Sozialisierung. Das Resul-
tat würde in beiden Fällen eine armselige Banalität sein. Die Lösung
liegt in dem Ausgleich 'der individuellen und sozialen Gegebenheiten, in
dem Erlebnis der Menschheit, in dem Jubel: diesen Kuü der ganzen Welt!
Die Tendenz zur Totalität seiner Kräfte treibt den Künstler auch über
sich hinaus zu Gott, vom endlichen Indi^mun zum Unendlichen. Und
ivriedor ist der Kflnstler ein Individuum^ das die Endlichkeit besonders emp-
finden muß. Er, der die Welt als eine Eukflnitige Ordnung ansteht, Ter*
. liert im Schaffen dieser Ordnung zuviel von der Materialität der Dinge und
yon den Dingen selbst. „Toutes lel belies choses^ne sont-elles pas fidtes de
' renoncement?'' (Degas) Und smne Liebe, dio tiefer ist als sein HaB, s«n
Bedürfnis nach Notwendigk^t, das nodi großer ist als seine liebe^ flieht
daher zu Gott als dem gebärenden Urschoß, aus dem alle Dinge kommen,
in dem sie alle einig ruhten. Und dann : kommt nicht sein eigenes Werk in
seiner ganzen Rätselhaitigkeit irgendwie aus Gott? Und seine Existenz,
wie wäre sie auch nur möglich ohne jenen unerschütterlichen Fatalismus?
Und doch differieren die Lösungen, durch die der religiöse und der künst-
lerische Mensch jene Spannung; anfheht. Der religiöse setztGott alsUrsache,
alsVater^ als solcher ist er ihm trane/endentes Sein, aber immerhin Sein
und damit einmal erreichbar. Der K üiistler aber faßt die Welt als eine zu-
künftige Ordnung, Gott als das Elrgebnib, den Sohn. Diese Ordnung hegt
durchaus auf der diesseitigen Ebene, setzt sich, wenn auch nicht aus realen,
so doch nicht aus überirdischen Kräften zusammen und hat ein in der dies-
seitigen Welt liegendes Werk zum Ziel. Freilich ist dieses Ziel durchaus
Notbehelf für die ini Prinzip nicht aufzuhebende Unendlichkeit des schöpfe-
rischen Triebes. Die Kluft zwischen diesen beiden Ldsungen ist unüber-
brückbar. Man kann sagen: HStte Gott die Welt geschaffen, so wäre der
Künstler nicht nötig, um sie zu ordnen. Könnte der Künstler sie jemals in
ihrer vollen Unendlichkeit ordnen, so bedürfte es nicht eines Gmtes als
Sch<fpfers.iWoy wie bei Michelangelo, ^neVerlnndung dennoch gesudit
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^ Yewttcb ^eiBy GriJ^^ ^ ^ftlf
wird, geschieht es üid Grund einer Skepsis an der absoluten Gestaltung deS
schöplerischen Triebes und endet notwendig im Religiösen. Indem sicii der
Künstler an denreligiösen GottalsdenSchdpferderWelt hingibt, entäußert er
sichsexnefiRechiBSyWieGottzüsein. AkreligifieerMenschwirderunfruchtiMur.
. Die Tldlige Antiiioiiiie Ueibt bestehen: das- eocUiche Ich, das Aber sich
limättsscrebeiid das Unendliche suchty kann es als schöpferisdies Ich nicht
im I7nend£chen des leligiOs Absofaiten finden. Auch hier ist die Span>
taung nicht tifsbar durdi Aufhebung eines der beiden Kontrast^^ieder, ^
sondeni durch die Auihebang beider ib ein diittes, neues Gebilde: JXiä
erlösende Vollendung des Lebens im Leben selbst 2u finden, das Abso^
lute in die Form des Endlichen zu gestalten.^
Nachdem wir gesehen haben, wie diejenigen Subjektsinhalte; die überdas
Nur-IndividUellehinauigdieny die Tendenz haben, sich durch die wirkliche
Lösung fruchtbarer Spannungen neuen Gehalt und Gestaltung zu schaffen,
die völlig jenseits des nur real Gegebenen hegen , bleibt uns die reine Indivi-
dualitätsäußerung zu untersuchen, die Tchgegebenheiten im engeren Sinne.
Wir müssen hier die Darstellung der Inhalte wegen ihrer Fülle ablehnen,
einer Fülle, die allein durch die Forderung der Totalität und Harmonie
und durch die Bedingung, daß diese Inhalte nicht Selbst / weck bleiben, son-
dern Mittel des schöpferischen Triebes werden, zusammengehalten wird.
Den Weg, den diese Forderung umschreibt, können wir am deutlichsten an
denFunktionen derjenigen Organe erläutern, die das psychoIogischeSubjekt
mit der von ihm getrennten Objektwelt verbinden. Wir dürfen dabei nicht
vergessen, daß wir aus dem ur^irOnglichen Zusammenhang derselben im
steUnngnehmenden Subjekt heilKnnmeny und daß wir uns immer dort un-
genau ausdrucken, wo wir nicht von einer Eneugung der kOnstlerischen
Weift duidü das Zusammentreffsn der durch die Bewußtseinsfunktionen er-
wiigten Obf ekte mit dem aus deii Geseteen der Objektwerdung eneogien
Subjekte sprechen. Die Zerlegung in Perzeptlon und Aktion ist ein kfinst-
licher, aber «ir Darstellung' notwmdiger Akt Diese Priorität des Willens
sogleich an unserem Ausgangspunkte ächert uns gegen jede Perzeptions-
Üieorie im allgemeinen und den Sensualismus im besonderen. Die Kunst
kann jetzt nicht mehr das Ergebnis des Auges als eines einzelnen Sinnes
oder des Geschmackes als eines isolierten Vermögens sein, sondern nur das
Resultat der Erzeugung aller Organe unter Führung des Willens.
Unsere Bestimmung des Willens kann nicht psychologisch geschehen, son-
dern allein aus unserer erkenntnistheoretischenVoraussetzungherausalsBe'
9
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6d Versuch einer Grundlegung des £M^höpferischen
wegun g. Was wir hier als Bewußtsdn der Bew^;tmg einfOhroi möditen,
das ist ... die Richtung und Tendenz in das Vorwärts und Hinaus selbst.
Das ist nicht das Denkhewußtseän^ welches in der Vorstellung überhaupt
von Element zu Element fortgeht und in diesem Fortgehen die Verbindung
der Elemente zur Einheit der Vorstellung, zur Einheit des Denkens endliqh
im Begriff vollzieht. Das ist eine andere Art des Fortgänge^ welche Yom
A aus das B, zudem es Qbergeht, in diesem Übergange erst hervorbringt . . .
Diese Hervorbringung aber ist eine Schöpfung, weil sie eine solche sein
■will: weil das Bewußtsein diese Richtung auf ein Element nimmt, wel-
ches und insofern es noch nicht da ist, sondern schlechterdings nur, alsein
erst hervorziibririp^endes, Inhalt des Bewußtseins ist. Solches Bewußtsein ist
das BewuRtfoiii dei Tkwegung, nicht wie sie vorgestellt, noch auch als
hervorzubringende vorgestellt wird, sondern wie sie im Bewußtsein sich
vollzieht. Die Tatsache also ist das Novum: daß das Bewrußtsein diesen
Fortgang, dieses Übersichhinausdrängen, diese Projektion in ein Jenseits
des Bewußtseins vollführt." Daraus ergibt sich die Zuröckweisung der
Ansicht vom interesselosen Anschauen. Es handelt sich immer um ein
Interesfiiertsein von einem auBerpraktischen Zwecke her und zu ihm hin:
In der Ebene des P^cbologischen wird die Aktion der Bestimmungs-
grund für die Peneption der Welt, und sie ist der letzte Grund ihrer ^Ehi-
heit. Was sonst in Körper und Seele auselnanderfall^ wfird^ ist durch
die Priorität des Willens im Bewußtsein zusammeng^alten, so daß das
Gefipily als 'der psychische Ausdruck des Inneren, au& engste mit ihm
verbunden ist. Hier werden wir stärker gedrängt, eine psychologische De-
finition zu geben. Wir begütigen uns abormit einer Ablehnungjener sinn-
lichen Qualitätsbestimmung, die in Lust und Unlust besteht, und die an
sich nur die äußersten Pole einer langen Rette darstellt, in der Misch-
gefühle aller Art zu ergänzen wären. Wir verstehen unter Gefühl wie
unter Willen nur die Funktion und zw ar im Gegensatz zum WMllen gleich-
sam das Blut der Willensfunktion, ihre Wärme, ihr Leben, den Gestus,
mit dem sich die Liebe, die Menschlichkeit auf die Dinge projiziert, im
Sinne Christi oder im Gegensatz — im Sinne euie^ Propheten,
Wille und Gefühl als Erzeugungsprinzipien gehören noch dem Subjekt
an, ergreifen die Dinge gleichsam in ihrer Ganzheit und sichern sie uns als
solche in Einheit mit dem Subjekt. Erst der Intellekt faßt die Dinge in
ihren einzelnen Bestandteilen. Aber nicht so, als ob er sie zuerst säuber-
lichst analysierte, um sie hinterher „synthetisch" in einen Kasten zu tun.
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Ywwich «imr Ggandkgimg 4m Sc^pCsnscken
unter irgendeiner künstlich herangebrachten Einliei t des Begrilies, der An-
ßchauuijg usw. Die reine Analyse ergibt die Möglichkeit einer unendüchen
Aufteilung des Obiektes zugunsten seinerVerlebendignng, aber zugleich die
Unmöglichkeit einer andeui als mechanischen oder naturteleologischen,
also unkünstlerischen und unwi^enschaftlichen Verbindung. Die Synthese
aber bedeutet dieVerendUcIiiiiig des Objektes duidiTöttiiigsraier Leben-
digkeit zugunstoi seiner begrifinidien Fixierung. Der Ziuammenhaiig in
daher immer nur me Konstruktion. Der Intellekt als F^mktioii abw faBt
nicht nur diese beiden in sich, sondern g^ht zug^ch darüber hinaus auf
die GrOnde und Ursachen der Dinge zum Zwecke ihrer formalen Neubil-
dung. Die Annahme eines solchen Intellektes unter seinen Ewrheinnnga»
formen oder gar Inhalten (wieKlugheit, Bildung usw.) wird ▼ieDeicht weni«
ger wülkürlil^ erschein^ wenn wir bei der Lektüre dieser Worte: j^L'art
c'est la contemplation. Cest le plaisir de Tesprit qui p^n^tre la nature et
y divine Tesprit, dont eile est elle'-nieme anim^e. C/est la joiede TinteUigenoe
qui voit clair dans l'univers et qui ie recr^e enrUluminantde conscience.
L'art c'est la plus sublime mission de Thorame puisqtie c'est l'exerci^e dela
pens^e qui cherche a comprendre le rnonde et ä le faire romprendra**. . .
wenn wir beden1<en, daß sie von einem Künstler stammen, der in seiner
eigenen NaturerkeniiLnis sehr an der maieriollen Funktion der Analyse
hängen geblieben ist. Die Definition Rodins ergibt klar, daß der künst-
lerische Erkenntni&trieb für Ihn nicht in einem bestimmten Organ 1 cikalisiert
ist, sondern den ganzen Komplex umiaßt, der zwischen dem Unbewußten
und Bewußten, zwischen Instinkt und Intellekt liegt. Hierin drückt sich
die Tatsache aus, daß der Intellekt als schöpforisches Organ nicht ein Ge-
bilde, Sandern ein Vorgang, nicht ein Sein, sondern eine Funktion ist
Die Richtung dieser Funktion haben wir schon angedeutet als auf die Ur^
eadien der Objekte gehend, zum Zweck ihrer formalen NeuUldmig. Da-
mit 108t der Intellekt das S«n der Dinge auf und schafft ihnen eine neue
Einheit unter ihrem Sein in den Gründen und Gesetzen ihres Werdens
Und damit macht er uns das schlechthin Unbegreifliche einsichtig.
Konnte die AufTassung derKun st als einerTatdes Geist es noch die Ordnung
des schöpferischen Triebes vor der Zersplitterung in die endlose Mannig"
faltigkeit der Objekte und vor der künstlich^wiUküriichen Konstruktion der
Subjekte retten, so scheinen nun aber die Sinnesorgane als die psychologisch
ersten und unmittelbarsten Verbindungsträger zur Welt unansweiclilich an
die Verwoirenheit des Seins, ja des Scheins zu fesseln. Was kami zugleich
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Tenudi «iiMr Gnmdlegimg de» SohttpferwAea
uiidurchsichliger und trOgerischer sein als die Daten, die uns das Auge
liefert, das Organ, durch das die Erzeugung der Welt der Malerei am nach-
drücldichsten bestimmt ist? Wo wir die Augen öi]iieii,eiiipiaiigeii w ir ein un-
vollständiges, zufälliges, belangloses BiUl) einen Schemen der Realität. Und
worin anders sollte dann noch der Sinn der Kunst bestdien ab in der Seh-
schSrfe des Aug^s? Aber aUe Fragen, wie wir die Dinge wahmdunen (ob
flfidiig oder xfiuQiIich, ob in uns odier außer uns, ob Mag oder linear),
treten zurOck vor der Einsicht^ daß es sich in der Runst^ selbst noch im
Naturalismus^ nicht um diePerzepdon der Dinge handelt, sondern umderen
Schaffung. Diese hfingt wm den Forderungen SiresZides ab. Sie lauten, daß
da» ganze Summe der menschlichen Organe die Objekte erzeugen und zwar
miter Führung eines einer jeden Absonderung des schöpferischen Triebes
spezifischen Organes, das für die Malerei das Auge ist. Aber das Auge um-
faßt bereits auf Grund seiner Bewegung die Funktionen zweier Sinne, die
des Blickens und die des Tastens, die dei' Raum- und die der Zeitwahr-
nehmung. Vielleicht ist die Bewegung; auch der Grimd für die Tnhärenz
allerSinnesorgane.OhnegegendieTheoriederspezifischenEnergie derselben
polemisieren zu wollen, muß ich festhalten, daß man in Holbeins Passions-
szenen den Lärm sieht, in Monets Bildein den Wind spürt, in anderen den
Geruch der See sieht. Diese Tatsachen sollen nur besagen, daß in jedem
einzelnen Sinnesorgan — zum mindesten im Auge — alle anderen mit tätig
sind und ihre spezifischen Daten iüi unser Bewulitsein in ihm ausdrücken
können, so daß umgekehrt das reine Anschauen die anderen Organein Tätig-
keit zu Tersetzen yermag. Dadurch wizd das Wahrgenommene ergänzt und
TOm Schein zur Realität gefllhrt Die Gegenstände des Bildes sind niemals
die Resultate einer r^^ Optik, die eine TtfUig leere Abstraktion ist Selbst
der Wahmehmungsakt ist du]<ch8etEt Totn dem „ganzen Menschen''. Sehen
ist immer Auge-f'F^che. Das gibt den Grund dafiOr, daß Jeder anders
sieht, und zeigt zugleich das Unberechtigte der Forderung, daß man das^ was
der Kunstler male, so in der Natur mOsse sehen können.
Wie die einzelne Wahrnehmung durch ihre Qualität Ober das einzelne
Sinnesorgan hinausweistaufdie Gesamtheit der Sinnesorgane, so durch ihren
Umfang auf den Intellekt und den Willen. Sebald der dargestellte Raum
mit dem einen ruhenden Auge nicht mehr zu er&ssen ist, hat es des In-
tellekts und intellektueller Mittel bedurft, umihnzu einer Einheit zusammen
zu binden. So wird uns immer ilcutlicher, was Ponscin klar ausgesprochen
hat: „Es gibt zwei Arten, die Dinge zu sehen:, die eine, indem man sie
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einfach sieht, die andere, indem man sie mit Aufmerksamkeit betrachtet.
Einfach sehen, heißt, mit dem Auge Form und Ähnlichkeit des Diiiges
wahrnehmen. Betrachten aber heißt mit einer angestrengten Aiiiinerk-
samkeit außer der einlachen Wahrnehmung die Mittel suchen, den Gegen-
stand gut zu erkennen! Daher könne man sagen, daß das einfache Sehen
ehi natllrliclier Vorgang, das Betnditai aber eine Obliegenheit der .Ver-
nunft seL" Damit ist das Sehen in die reuie Funktion des lateUekts zurück-
geführt, durch diesen in den Willen, in das steUungnehmende Subjekt
und so, Ton aller sulqektiTen WilUior befireit, den Fundamenten der
absoluten Gestaltung unterworfen, von ihren Prinzipien bestimmt. Es
gibt kein anderes Gesetz der kQnsÜeriscben Optik als das der Gestaltung.
So ist esalsowedereineinzelnesOrgannochein isoliertes Vermögen,das von
der Seite des Subjektes die Welt der Kunst erzeugt, sondern die innige Ge«
samtheit aller mit einerspezifischenPräponderierung. Vom Bewußtsein her-
kommend spitzt sich der schöpferische Trieb in dem Maße auf sein spezi^
fisches und zugleich unzuverlässigstes Organ zu, als er sich dem Objekte in
seinen Erschein ungsformcn nähert. Aber wie er all ein durch seinen Ursprung
nicht im Materialismus und Sensualismus stecken bleiben kann, so weist das
Organ selbst über sich hinaus. War der Grund für den ersten Prozeß der
Materidlisieruiig des Bewußtseins diePrioritäl des W illeiis, st) wirddievöUige
Empfängnis der Grund für den zweiten Pri)zeß der Entmaterialisierung des
Objektes durch seine Zurürkführung ins Bewußtsein. Das Erlebnis darf nicht
nur überllogen, es muß durch Erfassung seiner Gründe ganz und völlig
enjpfangen sein. Nach einer solchen Befruchtung verliert ^as Erlebnis seine
stoffliche TatsSdilichkdt und wird Kraft, Bewegung, lutensltttt imd als
solche frei Terfitlgbares Eigentum und Besitz des Kflnstlers.
Wird nun dieser KxdskufderErzeugungindiepsychologischeWelttrane-
poniert und auf die Inhalte bezogen, an die er notwendig gebunden ist, so
entstehen alle jene so oft behandelten Fragen der Ästhetik, diezum Teil die
TStigkeit des Sulqektes angehen — zum Bebpiel das VerÜlltnis von Unter-
hewuBtsön und Bewußtsein, von Naivität und Ichspaltung, von Hemmung
und Impuls, von Freiheit und Gebundenheit durch die Gesetze der Assozia-
tion — zum Teil die Stellung des Subjektes zum Objekt — zum Beispiel
das Verhält nie von Anerkennung, Liebe, Ehrfurcht zuVemeinungundSkep-
tik, von Hingabe und Selbstbewahnmg, Aktivität und Passivität — zum Teil
die Behandlung des Objektes wie die -wichtige Frage des Verhältnisses von
Sensation und Leben zu Zwang, Form und Tod. W ir können alle dieseFragen
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26 Versuch einer GnmdlcignDg de» Schöpferöchm
■•■■■■•■■•■•■■■•■■MiamiMnmininMMmUlltnMinHHMHMMNMHtiniinNilNtfMinilHMniMinillMNniMI
hier, wo es sich um eine Grundlegung handelt, nicht erschöpfend erörtern.
Es muß uns genügen, darauf hinzuweisen, daß sie alle die Form des An-
tithetischen aufweisen und ihre Lösung daher nicht in der Streichung
eines der beiden Kontraste, nicht in ihrer Angleichung, sondern unter
Beibehaltung beider Pole, in deren Durchdringung und Überwindung zu
einer 'neuen Welt bestehen kann. Eine solche Lösung zu geben, wird nur
dem möglich eem, der im Auge b^ält, daß die Probleme wieder in ihre
alte Ebene der Eizeugung selbst zurCtokprojiziert und aus der Stellung im
Ablauf derselben bestimmt werden mOssen.
'\?l7'ie wir zur BestimmungdesSubjektes vom steUungnehmendenBewußt-
* * 8einüberhauptausgingen,umdurchdeS8enWiUenzurRealisierungzum
psychischen und — der Möglichkeit nach — zum psycho-physischen Subjekt
zukommen,8omfi8sen wir in einer TollstSndigenKoirespondenz in derBestim-
mung des Objektes von dem Gesetz seines Werdens ausgehen. Es gilt also, die
Objekte nicht mehr als einFertiges hinzunehmen, alsein veränderlichesoder
, unveränderlichesResultat, sondern jene Kräfte aufzusuchen, die in ihrem Ge-
geneinander das Ding entstehen ließen. Und von diesen Gründen und Be-
dingungen ihrc^ Seins an^ hnt der Künstler die Gegenstände als solche der
Kunst neu zu schahen. Dabei ist er den i^oi dei Lin'^tin jeder übjektbihlnng
unterworfen, daß der Gegenstand sei, und daß seine Existenz endhch sei.
Das Sein an sich will nicht besagen, daß er ruhend und stabil sein müsse.
Auch Relationen können Gegenstand sein, sobald sie sich völlig in sich
schließen und ihre Bewegung nicht über sie hinausweist. Die Endlich-
keit soll nur besagen, daß das Ding begrenzt sei, Form habe, nicht, daß
es nur auf sich angewiesen sei, aus sich hetaus und nur in Beziehung
auf ach leben müsse. Die Endlichkeit der Form schließt die Vielfältig-
keit der Relationen nicht aus» aber diese ist nicht raiendUch, sondern
durch die Forderung des $eins bestimmt und damit berech^biir.
Diesen Prinzipien der ObjdLtbildung überhaupt wohnt dieTendenz ume^
sich im realen Objekt zu manifestieren, ebenso ^e die Fkmktionen des Be-
wußtseins zum psychischen Subjekt strebten und damit gleichzeitig als not-
wendig dazugehörig das Objekt setzten. Ebenso wird vonseiten der Gründe
und Gesetze der Objektbildung mit der Setzung des Objektes das Subjekt
nutgesetzt. „Unsere Wahrnehmung ist also in ihrem reinen Zustand wirklich
ein Bestandt«l der Dinge selbst." Und in weiterer Parallele ergibt sich
die Forderung, daß es die Totalität der Objekte sdn soll, in die sich die
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1^1
Tersnch einer GmadlegUDg da» Sohapferiicben
Prinzipien der ObjektbildurijS: realisieren. Gerade an diesem Punlit hat man
eme DiÖerenz zwischen Kuiisi und Wissenschalt suchen wollen. „Das Be-
sondere mit Rücksicht lediglich auf seine Besonderheit ist Kunst und inim^
nur Kümst . . . und das Besondet« ndt Kfidsicht auf das Allgemeine ist
Wissenschaft . . . Nur deshalb muß der Künstler in dar subjektivierenden
Kunst auch das Gegenwärtige in die Vergangenheit schieben, und in der
objektivieienden Kunst den Raum des Kunstwerkes aus dem Raum der
Wirklichkeit herausschneiden, so daß selbst der Flastiker nur einen idealen
Raum und nicht den unserer Umgebung erfüllt; alles, damit die Akte und
Objekte sich nicht d^ Zusammenhängender Wirklichkeit einordnen, nie-
mals als Ursache für räumlich- zeitliche, außerhalb des Kunstwerkes Upende
Wirkungen^niemalsakiyiotiveoderZieleanzuregenderHandlungen zugelten
haben. Losgelöst vo^ allem Allgemeinen hat es künstlerische Wahrheit,
und die Grundgesetze der Kunstlehre lassen sich aus dem angestrebten Auf-
heben der ZuFammenhänge ebenso ableiten, wie die Grundgesetze der Wis-
senschaftslehredurchdasSuchennachZusammenhangen zu verstehensind."
Hier liegt offenbar der Irrtum vor, daß man aus der Tendenz des schöpfe-
rischen Triebes, sein Werk aus dem realen Zusammenhang als ein indivi-
duelles und in sich existierendes Leben herauszulösen, den Schluß zog, daß
der Kunst nur das Besondere, Individuelle, Einmalige, Fragmentarische,Zu-
sammenhangsloi-e als Stoff zugehöre. Aber das Buch ist ebensosehr (sym-
boHsch durch seinen Einband) aus den realen Beziehungen gelöst, und die
Zw anomenhänge, die&Wis6enschaftauistellt,habeumitdeneu des realenLe-
hensnichtsmehrundnichtswenigerzutunyalsdiederKunst. Jenegehtebenso
wie diese auf die Totalität und damit auf den Zusammenhang der Objektew
Um die Bestimmung dieser Begriffe haben sich so viele Irrtümer gesam-
melt^ daß die von uns aufgestellte deutlicher hervortreten wird, wenn wir
den gegnerischen Ansichten einige Worte widmen. Einige .glauben, daß
die Totalität durch eine Addition mllglichst yieler Variationen desselben
Themas oder gar möglichst vieler Verschiedwiheiten zu erreichen sei. Da-
bei handelt es sich um eine Veräußerlichung und Verendlichung des Schaf-
fens. Einige vermeinen, die Totalität durch eine Kontraktion der Objekte
auf einen einheitlichen Grund hin zu erhalten, der Stimmung oder Begriff
ist und nun von sich aus die Fülle der Einzelheiten entläßt. Totalität be-
deutet also formal-geistige oder psychische Sammlung. Und wahrend es
sich einerseits nur um eine Verendlichung des Gehaltes handelt, taucht
andererseits die Gefahr des Formalismus auf. Andere glauben, sie durch
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Steigerung ins Göttliche zu erreichen. Hier liegen alle falschen Probleme
des Klassizismus. V ei allgememerung ist nicht Erweitei ung, Ei dentrückung
nicht Allgemeingültigkeit. Die Totalität ist nicht zu erlangen, wenn eine
£rwdterungoderVerengerungxMcfaeinerRichtunghiBn>rUegt,80iiikmTo-
talitfit ist allein charakterisiert durch die Doppelseitigkdt dw Empfindens
und zwar nicht nur durch den Kontrast an sich, sondern durch die Auf-
hellung desselben. Sie ist nach dem Ausdruck Plchtes ein thetiscbesUrteili''
eine wahreUnendKchkeit Als solche entzieht ne sich jeder begriff lichenBe-
sdmmtheit undBestimmbarkei]^ denn sie enthält unendliche M^lichkeiten«
Die Streitfrage der Erkenntnistheorie, ob nur das Allgemeine oder auch
das Individuelle Gegenstand der Wissenschaft sei, hat sich uns dahin ge-
Ittst, daß weder das Nur- Allgemeine noch das Nur-Individuelie, sondern
nur die Totalität ein vollgültiger Gegenstand des schöpferischen Triebes
sei. Und sie bestimmte sich uns nicht als ein inhaltlicher noch formaü'
stischer Begriff, sondern als ein formaler, das heißt als ein Zusammen-
treffen der Rewußtseinsfiinktionen und des Objektes.
Nehmen vvirnachdci Bestimmung desümfangesdieDarstellung der Reali-
sierungstenden?: der ( lesetze der Objekthildung wieder auf, so ergibt sich uns
die Notwendigkeit, dieselbe hier auf dieiciiige Form zu beschränken, in der
sich die Objektwerdung sammeln muß, uni Gegenstand der spezifischen
Äußerung der Malerei zu werden. Diese ist das Konkrete. Das Konkrete soll
heißen: die GesLaU der Dingern ihrer unumgänglichsten Bedingung, m ihrer
Dreidimensionalität Als eine aus den Prinzipien der Objektwerdung her-
kommendesteUtsiesichal8eineKonkreüsierungdar,alseinDreidimensional-
werden, als ein Gestalt-gewinnen. Die Realnierungstendenz des Objdttes
schreitet darüber hinaus, verliert sich vttllig in die Ffllle der quaütativen
Eigenschaften der Farbe^ des Stoffes usw. ENimit bietet uns das Objekt eine
Reihe roa Erscheinungsfonnen dar, die die GrOndeTerhfiUenydenWegzu
ihremUrsprungzuTerspeiTenscheinen. F^^ythologisch gesehen bildensieden
Ausgangspunkt der Wahrnehmung, und man stand Tor dem großen Pro-
blem, von hier zum Wesen vorzudringen. Unsere Bestimmung der Totalität
zdgte uns, daß man sehr oft im Endlichen stecken blieb — im realen oder
transzendenten Sein — , ohne bis auf ] ene Ursprünge vorzudringen, aus denen
sich das künstlerische Objekt bilden konnte. Wir erkannten zwei solcher
Wurzeln — von der dritten werden wir noch später spreche — : ^ie Funk-
tionen des Bewußtseins, die sich in bestimmten Formenzueinemspezifischen '
QrgaahinrealisierteD,unddieFonnenderQbiektswerdung,diesichin analoger
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Vcsmoh tbuat 6nindi«gnig des ScköpfoifaclMB ilO
iifnnmi>mntMim«>m(n«iiiiiiiiiiiaNHiiiimftmnNiMiiniMiiMitMMiMtniMtlMi*i<'>>M«*n**>nn*n
Weise konkretisierten, materialisierten, umdann, mit den Inhalten ihrer letz-
ten Ausläufer beladen, den Weg der Entmaterialisierung ins Bewußtsein und
auf dieGründe hin zmückzugehen. Es ergab sich im Verfolgderbeiden Ten-
denzen ihr enges Verknüpftsein, so daß Objekt imd Subjektsich gegenseitig
setzten und mit- und durcheinander existierten. Diese Einheit durch gegen-
seitiges Bedingen ist wohl zu unterscheiden von ledein ps} c ho-physischen
Parallelismus, von jeder Einheit zwischen Seele und Leib, von jeder meta-
physischen Identi ta t, d le ent weder i m psy ch ischen Subj ek t oder im k ( > n k reten
Objekt stecken bleiben, oder vor ihnen da sind. Diesesind Voraussetzungoder
Folge davon, daß jene überhaupt stattfindet. Eis handelt sich in ihr nicht um
eine seinshafte Beziehung, sondem um gegenseitiges Erzeugen, so «iaU die
Totalität der psychischen Kräfte sich in der Totalität der Objekte entfaltet.
Wenniwir di^enGedanken konsequent verfolgen, können wir önBedenkoi *
gegendieLdireKantsTonderAprioritätdesBewußtiekismf^tuiittt^r^^
Durch dieses gegenseitigeErzeogenoffenlmrtsichuiisdieg^nzePikaiiterie
eiiier ^pezietten Aufgabe dar bildenden Künste iwie dar Musik: ein Orna-
ment, eine fixe und imveranderliche Form mit in diese gegenwärtige,Er-
zeugung au&unehmen. Dieses interessante ProUem ist bisher vttUig zu
kurz gd[ommen und darum soll nachdrücklichst darauf hingewiesen sein.
Das Erzeugnis der gegenseitigen Bewegung von Subjekt zu Objekt und
umgekehrt ist die schöpferische Stimmung. Aus beiden — nicht als Inhalten
und Stoffcm, sondem als Kräften — entstanden, ist sie weder eine einheit-
UcheStimmungnoch ein synthetischer Begriff, sondemeine wenn auch nicht
verworrene Mannigfaltigkeit j sie enthält — im Bergsonschen Sinne — „qua-
litative Mannigfaltigkeiten", d. h. eine Einheit von Kräften, die zu einer
Äußerung drängen. Ihre Bildung hat gewöhnlich ein Äquivalent ins Be-
wußtsein abgesondert, das die materialeGrundiagpileskünstlenschen Schaf-
fens wird. Auf die-e Äquivalente muß hier mit einem Wort emgegangen
w^erden, nicht soweit sie reiner Inhalt, sondern soweit sie Gefühlsrichtung
smd und man sie als Einteilungen des Ästhetischen oder der einzelnen
Künste aufzählt. Hier sind sie an ihrem Platze mit der Ergänzung, daß
ein Gefühl wie das Tragische nicht nur uuf das Drama und das Literarische
beschrankt ist, sondern auch in der bildenden Kunst seinen Platz hat. So-
bald man aber diese regulative Einteiluiig iür das konstituierende Prinzip
(und zugleich für den Wertungsmaßstab) des künstlerischen Schaffens aus-
gibt, muß man dagegen Verwahrung einigen. Weder das Schöne noch das
Erhabene, weder das Trag^che noch das Epische schafFen Kunst, sondern
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sie sind allem Gefühlsrichtungen, die zur Kunst hindrängen, und als solche
charakterisiert durchdiejeweiligePonderierungderimschöpferischenTriebe
tätigen Gruudkräfte. Nach der Ausscheidung dieses Äquivalentes (das mit
dem Gegenstand des Elrleboisses natürlich nichts mehr gemeinsam zu haben
braucht) bleibt noch die reine Inteasitiity das Intensität- und Kraftmaß des
Erlebnisses Übrig, das als reiner unerkennbarer Zustand im Srlebenden sich
aufhebt und mit den anderen yerbindet. Hier durchdringen och dife einzel-
nen Erlebnisse vor allem in ihren Gegensätzen, schaffen neue Werte und
sind in der Summe aller Vergangenheiten im gegenwärtigen Moment Tor-
handen, so daß das resultieiende Werk nicht mehr eine einzige Stiilmiung
in stofflicher Spi^dung des Erlebnisses ist, nicht mehr ein Akt intdlektu-
cdler Abstraktion, sondern eine Totalität infolge einer Konzentrierung des
gesamten Lebens in eine von aller Materialität befreite Erregung. Diese
stellt gleichsam ein (freilich konstruiertes) Sa um elbecken dar, einen Ersatz
für daspsychologische Moment der Phantasie. Wasbeideunterscheidet,istvor
allem der Umstand, daß in der Phantasie der Inhalt immer schon gegeben
ist, und es sich nur um „seine Wiederholung, um eine Herbeischaffung
seiner Wiederkehr handelt. Das Gegebene bleibt immer ge«j;eben, wenn-
gleich es verändert Vi erden soU"^ dfe schöpferische Stnnmung aber ist
immer nur ein Moment in der Erzeugung der Inlialte. Die Phantasie
war daher Willkür sciiiechthin in ihren Grundlagen, in ihren Verknüp-
* fungen, in ihren Resultaten, während die schöpferische Stimmung, ent-
standen aus Geset^mabigkeity nur äulciie zeugen kann.
Wir sahen, daß die Kunst 6^lt ist, und mflssen jetzt hinzufügen :
sobald dieser in den spezifiwhen Aiisdrucksformen erscheint. Diese
ahersind bedingt durch die Materialien. GrQnde der Darstellung zwangen
uns, sie aus dem bisherigen Krets unserer Betrachtungen auszuschließen.
Darum soll ausdrllcklich betont sein, daß sie nichts Äußerliches, Adhären-
tes bedeuten, sondern etwas Notwendiges und Weiterfahrendes. Das
Mittel fordert am nachdrücklichsten den Beschauer.
PsychologischeELunstanschauungydiewegenderVerschiedenheitderMittel
die ars una in artes auflöste, nur von den Künsten sprach, formulierte auch
den Satz, daß die Anwendung des Lichtes auf Kosten der Farbe, die der
Farbe auf Kosten der Linie ginge etc. Wir, die wir einen einheitlichen
und unendlichen schöpferischen Trieb unter allen Künsten und einen ihm
Tor aller Indiriduation typischen Weg der Funktion nachgewiesen haben,
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\' -a h eine Grundlegung des Schöpferüchen
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betonen wieder die ars una und glauben ferner, daß die Mittel, die sicher
eine den ursprünf^lkhen Trieb zerteilende und trennende Bedeutung haben,
doch alle einer uns noch nicht ganz bekannten) Logik unterworfen sind.
Den isolierten Mitteln der Tänie, der Far be und des T ichtes sprach eine
abstrahierende Ansciiamaig verschiedene Ausdrucksgebiete und verschie-
denaVVertbedeutungais konstituierende Prinzipien zu. Bekannt ist die Über-
schätzung der Linie: „Dans l'art tout cequi appartientaux premi^res (aux
lois de l'ordre morale) s'exprime pai la forrnej la couleur, a mon avis, re-
prösente un cöt^ plus matöriel/' Die Künstler haben je nach den Bedürfe
nitten ihrer ehueitigen Begabung das gLeiciie ron der Farbe und yom tkht
gesagt, und so alle jene &]schen Dogmen der reinen Lküe^ der reinen Farbe
als Yerdeckung.ihrer Impotenz der Öffentlichkeit hingeworfen. Die Ästhe-
tiker,dieamhartn&c1äg^endasDogmaderreinenLiniegeglaub^
nimalhnahlichsQgBraUendreiMittehikonstitatiTeBedeutungzugesproch^
Wir mOseen hier die Tatsache festhalten, daß es Mittel a priori nidit
gibt. Weder ein Blau noch eine Symmetrie hat für die schöpferische Tätig-
keit Bedeutung vor und außerhalb der Schöpfung, des Geschaffenseins. Der
Künstler muß seine Mittel und ihre Wirkung (sowohl die Beziehung auf
das Gefühl der Lust und Unlust wie die moralische) kennen — all das ge-
hört zum Handwerk} aber ihre Verwendung ist weder naturalistisch be-
schreibend noch foi inalistisch, sondern Gestaltungsfaktor oder besser Gcstal-
tungsergebnis. Vor der Gestaltung ist jedes Mittel nur Material, tot, Hin-
dernis des Geistes, h.t st in der Gestaltung wird es Mittel, lebendig, Hand-
werk. Daher kann es weder uni beiiier selbst willen da sein noch zur
Erreichung von Effekten, sondern einzig und allein zum Ausdruck der
Gestaltung. So bestimmt sich die Frage der Wirkung, die den Materialien
und Mitteln anhaftet. Legitim ist nur die Wirkung, die sich aus dei Ge-
staltung ergibt, alles andere ist Prostitution. Aber es gibt auch keine Ge-
staltung ohne diesen Ausdruck im Material: ,^Es wird derjenige Künstler
in sdner Art der trefflichste sem, dessen Erfindungs- und Einbildungs-
kraft sich gleichsam unmittelbar mit der Bdaterie Terbindet, in welcher
er zu arbeiten hat." Und nach dem Worte Flauberts: „La pcddsion de la
pens^e iait — et est m^me celle du mot** wird die Schimheit des Materiats
zum voUkonimensten Ausdruck der Gestaltung. Es fragt sich, welches der
Weg ist, den es machen muß.
Noch in seiner Isoherung hat jedes Mittel die Tendenz, über sich hinaus-
zuweisen. Die Linie als künstlerisches Ausdrucksmittd. weicht von der ma-
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thematisch Geraden ab. Sie stellt an jeden i Pvinkte eine Durchdringung der
Geraden laid der Kurve dar, also eine Spannung der Dimensionen. Ent-
sprechendem gUt von der Farbe. Wo sie als künstlerisches Mittel auftritt,
birgt sie eine Tendenz nach Weiß und Schwarz in sich, so daß — wie
nebenstehende Figur (die dreidimensional zu
lesen ist) verdeutlicht— das Farbensy stem ein
nie also die VerlniidungsmdgUcUtekeazwi-
tchen zwei Farb^ etwa Blau und Rot er-
schöpfend darstellen wdlen, so haben wir
einmal den i^eichsam ebenen Weg über Vio-
lett und Purpur, den mit der Dominante
Schwarz über Rotbraun und Graublau oddr
den mit dem Unterton Weiß über Flezscfa-
farbe und Himmelblau. — Femer aber ent-
hält jede Linie zugleich mit dem rein linea-
ren Zug einen Lichtwert wie die Farbe einen
Fleck-, d.h. einen GröBenwert. Die Aufgabe
des Künstlers besteht nun darin, die verschie-
denen Momente seiner Materialien auf ein
einheitliches Mittel zu bringen. Das will
nicht nur heißen, daß man in jedem einzel-
nen Material den gleichen Ausdruck setzen
und die drei daiin als parallele Posten zu-
sammenaddieren solle, sondern daß aus einer
innerenVer«nheitIichungeinneuesund ein-
heitliches Mittel zustande komme. Darum
kann man nur unter Vorbehalt von ^em
linearen oder malerische Stil sprechen, da
T^nelinie und FarbeExtreme und alssolche
Armut sind. Gerade die V«reinh«tlichung
der Divergenzen im Schöpfungsakt machte
die Bedeutung und die Größe des Künstlers aus. Dabei ist es nicht nötig,
daß die Einheit eine Harmonie gleichwertiger Teile bilde; diese können
verschieden nachdrücklich und schwer ponderieit, vielleicht auch konträr
betont sein. In dieser Einheit müssen aber die Divergenz der Teile imd
die Stoillichkeit der Elemente verschwunden sein. In ihrer L^ibilität
Schwan
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MtMtt
Versuch einer Grundlegung des Schöpferischen
Stellt sie einen vielfachen Funktionswert für die verschiedenen Organe dar
imdenthältinihrerBestimmtheiteineinnereUnendlichkeitanTVlöo^lichkeiten.
Daß dieses einheitliche Mittel bis in die Forderungen der Technik hin-
ein speziiisch ^ei, ergibt sich systematisch, weil jede Kunst ihre iiöchste
Vollendung nur dadurch erreichen kann, daß sie die ihr immanenten
Möglichkeiten zu reiner Geltuno; bringt.
Jedes Material ist in Kombination mit einem ihm gleichartigen Element
Raumträger: Farben treten vor oder ziehen sich zurück, Licht werte geben
RautngeMle, Linien yerkürzen sich durch ihre Lage. Aber nicht Raum-
werten an sich haben sie zu dienen, sondern der Modellierung und den
Raiimwerten, die in diePormbildung eingegangen sind, wie wir es apäter
sehen werden. Damit werden sie Ibrmdienend und fblgen dem Grundge-
setz der Gestaltungyd. h. weder derStoff bezeichnung der Natur noch irgend-
einem wissenschaftlichen Gesetz, wie dem der Komplementär&rbe. Darum
stellen sie in ihrer Gesamtheit eine von der materialistischen vdllig ver-
schiedene Welt dar. Kein noch so konsequenter Sensualismus kann die
Welt der Farben und der Töne in Malerei und Musik erklären, weil sie
auf einer ganz anderen Ebene liegt. Kein noch so scharfes und objek-
tives Auge wird die Farben von Claude Lorrain, van Geyen oder Monet
in der Natur sehen. Weil Sehen ebensowenig ein abstrakter Prozeß ist
als Denken, sondern eine Funktion, an der der ganze Mensch und — so
sollte man meinen — seine ganze Menschlichkeit Teil hat
Mit Subjekt, Objekt und Mittel ist der Inhalt des schöpferischen Trie-
bes dargtstolh. Wir müssen jetzt noch erklären, in welcher Art sich
unter dem Zusammentretfen derselben die Welte nkugel der Kunst bildet,
und welche Gesetze sie zusammenhalten. Wir werden die Momente
darzustellen haben, unter denen sich die schöpferische Stimmung ent-
lädt und jene anderen, nach denen die neue Welt sich vollendet.
Wir sahen, da8 sich die Bewegungen der Inhalte in ihrer entmateriali-
siertenFormim8chöpierischenTrieb8ammeln.Es bedeutete wiederum
nur eine Verelnfochung aus Darstdlungsgründen, wenn wir fingerten, daß
jene ganze Bewegung von Objekt und Subjekt vor sich gi n re^ ohne ein Tun,
ohne die Handlung, ohne den-Pinsel Psychologisch- tatsltcfalich ist dies
wohl nur ein ganz eKtremer, ja erkenntniskritisch ein immSglidier Fall.
Denn diese Welt kann nicht existieren ohne ihre Versinnbildlichung. Diese
aber ist nicht eine Kopie eines innerlich Fertigen, sondern die Evolution
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Vemicdi mner Grandlcgiing dei Sd^gfexischen
des Werdenden und daher in ihrem Verlauf der Inhaltsbildung durchaus
parallel. Auf welcher Stufe das Tun einsetzt, kann uns hier gleichgültig
sein. Für uns wird es von dem Augenblick an bed^tsam, wo die Ganzh^t
Gdiahes öch gebiert^ d. k flieh in dieSeinsbedingungen des schdpferi-
sehen Triebes fiberhaujit unddesbildkünstlerischeninibesonderentmisetzt.
Die unumgänglichste GebSrüngsfonn ist der sich selbst setsende Konflikt.
Er kann nur aus den Momenten bestehen, die wir im SpaeL sahen, und in
der Tat scheint er das Ergebnis des antithetischen Willens des Bewußtseins
und des Seins der Gegenstandswerdung zu sein. Als Tat des Bewußtseins
aber hat er die Tendenz zur Unendlidikeit in einer bestimmten Form ge-
erbt. Die Definierung des sich selbst setzenden Konfliktes gebührt W. v.
Scholz. i^Der Konflikt muß sich selbst setzen, sobald das noch konflikt-
lose Thema berührt wird und zwar in der Vorstellung gemäß deren Ge-
setzen, die erlebt werden und nicht weiter zurückfuhrbar sind . . . Zwei
Momente kennzeichnen dip Antithesen des sich selbst spt7pnden Konfliktes,
die innere Wesensnähe zueinander und ihre Unvereinbarkeit, ihr unlös-
licher Zusammenhang in der Vorstellung, in der sie einander er/eu^eii, und
das Beruhen ihrer Verwandtschaft in ihrer ewigen Urieindschatl. Dadurch
sind die Antithesen miteinander verklammert, kein Zufall führt sie zum
Kampf, sondern ihre Wesensnähe. Darum ist der sich selbst setzende Kon-
flikt unlösbar, unerschöpflich und ewig furchtbar." Für die bildende Kunst
nun steht dieser Konflikt unter der Bedingung, daß er niemals ein nur
linearer, flfichenhafter Kmitrast s^ kann, sondern nur ein räumlicher
(dreidimensionaler), weil erst dann der letzt^ nicht mehr reduzierbare
Konflikt der bildenden Kunst entsteht: der Ausgleich der dritten Dimen*
sion mit der Flfiche. Erst dann ist es nicht mehr ein konstruierhaxes
Auseinander von gegensätzlichen Motiven, sondern dn Durchdringen
untrennbarer Kontraste zu einer Einheit.
„Aus dem sich selbst setzenden Konflikt gewinnen wir noch eine neue
Bestimmung üQr die Notwendigkeit des AUaufes, nämlich die, daß alle
wichtigen Momente, die den Ablauf bedingen, aus den beiden Grundgegen-
sätzen des sich selbst setzenden Konfliktes hervorgehen, daß sie diese Anti-
these widerspiegeln müsseil. Hier handelt es sich nicht mehr um die aus-
dem Leben ins Kunstwerk übertragene reelle Kausahtät, sondern um eine
lediglich dem Kunstwerk angehörende ästbeTisrhe Ursächlichkeit, die die
alle rstärksten Notwendigkeitswirkungen auf den Beschauer ausübt, dieganz
allein den — in der realen Kausalität nicht durchführbaren — Eindruck er-^
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weckt, daß ohne alle spätere HinzufOgiing neuer Momente aus dem Grund-
konflikt allein und folgerichtig das Drama entwickelt sei" Die zeugende
Kraft des Konfliktes vollendet also das Ganze und dieses Ganze muß aus
fleineiii Ursprung die Form eines Organismus annehmen, in dem sich das
Game und die Teile gegenseitig so liedingen, als ob das Ganze das Ergeb-
nis aUer Teile und zugleich die Bedingung eines jeden TeOes iiL Das
Ganze ist also nicht die Addition seiner TeUe, sondern das Produkt deisel-
ben, aber doch so^ da6 auch jederTeil nur durch das Ganze existiert Da*
mit ist eine neue Welt, die ihre Lebensbedingungen in sich selbst trilgt,
Ton der Realität als solcher abgel&t Sie hat sich von allem Materialen
derselben befreit, sie ruht in sich selbst, hat in sich Anfang und Ende. Dar
erste G^rastand am Rand darf nicht mehr mit der anderen
Welt zusammenhängen und ihr Horizont nicht mehr mit dw
perspektivisch undeutlich werdenden Ferne der Realität.
Die Realität als Realität ist überwunden. Das Zurückgehen
auf die Funktionen des Bewußtseins und die Gründe der
Objektwerdung, die Forderung der Totalität haben sie ent-
materialisiert und ihr anschauliche, sinnliche Äquivalente ge-
boren. Die Realität wird mathematisiert, und zwar arith-
metisch-rhythmisch und geometrisch-figürlich.
DieRhylhmisierunggehtdirektaufdieBewegungdesBewußt-
seins zurück und hat mit den Nonnen, die man für den Auf-
bau einesschltiienKlIrpershatgeben wollen, nichtsgemdnsam.
Diese stellten iir jeder Hinsidit em endliches Verhältnis dar,
wShrend die ihythmischeBeziehung eine unendlicheRdation
ist Sie iiußert sich daher nicht so sehr an den Maßen des Kör-
pers als an denen der gesamten Fläche. Ein besonders schönes
Beispiel ist das Chormittelfienster in Gharties, das yon unten
nach oben darstellt : i )Bäcker, dieBrot tragen, a)die Verkündi-
gimg, 5) die Heimsuchung, 4)dieMadonna mit dem Kind. Die
Rhythmik dieser Vierteilung läßt sich näher nachprüfen, wenn
man annimmt, daB die Windeisen, die dasganze Fenster in wag-
rechtenStreifendurchziehen^gleicheAbständevoneinanderha-
ben. Das ganze Fenster besteht — von einem schmalen Streifen
unten und der Spitze oben abgesehen (die ihrerseits einen interessanten Bei-
trag liefern zur Technik des Anfanges und des Endes im Kirnst werk) — aus
1 7 übereinanderliegenden Teilen zu ca. 5 in der Breite: )e Vt Rän-
5*
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Versuch einer Grundlegung det Schöpferischen
dem und s in der Mitte. Von diesen 17 Teilen fallen (yon unten nach
oben g^Ut) auf die 4 Teile der inhaltlichen Disposition: a Teile, 4 Teile,
5 Tette^ 6 Teile, also ein ganz klares Verhältnis 1:2: sV« : 5- Bedenkt
man, daß das Verhältnis von Höhe und Breite etwa 1 : 6 ist, so sieht man
sofort, welche einfachen Relationen sich ini Verhältnis von Höhe und Breite
in den dnzelneu Teilen herstellen. Nicht nur, daß das Bffiitelstf^ des
untersten Teiles soviele Teile in der Höhe wie in der Breite hat, also als
axfi ein Quadrat ist, sondern die gesamte Breite des Fcoisters beträgt un-
gefiihr die Hälfte des obersten Teiles. Bei dieser Bedeutung der Verhältnis-
zahl 3 wird mau begreifen, warum der zweite Teil das doppelte des ersten
beträgt, warum 4 Teile das Fenster aufteilen, und warum der dritte 2 -j-
mal so groß ist als der erste. Hier Icornrnt nun die 5 mithinein. Das Vn i^^t
/nicht nur die Hälfte der Höhe des Ausgangsteiles, sondern zxi gleich die Hälfte
der Differenz zwischen 9 und '^y aber — als 2 2 x ^/^ — ist nicht nur-
die gesamte Breite des l'eimiei-s, sondern zugleich auch das Verhältnis des
Anwachsens vom untersten tragenden (Bäcker) zum oberstengelragerien feil
(Madonna) des Fensters. 2x5 aber ergibt 6 und damit eine Beziehung zum
Höhe-Breite -Verhältnis 1:656x5 aber als 1 8 ergibt die gesamte Fenster-
höhe. Diese scheinbar unendlichearithmetischeBeziehungistkeinegeheira-
nisvolleZahlenmystik, keine zufallige Spielerei, kein a priorischer Formalis-
musy sondern das notwendige Ergebnis der Entmaterialisierung des Stoff-
lichen auf dem Wege zur Formbildung xmd zur notwendigen Gestaltung.
Sie ist ein konstituierendes Prinzip, das ein tmendliches und organisch^
Verhältnis der Teile zum Ganzen schafft. Wir kffnnen von einer arith-
metischen Notwendigkeit der Flächeubesetzung sprechen.
Daß wir es hier mit einem die Kunst überhaupt konstituierenden Prin-
zip zu tun haben, zeigt ein Blick auf die Musik und die Poesie. Dieses
vorwiegend zeitliche Momentdernotwendigen rhythmischoi Beziehung hat
man in der bildenden Kmist nicht suchen wollen, weil man au dem Vor-
urteil festhielt, sie sei ausschließlich eine Kunst des Raumes. Aber wir wer-
den immer deutlicher sehen, daß beides — Zeit und Raum — unmöglich
getrennt werden kann, soll überhaupt von einer Gestaltmig die Rede sein.
Freilich bleibtunsdiehauptsächlichste Seitedieses Problems in der bildenden
Kunst noch un^^elöst, solange es uns nicht zu zeigen gelingt, aus welchen Ele-
menten die Grundquantitäten dieses rhythmischen Ablaulesgebildet werden.
Um hier einen Schritt weiter zu kommen, müssen wir uns an die Fläche
halten, d. h. an die Größenbeziehungen ihrer Höhe und Breite und an die
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Versuch einer Grundlegung des Schöpferischen 37
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ihr immanenten Punkte: die Mitte und den goldenen Schnitt, die ja schon .
seit langem eine große Rolle in der Ästhetik spielen. Leider haben mich
meine Berechnungen nochzu keinem befriedigendenResultatgefuhrt. Doch
glaube ich, daß ein eingehendes Studium des Netzwerkes auf den Hand-
zeichnungen der großen Meister d i c interessantesten Hesultateliefern würde.
Was den rhythmischen Abiaul betrifft, so kann ich hier nur kurz auf
das verweisen, was )ede l'oetik lehrl: die verschiedenen Vei.smaße, den
offenen und geschlossenen Rhythmus usw. Die Frage nach Hebung und
Seiikuna: fallt für den Maler mit der der Massen Verteilung zusammen und
bedeuteL zugieicli eine Folge von besetzten und unbesetzten Flachenicilcn.
Von der arithmetisch-rhythmischen zurgeometrisch-figürlichenEntniate-
rialisieruDg dürfte sich durch bestimmte Formen der ersteren, etwa die
Symmetrie, ein Übergang finden. Ich meine damit nicht das, was man bis-
her unter einer zum Beispiel dreieckigen Komposition veistanden hat, das
heiBt die Anrangierung und Einzwängung einerGegebenh^t in eine mathe*
matiscfae Figur. Dieser Formalismus ist seinem Wesen nach Naturalismus.
Ich meine Überhaupt nicht ein willkÜrlichesZusammensetzenimSinneein^
Komposition, sondem viehndir, daS der Stoff in dem 'Maße^ ak er sich
entmaterialisiert, auch geometrisiert und zwar zu einer unendlichen Bezie-
hung. Zunächst ist jede Figur in sich variabel, das heißt die verschiedene
Formen eines Dreiecks bedeuten nicht dasselbe. Aber schon die einzelne
Figur hat eine Tendenz, über ihr Einzelsein hinauszugehen. Zu einem auf-
gerichteten Dreieck gehört das mit der Spitze nach unten gerichtete, das
heißt die zcntricch-symmetrische Figur, und beider Durchdringung ergibt
eine neue. Jede dieser mathematischen Figuren steht in einem von ihr
differeiiten Format, so daß ein Ausgleicli gesdiaiien werden muß, der die
innere Beweglichkeit der Figur um lueln steigert, als es sich nicht nur
um eine Angleich ung und Überleitung, sondern um eine Durchdringung
der sich bildenden Grundrichtungen handelt. Denn auch das Format ist
ja nicht gegeben, sondern aus den Grundfundame^nien der Konzeption be-
dingt. . Damit ist eigentlich jede Stabilität in Funktion verwandelt, und
deren Unendlichkdt wird noch reidier und Yoller, sobald wir aus den Wer-
ken der grdBen Künstler ei)cennen, daß sie sich nie mit einer Figur be-
gnQgten,sonderadieentgegengeset2testensichdnanderdurchdringenlie0WL
Und wie sich das zdtUche Moment des Rhythmus in der bildenden Kunst
notwendig mit den beiden Grundrichtungen der Fliehe: Htthe und Breite^
als räumlichen Werten verbinden muBte^ so sind die Momen\e geometri-
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kS Yertuch einer Grundlegung des Schöpfwitelieii
•lHUtM»MMm«tMMMMHlfHimiHnHtkiniiMN4<«M«MII«<>IIMII«<<li<IIMI> •••■»•nMMM«M«MM»H«<ttIlt«lt«»M«tn<fininiMM«MH(«IMM
scher Ordnung unzertrennlich mit solchen der Intensität^ das heißt also der
Zeit verknüpft. Die größte Rolle spielt hier jn der Verbindung der Figu-
ren und räumlichen Richtungen die Intensität ihr«r Betonung, so daß die
einen die Hauptstimmen, die anderen die Nebenstimmen bilden. Alle
orchestralen Momente der Musik ebenso wie die dpr einzelnen SLunmiüh-
rung von fortissimo zum pinno, das Neben- und Ineinander der Stunmen
stehen der bildenden Kunst in gleit her Weise zur Verfügung. Zu diesem
Moment der Intensität gehört die große Fülle der Möglirlikeiteti in der
Dichtigkeit der Flächenbesetzung, der Rhythmus von getüllLer und leerer
Fläche, von offener und geschlossenei l iillung. Vor allem aber die Moniente
der Steigerung uu Aufbau, die in der bildenden Kunst nicht hmlei denen
desDramaszurückbleiben. Somultiplizieren dieseZeitmomentedieKombina-
tionsmöglichlLdten u ndscfaaffeneinevÖlligeUnendlicfakeitderBeziehungen.
Dieses Ineinander der F¨ichen und zeitlichen Gestaltungsmomente
geht so weit, daB die einen die anderen TOllig auiUisen. Und sobald die
beiden Momente zu voUstlindiger Deckung gekommen sind, sind sie so
sehr TOn aller Starrheit mathematischer Kgur und rhythmischer Gebun-
denheit «UM, so s^ir in sich lebendige, ja sich selbst zeugende FVmktifm
geworden, daß wir eine neue Natur yof uns haben, die den Schein der
alten, zu&UigoB, ungestalteten hat. Wie sollte es anders sein, da ja ein
Stoff der Ausgangspunkt der Gestaltung war?
Milden mathematischenFörmenderEntmaterialisierungbleiben wir noch
auf der Fläche. Erst wenn der Körper und der Raum, d. h. wenn die dritte
Dimension in den Zwang der Gestaltung einbezogen wird, kommen wir an
den letzten und eigentlichsten Faktor der Formbildung der bildenden Kunst.
Es kann hier nirht die Rede davon sein, sich in ph^ siologisrhe und meta-
physische Theorien darüber zu verlieren, wie und wo \vir den Kaum wahr-
nehmen. Welches auch die Hypothesen sein mögen, der Prozeß der Ver-
läumlichung hat weder mit der funktionellen noch mit der qualitativen
Seite irgend einen Zusammenhang, da die Grundlage derselben allem in der
These besteht, daß der Raum die drei Dimensionen der Höhe, Breite und
Hefe hat, und zwar eine jede in unendlicher Ausdehnungfar unsere Organe.
Die Aufgabe bestimmt sich allein aus dem Wesen dmr abscdutrai Gestaltung:
daß sie ein von aller Realität unabhängiges, in sich gegrflndetes Wesen
schaffe. Da wir nun die Konkretiderun^ d. h. die Festhateung der Drei-
dimensionalitätaUdasunumg^nglidisteAnadnicksgebietderlda
haben, so fol'gt daraus, daB dieKürper- undRaumbildungderMalerei durch'»
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Versuch einer Grundlegung des Schöpferüchen
N»«tMHI»n«»Mtflm>IMIIM«»MfltMMniMMimi»MMtMMH»H«*tmttttltl*tftHtMt««MMH*nintin»M»«M«in tiii>li«t»«4tiii
aus verschieden sein müsse von der der Natur. Diese Differenz wird näher
bestimmt durch dieTatsache, daß wirinderNaturdiedreiDimensionon direkt
verwirklicht sehen, daß Höhe, Breite und i ieie unnuttelbar vorhanden sind,
während die Malerei, an die Zweidimensionahlat der Fläche gebunden, die
dritte Dimensiun iiidii ekt hervorrufen muß. Die Fläche ist also schlechthin
Hindernis, gleichsam das Ewige, an dein sich der Gestaltungswille des End-
lichen bricht und da$ er in sich aufdehmen, mit sich versöhnen muß, um
fliberhatqpt em GeataHang zu wierdeii. Hkr «diea den tUSbten Grund,
weelialb wir die reine FlSche aUelmen müssen. Sie läßt uns vHUig im
Nidbts, in der Anarchie^ im Nihilismus^ aus dem uns gerade der KflnsUer
herau^Dlhren soQ. DasM^ gilt in Aabetiacltt des Ktfrpeis vom Schein.
Die RaumbUdung der Malerei kann also nur durch einen Ausgleich der
ZweidimendonalitätderFlgcheundderDreidimensionalilfttdesNalmiaum«
erreicht werden. Man &Bte das so auf, als ob die naturhafle R¨ichkeit,
auf der Fläche vorgetäuscht, die Lösung des Problemes wSre. Man glaubte
das um so lieber, als die Perspektive genau formulierbaren Gesetzen und da-
mit einer vdlUgea Konstruierbarkeit unterworfen war. Man verwechselte
da — wie es so oft in der Geschichte der Kunst geschieht — die wissen-
schaftliche Gesetzmäßigkeit mit der künstl (irischen, in diesem Fall die geo-
metrische Gesetzmäßigkeit des physiologischen Raumes mit der malerischen
desselljen. Aber „es ist wiederholt darauf hingewiesen worden, wie sehr
sich d a S) stem unserer Ra m ne i n pt i n düngen, der physiologische Raum, von
dem geometrischen (euklidischen) unterscheidet. — Um Physiologischesund
Geometrisches reinlich zu sondern, haben wir zu bedenken, daß unsere
Raumempfindungen bestimmt sind durch die Abhängigkeit der Elemente,
die wir ABC . . . (Körper) genannt haben, von Elementen unseres Leibes
KLM . . daß aber die geoinetiisGben Begriffesich ergeh«! diirdiriu^
Verg^eidiung der Körper, durch die Beziehungen der ABC ... unteiein-
ander.^ Neuerdings haben denn auch Physiolcgen darauf hingewiesen, daß
zwischen den Forderungen der perspektirischeii GesetzmäBigkdt der Geo-
metrie und der perspektivischen Wahmefanmng des Auges erheUicheDÜfe-
renzen bestehen. Aber nicht dieser Umstand, sondern vielmehr, daß durch
die Perspektive die Fläche nicht in die Gestaltung mit einbezogen, son-
dern durch Illusion aufgehoben wird, und daß die Perspektive nur mit
dem Verhältnis der Dinge unter sich und nicht zum Subjekt rechnet,
das scheidet die naturillusionierende Raumkonstruktion aus der Gestal-
tung aus. Entsprechendes gilt von der Anatomie des Körpers.
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1°
Verauck einer Grundlegung de« Scliöpferischen
Diese AblehnnngdeiAA ispeiischaftsresultalebedeutet nicht die Ablehnung
des Wissens, soiidfcjt ii gerade den Iiilellekt als Funktion. DasW isseii nt htel
sich aui die Giünde. Und diese iverden von der Wissenschaft nicht vn eni-
ger gesucht als von der Makrei^ ihre Resultate sind gleich mannigfaltig,
aher die LOsung auf dem einen Gebiete hat keinerlei Bedeutung für das
andere, weil jedec Ergebnis von den spezifischen Mitteln fo bedingt ist, daß
es nur für ach gilt. Doch haben scheinbar beide Gebiete drei Arten, den
Raum aufzufassen: als Empfindung wie Farbe, Ton, Duftf als a priorische
Form des Bewußtseins, als synthetische Äuffassungskategoriej und drittens
überhaupt nicht als etwas Seiendes, sondern als eine Aufgabe, ihn zu
Schaffell. Für uns ist allein die Frage, wie diese sich vollendet.
Sie besteht in einer Verendlichung und Zusammenfassung in Höhe und
Breite. Hierdurch bestimmt sich der Ma ßst ab und damit die Wirkungsform
des Einzelnen. Vor allem aber in der Umsetzung der Tiefendimension aiif
die Fläche. Sic wird erreicht durrh einen empkmdenen und mit einheit-
lichem und spezifischem Littel gew onnenen Ausgleich zwischen Raum und
Ebene. Das will besagen, daß der Künstlei.aus der Flä( he orp;ani?rh eine
dritte Dimension herausarbeitet und so die Dreidirnensionalitat des Gegen-
standes — Kubus oder Raum — auf der Flüche }]ä]t. Diese Spannung
zwischen den Dimensionen ist dur( haus nichts Technisches, sondern es han-
delt sich in ihrem Ausgleich um den hauptsächlichsten, aus der Intensität
der schöpferischen Stimmung stannnenden Sdn ut dei schöpferischen Tat.
Indem ichden Ursprung aus der Intensität nachdrücklichst betone, trete ich
wohl in Gegensatz zufiUldebrand, dem das große Verdienst gebührt, dieses
Wesentliche in der Formbildung zuerst heraüsgearbdtet zu hab^. Wäh-
rend Hildebrand schdnbar nur einen Ausgleich zwischen Raum und Fläche
anerkennt, den der klassischen griechischen Plastik und der Renaissance,
also gleichsam eine Form a priori als Ideal aufttellt, hat für mich die Form
eine a posteriorische Stellung und es gibt eineMannigfaltigkeit von Formen.
Das Gleiche wie vom Kubus gilt vom Raum. Durch diesen Ausgleidi mit
der Fläche wird der Raum Funktion, und zwar in sich lebendige, sich *
selbst bildende Funktion. Diese läßt sich nicht anders beschreiben als
durch den Wechsel des Hervor und Zurück, Hinein und Heraus, Hinauf
und Hinunter und durch die Kontinuität dieser rfiumlkfaen Relationno.
Subjektiv übermittelt sie das Gefühl der Eigenerzeugung, als sei der
Stoß der bisherigen Teile, das heißt deien innerer Elan und Beziehung
zum Ganzen, der Urgrund ihres Seins. Der (irund hierfür liegt im sich
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1
Vcrsiic}) einer Grundlegung des Schöpfens c1k->i 4I
•»t«ftta«ttit*«(ti*l**>t«M»ttiifffi*iiiit ■Miiiifiitiiii*iiii«ii4(tii4i<iiiri I« tii»ittitiii«fii«al •»•II l«lffl««lliti ••«•>! «t««ifttfi««>iiiliiifitf«ii«tiiitii««fiifan
selbst set zenden Konflikt und der Forderung, daß der gesamte Ablauf aus
ihm resultiere.
Mit dieser Al t der Raunibildung scheint mir aber jenes andere Problem
nicht erledigt 7.u Fpin, dasdiemathematisLhePerspektivkonstruktion vergeb-
lich zu lösen sitii i>cniüht hat: ririch welchen Ge&etzen verkleinern sich die
Ciegenstände im so geschafienen Kunstraum? Die Größenabnahme der Ge-
genstände in derEntlernungist offenbar ein Grundprinzip derRauiribiidung
überhaupt und der Maler, der auf die Gründe der Objektwerdung zurück-
geht, wird es berücksichtigeD niQ$6en. Sdne Lösung 'wird zwar immer aus
der Inteoshät der schöpferischen Stimmung fließen, aber es ist ja gerade
Sinn und Aufgabe der Wissenschaft, hier Gesetzmäßigkeiten zu bilden. Wir •
mtlssenauf den grandiosen Versuch Leonardos zurückgreifen^ um hier eine
Lösung anzubieten. Er iand, „indem er den Raum der Bildfläche zwjsdien
der Grundlinie und dem Horizont infünf gleiche Distanzen perspektivisch
einteilt und als Einh^tsmaß jeder Distanz die Entfernung des Auges von
der Bildiläcbe annimmt, daß die Verhältniszahlen in den fünf Abständen •
^rnau mit den Zahlenverhältuissen stimmen, die die Hauptintervalle der
Musik beherrschen ... Es ist vmusgesetzt, daß der Augenabstand von
der Paricle, der Bildwand, vier Ellen beträgt. Die erste Figur im Bilde ist
Twim?]^ Ellen weil vom Auge entfernt, also in der Distanz von 20 : 4 = 5,
sprich lünf Maßeinheiten von Gradenj sie verliert daher *jr, ihrer natür-
lichen Größe. Die zweite Figur, von gleiiher Größe wie die erste, ist 40
Ellen, also 10 Grade vom Auge entfernt; sie verliert die Hallte Von der
Größe der ersten Figur, die nur mehr ^/j von Manneshöhe besaß, d. h. sie
verliert */io "^^^ behält Vio ihrer waliren Größe. Die dritte Figur verliert
"/to ihrer Grölie^ sie hat nur mehr ^/^o ihrer wahren Höhej denn sie be-
findet sich in einer Distanz von 8 Ellen = 20 Manneslängen, befindet sich
im flo. Entfemungsgrad vom Auge . . . Hier ist dasVerh^tnis der Distan-
zen so— 40 — 80 bei 4 EUen langem Abstand, und die Proportion der
Größenbilder ist ^/»*— Vio — Vso • • • sio beruht auf dem Prinzip, das Leonardo
die doppelte Proportioüialität nennt Diese Proportion läßt, wie Ludwig
sagt, den für die Malerei so wirkungsvollen, weil in den Verhältniinen über-
ausldcht und deutlich erkennbarenAkkordvonOktaTezuOktave erklingen.''
Der Raum in seiner völligen Gestaltung kann nur eine kontinuierliche
Einheit sein. Die Frage nach der Möglichkeit mehrerer Zentren wird ihr
untergeordnet Die Diskontinuität zerlegt denRaum inVorder-,Mittel< und
Hintergrund und macht ihn zu einem zusammengesetzten. Dieser loimpo-
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18 Vecradi einer Gtondleguiig dct SdiSpferitdieii
l««»M«l>M«MHIIIM M IllllWlllllllllllll MMM IIII>|iMI» M »IIMIMt M I«»MttMllttM«MWt»Wtm«IM««M»t»l»tW«»>t«M»III M IIIIllllllllW^ ^
sitäre Raum bezeugt eine mangelhafte Gestaltung. ¥ln anderer Unter-
schied in der R-aumbildung liegt darin, ob die Tiefe in ParaUelebenen
zur Gnmdebeiie erreicht wird oder in der Oiagonalebene ; das erstere
nennen wir eine struktive, das letztere eine destruktive Raumbildung.
Dieser Gegensatz liegt an sich nußerhalb der Ranm^estaltiingj ist aber das
fundamentalste Charakteristikum der Raumbildung und der Modellierung.
Mit der Verräumlich ung aber ist der Pro/eß der Fonnblldung nicht er-
schöpft. An sich mag der Weh der Objekte jede zeitlii he Bev-s egung, dem
rein zeitlichen Ablauf der psychischen Inhalte jede Verräuinüchung viel-
leicht w irkiich fehlen. Sobald der schöpferische Trieb sich beider bemäch-
tigt, ist er gezwungen, Zeit und Raum /m verbinden oder besser, beide
in ihren Funktionen sich durchdringen zu lassen. Auf jeder Gestaltungs-
stufe herrscht Zeit- und Raumzusammengehörigkeit, gemeint aber kann
nur jene one sein, auf der sie, von jeder Naturbeciehung befreit, in dch
selbst irerläuit und ruht. Daher mflssen ym die naturhafte Zeit sowohl
in ihrer Unendlichkeit^ tvie'in ihrer punkthaflen Fixierung und die wissen-
schaftliche Zeit des Physiken ablehnen und anakg die kfinstleriscfaen
Bildung des Raumes eine solche der Zeit fordern.
Ein gleidies gilt iQr die kausale Verknüpfung, sowohl inbesugaufihre
enge Zusammengehörigkeit mit Raum und Zeit, wie in bezug auf ihre Ge-
staltung. Erst mit der Vereinigung dieser drei Teile zu einem neuen Ge-
bilde ist die Welt der Form als eine eigene geboren. Sie hat ihren Kno-
chenbau und ihren Blutlauf in sich und es fragt sich nun noch, wie sie ihr
Wachstum vollendet. Denn wir sahen ja, daß der Organismus im Prinzip
eine unendliche Zahl von Beziehungen bedeutet, daß aber die Forderung
eines endlichen Werkes trotzdem nicht zu umgehen war. Den Ausgleich
schafft die Kontinuität der Formbeziehungen, die in ihrem lückenlosen Zu-
sammenhang die Unendlichkeit vortäuscht. Alle einzelnen Motive entspran-
gen — so erkamitt n wir — aus dem sich selbst setzenden Konflikt und seine
Vollendung zum Ürganismus bedeutete ein Herausarbeiten der ihm inne-
wohnenden Möglichkeiten, üiese in einen stetigen Zusammeniiang zu brin-
gen, so daß sie auf- und auseinander folgen, wie auf das Erheben des Armes
das Ausstrecken und der StoB^ das all^ ist der Shm der Kontinuität der
Motrve. Sie sichert dem Werke eine innere, ihrer Entstdiung nach indirekte
Lebendigkeit, die aus der Beziehung aller zu einer KontinuitSt verwachsen-
den Motive besteht^ in dem Organismus des Werkes, das den Schon eigener
ZeugungskrafI erweckt. Eine zweite Art ist die direkte Lebendigkeit, die
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YttMudi MB«r Gtundlegung dM SdM|£iriidi«B . 45
darin besteht, daß das Material durch eine zusatmnenhängeiide und ifem
nflancterte Lichtgebnng Tergeistigt ist Das Material als direkter Licht-
träger ist lebendig geworden und hat etwas Vibrierendes bekommen, das
den Schein der Eligeiibeweglichkeit des natürlichen Lichtes vortSuscht Es
wird der Schein erweckt, als ob die Natur hier wirke, im ersten Fall ab«r,
. als ob ein Gesetz der Natur sich erzeuge. Der schöpferische Trieb, der in
seinem Willen zur absoluten Gestaltung auf das letzlere gerichtet ist, kann
den völlig naturahstischen Schein in dem Grade erreichen, als er sich rea-
lisiert Der Sinn dieser Realisierung ist ein durchaus innerer. Jeder Schaf-
fende mag das Bewußtsein haben, daß seine Schöpfung etwas Zweischnei-
diges ist. Daher vermauert er seine Wahrheiten mit allen materiellen Ge-
gebenheiten seiner Kunst. Hat man die Angst, die Verantwortung des
Schaffenden noch nicht gehört: „L'art ne s*adresse qu' a im nombre exces-
sivement restreint d'individus" (C^zanne). Oder man lese Descartes' Einlei-
tung zu seinen^Betrachtungen über die Grundlagen der Philosophie'^. Pous«
sin hat um seine Wahrheiten Geschichten und Histncien so gut herumge-
steUty daß man ihn fost drmhundert Jahre lang als Historieneizähler nimmt.
Diese Vermauerung ist nicht Absicht, sondern letzte tmd konsequen-
teste AusnutzungaUer imSchaffensakt gegebenenMOglidikeiten. Sieeihttht
suj^bididenimnianentenDzangsur Wirkung. Indem dieGestaltung in den
Sdiein der Natur au%eldst wird, wird eine Welt gescha£Een, die wegen
ihrer Vertrautheit alle befriedigt. Alle Menschen kttnnen in ihr wie auf
einer lichten, blumigen Wiese tummeln und nur wenige ahnen, daß sie
eine gefällig Decke über Abgründen ist. Darin li^t der Sinn des Kan-
tischen Prinzips der allgemeinen Mitteilbarkeit.
Hier müssen wir nun das Verhältnis von Kunst und Natur genau be-
stimmen. Nach unseren Ausführungen brauchen wir die Identität vonKunst-
und Naturgegenstand nicht noch ausdröcklich abz\üehnen. Der Sinn unserer
ganzen Dai-stelluiig war die Verfolgung des Prozesses, dei ans dem Mdterial
der Natur Kunst schafft. Er stellte sich uns dar als ein Zurückgehen von dem
nur Gegebenen auf die Funktionen des Bewußtseins und die Gesetze der
ObjektwerriurijS;; als ein TotaliLätserlebnis der\^ ell^ als cme Entmatenali-
hieruiig der Wirklichkeit zu. einer anschaulichen und organischen Welt der
Kunst — kurz als ein Prozeß, der von dem nur Indi^uellen^ dem nur
Gegebenen, in eine totale und gesoUte Well fidute. Wenn diese dch nun
SU realisieren, d. h. zu individaafisiereDy dem^Sdieine und der ZufiUlig^t
^des nur Realen zu nXhem beginnt, so kann auch der Gegenstand der Re-
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Venucli einer Grundlegung des Schöpferischen
>HH>MimHm|*MMIIItHflMH>IMMMniHnMIMtMlinilllMtMII>IIIMniMmiN«(Hn<<llll>>>IUII>MIMt<nii>nilMIMIIIIIIMIIIIIIIIIII>M
alisation nur mehr der der Gestaltung sein, nur aus dem bisherigen Ab^*
lauf des Prozesses in Gestalt und Qualität geboren werden. Aber nach
den Gesetzen der Objektwerdung dürfen wir schließen, daß dieser Ge-
genstand konkret d. h. dreidimensional sein muß. Wir werden also da»
Verhältnis in folgenden Thesen formulieren können:
Da die Kunst ltiieolügl^cll auf ein Absolute s, das Bild, geht, so ist der
Gegenstand und der Zusammenhang derselben den bildorganischen Ge-
setzen unterwoifen, und wir haben nur solche Gegenstandsformen gelten
zu lassen, die sich bildorganisch begründen. Nur diese sind gekonnt.
Sonst handelt es sich um imitative oder expressive Fähigkeiten.
Da ach die Kunst der (inneren oäet äußeren) Realität bedienen muß,
da ohne diese der schöpferische Trieb überhaupt undenkbar ist, so wird
sie ihre Erlebnisse organisch nur in ihrem Wissen über die Gegenstände
ausdrücken kdnnen. Und wenn wir hier alles abstreifen, was Stoff ist, so
bleibt das Dreidimensionale, Konkrete, Ding^afte übrig. Dieses durch
Wissen geklärte Kubische kann ungewohnt, aber nicht unklar sein.
Wenn es nun im Wesen der Malerei liegt, ihre Erlebnisse im Gegen*
stand aufgehen zu lassen, so wird sie vielleicht in dem Maße Stärker sein,
als siedieErlebnis&e in Eigenschaften, also Stoffliches des Gegenstandesauf-
gehen lassen d. h. als sie Realität zur Erlösung der Erlebnisse vom Z wang
der Gesetze setzen kann. In diesem Umkreis liegt das Problem der Psycho-
logie als R rnli<^atlonsmittel, al«o als Mittel und nicht als Selbstzwork.
Damit rrledigt sich das erkenntnistheoretischeProblcm von dcm\ : t halt
Iiis des Seins zur Gültigkeit des Sollens und im speziellen das Verhältnis von
Natur- und Kunstrealität. Gerade in jüng-ler /.eil hat man Sul)]ekt und
Kunst identifiziert und in Dogmen, die nicht weniger platt sind als uieder
Naciidiimungstheorie, in allen Spielarten behauptet, daß der Stoff gleich-
gültig sei und ein Unterschied zwischen einer Madonna und einem Kohl-
köpf nicht statthabe, ja daß Kunst jeder Gestalt entbehren und direkt in
den Materialien sich ausdrücken klinne. Kaudinski hatte den Ehrgeiz, dieser
andere d'AIembert zu sein. Diese Dogmatisierung des stofflichen Mangels
weift notwendig auf einen Defekt des Subjektes^ da es erkenntnistheorettsch
kein Subjekt geben kann ohne die Tendenz zum Objekt. Man Terwecfaselt
die psychische Individualität, das psycho-physiscfae Subjekt mit dem Be-
wußtsein überhaupt und sucht dufdi das Dogma nur zu yerdecken, daß
dieVerbuidung unter den ichdpferischen Funktionen unterbrochen und ge^
hemmt ist, kurz daß ein künstlerisches Schaffen überhaupt nicht vorliegt.^
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Vanadi eiiMr Gnuiikcmig det SehBpfiwitelMB 45
Für dieses aber ist die Beziehung zwischen KiuT^t und Gegenstand klar —
sowohl in seiner Bedeutung als Ausgangs})uakt wie in der als Mittel dei-
Realisierung. Es bleibt nur die Frage, unter welchen Bedingungen diese
vor sich geht.
Die ( h adeder Realisierung sind die Gestalt und das Sujet. Die Gestalt ist
unumgänglich und jede Kunst scheint ihre eigene zu haben. Wie der Pla-
stik der einzelne menschliche Körper beGonders zugehört, so der Malerei der
räuxnHchB Zusammenhang zwischmi Körpern überhaupt Jede Gestalt hat
durch ihren äußeren Umfange ihren inneren Gehalt und ihre qualitativen
organischenoderanorganiscfaenEigenschafteneineEigenbedeutungjdievon
dem Künstler nicbt nur nicht zu TemachlSssigen, sondern gerade als Rea-
lisierungsmittel zu gebrauchen ist. Geht die Realisierung bis ins Sujet, so
gilt es -vor allem, die adäquateste Sinnlichkeit des StofSss zu wählen. Die
Bedingungen der Wahl können hier nicht erörtert werden. Aber über den
Stoff sdbst muß einiges gesagt oder besser aus unseren Prämissen gefolgert
werden. Von jeher hat man gewußt, daß nicht jedes Sujet Gegenstand der
Kunst sein könne, aber außer der belanglosen Teilung in schön und häß-
lich — die beide in gleicherweise nur Stoffe, Mittel der Gestaltung sind
— hat es an jeder Abgrenzung gefehlt. Bedingung ist, daß in der ad-
äquaten Sinnlichkeit ein antithetisches Moment eingeschlossen ist. Darum
widerspricht ihr das nur Einmalige, schlechthin Seiende oder Werdende,
der nur reale Gegenstand und das reine psychische Erlebiiisj das Fertige
und das nur Allgemeine, das außerhalb jeder Gestaltungsmöglichkeit liegt;
und das schlechthin Unendliche, das dem Willen zur Realisierung über-
haupt widerspricht. Mit aiideien Worten jeder Panvitalisuius, Panpsychis-
mus, Panästhetizismus, Pantheismus. Diese adäquate Sinnlichkeit aber be-
darf des fruchtbarsten Motives, d. h. desjenigen, das zugleich das allge-
meinste und besondecste^ das ewigste und indindudlste darstellt. Diese Mo-
tive müssen dann kontinuierlich miteinander verbunden sein. In dieser
Stetigkeit des Ablaufes der sinnlichen Erscheinung ist die KontinuitKt der
Formen^ von der wir oben sprachen, in die Ebene der Realisierung über-
tragen und schafft hier einen neuen und erhöhten Grad derNatfirlichkeit.
Die innere Unendlichkeit der Form wird zu einer unendlichen Lebendig-
keit der Gestalt und des Stoffes, die sich erhöht, da die Realisierung der
absoluten Gestaltung auch dort, wo sie sich bis in den einzelnen Körper
faineii^ erstreckt, nicht direkt ist, sondern indirekt. Die Kunst hat einen
„quasi corpus" gefunden.
a
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ij^D Vernich einer GnHidle^|an^^ det Schöpferischen
So haben wir den weiten und typischen Weg von der Natur über das
beschreibende Wort und den abstrahierenden Begriff zur Form, von der
Meinung über das Urteil zum Prinzip^ vom Emy aber die konstruierte
Ordnung zum^ System gemacht, um zu dem Sdhluß zu kommen: daß
Kunst in diesem vriß Natur ersdieinen könne.
Nachdem wir so den Weg desschöpferiscfaen Triebes vollendet haben, wird
es nur als eine logische Folgerung unserer Gedanken erscheinen, wenn
wir ausdrücklich dieAUgemeingültigkeit des schöpferischen Resultates be-
haupten. Sie kommt aus den völlig objektiven Piinzipi^ dieses Schaffens
selbst, die wir erkannten in dem Zurückgehen vom psychischen Subjekt
auf die Gmndtatsachen des Bewußtseins selbst und vom physischen Objekte
auf die Gesetze seines Werdens,- in der Fordeiamg der Harmonie und To-
talität aller Bewußtseinstatsachen, in der Forderung der Konkretheit und
Totalität der Objekte; in dem Prinzip der völligen üurcfidringungund Auf-
lösnne; des BewiiBtsein«; in die Gesetze und schließlich in den Schein der
Objekt weit; vor allem aber in dem einheitlichen und gesetzmäßigen Verlauf
des schöpferis( hen Triebe, in der Gesetzmäßigkeit seiner Funktion, die von
der realen Welt zum „quasi corpus" der Kunst führte. Objektivere Prinzi-
pien lassen sich auch zur Begründimg der wissenschaftlichen Welt nicht
finden, grundsätzlich schon darum nicht, v^eil sie, sofern sie gültig sind, die
SchaiFung der künstlerischen Welt zugleich mitbegrflnden müßten. Wir
sahm femer, ^e in dieser neuen Welt eigene Gesetze und eigene Logik
herrschen, die sie vollenden und ihrem absoluta Ziele nahe bringen. Der
schl^eiische Trieb objdctiyiert sich so vollständig als möglich, wenn er
eine Welt schafi^ die, mit eigenem Leben begabt, nach ihren eigenenPunk-
tionen lebt. Aus dieser ObjektivitMtstammtdieAUg^neingültigkeitdttWer*-
kes; denn wie sollte eine in sich lebendige und ihre eigenen Funktionen
restlos erfüllende Welt zu negieren sein? wie und von wem? G^;en diese
Welt ist jeder Skeptizismus machtlos, es sei denn derSkeptizismus gegen den
sdiöpferischen Trieb selbst^ wir sahen, daß dieser konsequent nur im reli'
^ösen Quietismus enden kann, also völlig außerhalb der schöpferischen
Welt. Auch besagt es nichts gegen die Allgemeingülti«;keit der absoluten
Gestaltung, daß sie vom schöpferischen Trieb nur selten erreicht wird. Hier
können wir auf dieStufen der Gestaltung zurückverweisen. Und damit glau-
ben wir dargetan zu hnben, daß Kunst nicht Geschmacksache, überhaupt
nicht Sache des Geschmackes ist, sondern das Bilden einer realen, organi- .
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IMMIMtr
sehen und notwendigen Ganzheit als gestaltende Aktion einer Erlebnis-
summe diu e il spezielle Mittel und Materialien.
Aub dei Allgemeingültig keiL der absoluten Gestaltung folgt nun aber
notwendig die Forderung, daß eine allgemeingültige Wertung des Kunst-
werkes möglich seL Wenn anders wir recht haben^ muß der Satz Kants
zu Unrecht bestehen: „Obgleich also Kritiker, wie Hume sagt, schdnbarer ■>
vemfinitefai.kttnnen als Köche, so haben de doch mit diesen einerlei
Schicksal Den Bestimmungsgrund ihres Urteils klbmen sie nicht yon der
Kraft ihrer Beweisgründe^ sondern nur ^von der Refiexion des Subjekts
Aber mum eigenen Zustand (der Lust und Unlust) mit Abweisung aller
Vorschriften und Regeln erwarten." Und in der Tat lassen sich solche
Beweisgründe in den Prinzipien der Gestaltung finden: der Grad der Ge*
staltung und der Umfang der Erlebnisse^ als zwei Seiten desselben Triebes^
werden uns völlig objektive Maßstäbe sein. Es ist von vornherein selbst-
verständlich, daß sie för uns nur im Werke selbst liegen und wir werden
sagen können, daß jenes Werlc Ha? wertvollste ist, das den |^rößten Vm-
iang und die größte Vertielung dei Krlf bnispe in die absoluteste Gestai-
tung bringt. Mnn wird also zur Wertung eines Werkes, das sich als Kunst
ausgibt, drei Fragen zu beantworten haben: die Stellung des Werkes zur
absoluten Gestaltung d. i. die absolute Wertung;
die Stellung innerhalb seiner eigenen Gestaltungsstuie d. i. die relative
Wertung;
die Stellung zur Kunst überhaupt d. i. die Schwellenwertung. Schon
diese methodisdi ftür jede Beschäftigung mit der Kunst wichtig^ Wer^
tung ist heute am unsichersten. Haben es doch die namhaftesten Ästhe-
tilser fertig gebracht, in der Photographie eine Kunst zu sehen.
Psychologisch betrachtet, wird sich der Prozeß der wertenden Stellung^
nähme nun durchaus nicht mit der Wertung nach diesen objekti'ven Prin-
zipien erschttpfen. Viehndir wird der bewußten Qualitätswertung eineun-
bewußte Intensitäts Wertung vorangehen. Wir sagen gut oder schlecht, lange
ehe uns die Gründe zuBewußtseingekommensind. Dies widerspricht durch-
aus nicht; vielmehr korrespondiert es aufs glückliebste mit jenem Weg des
schöpferischen Triebes zur Entmaterialisierung und zur reinen Intensität
der schöpferischen Stimmung. Doch bedarf diose? Urteil der konkreten
Begründung, und wir sahen, wie es diese allein finden kann.
Weiter in die Welt des tatsächlichen Sein«; uns verbreitend, hal)en wir
keinen Grund zu verschweigen, daß die reale Beziehimg zwischen dem
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Kunstwerk und dem Betrachter zugleich eine ganz neue Wertuiigsskala,
nämli« h die der Brauchbarkeit sc baift. Ich meine damit nicht nur die
äußere Brauchbarkeit als Wandsi liiiiuck, nk Verkaufsübjekt usw.^ sondern
auch die innerlichezur Auslösung einerStimmung^alsharmouischesGeiiaB-
mittel, ja selbst zur Erziebung usw. Hier ist der WertungsnoaBstab nicht
mehr imnumenty sondern relativ zur Welt des Seins, für die er gebraudit
wird. Von dieser Brauchbarkeitsskala führt kein Weg hinüber zur abso-
luten Wertung. Hier herrscht eine völlig transsubjektiTe AUgememgflltig-
keity die ganz unabhängig ist yon einzelnen Urteilenden, dort eineTdllige
subjektivistisclie WUlkür, die lUtchstens durdi ein Additionsverfahren zu
ordnen oder durch ein externes Prinzip zu sichten ist, die aber selbst in
ihren Methoden der Ordnung niemals den Boden der Willkür verlassen
kttsnen^ wir können deshalb nur einen Maßstab allgemeingültiger Wer«
tung denken, dagegen Hunderte von Möglii^eiten zur Uberwindung
der Willkür auf dem Boden des Subjektivismus. Und da das Wertungsbe-
dürfnis der Kunst gegenüber nie ganz zum Schweigen zu bringen war,
so haben wir durch die moderne psychologische Ästhetik tatsächlich*eine
solche Reihe von Vorschlägen zu hören bekommen.
Um niciils weniger möglich, als (wie liier versucht) vom individuellen
und subjektiven Akt her zu einer Wertskala zu kutntnen, ist der andere
Weg, den Grad der Allgemeinheit des Urteils zum Maßstab zu nehmen.
Wir sahen schon, daC das Allgemeine, das Wesen, der Begriff nicht der
Sinn der absoluten Gestaltung ist, und dementsprechend ist auch das den
allgemeinen Menschen fordernde Urteil nicht das allgemeingültige Wer-
tungsurteil. Hierher gehören auch alle ron außen herangetragenen Prin«
zipien der Biologie| des Pragmatismus, der Metaphysik und der Mystik.
Überall handelt es sich noch um Brauchbarkeitswertungen, wenn diese
auch aus der Weit des realen in die des transzendentalen Seins verrückt
«nd. Für die Kunst als Kunst gibt es keinen Maßstab der Wertung
außerhalb der Gestaltung selbst
Wo aber ist das Subjekt, das dieses reine und in seiner Reinheit allge-
meingültige Wertungsurteil fallen kann? bt es der Betrachter, der vor
dem Bilde — alles um sich herum vergessend — nur sich selbst genießt?
Ist es der, der den Inhalt sucht, die Anekdote, die Naturanalogie, ein
Symbol für Unsichtbares? Ist es der Gourmand, r!er die Schönheit der
Farbe wie einen alten Wein sclilürft, oder der Formaiist, der Beziehun-
gen bewundert? Welchen von all diesen Betrachtern setzt der Künstler
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Venuch einer Grundlegung de« Scliöpferischen „„„„„„„„„„„„„„jj^
~ rng wir sahen — notwendig in seinen ScbafifensaJa aelliBt? Erkenntnis-
kritisch keinen von all diesen, sondern ein geschaffmes, gedachtes Sab-
jekty das alle jene FBhigkehen in der Ebene der Betrachtung haty die
beim Schaffen tätig waren: sich von aller Materialität befreien und To-
taHtätcai nachempfinden zu können« Dieser Betrachter fragt — indem er
die Werdung des Werkes nachwlebt — nach dem inneren Ziel desselben.
Damit variiert der Kunstgenuß auf jeder Gestaltungsstufe und wird fCür
jeden Betrachter auf der ihm adäquaten am stärksten sein.
Aus der eventuellen Nichtexistenz eines solchen Betrachters er-w^ichst
unserer Deduktion kein Vorwurf, da pie ja nichi Bestehendes konstatieren
oder ordnen, sondern den Sinn desselben, soweit er notwendige in ihm
hegt, ciufzeigen wollte. Und für die Kunst und den Künstler — denn
wo gehören Beruf und der Berufene so zusammen wie hier? — wäre
das nur eine Diskrepanz, ein Dualismus mehr, wie wir deren ja viele auf
dem Wege des schöpferischen Triebes gefunden haben. Ist ja der Künst-
ler, der das Üdium des Sozialen auf sich nimmt, als Mensch für jedes so-
eiale Leben unbrauchbar, der völlig Fremde, dem die Welt ein Schau-
spiel ist^ eine modellhafte Unwirklidikeit; endet doch er, der die Last
des Absoluten wie keiner trägt, verfemt als ein Gottloser auf dem Sdiei»
terhaufen oder am Kreuz^ er, der die Welt in ihrer Totalität bildet, -muß
all die kleinen Dinge, an denen sein Herz hängt, aus seinen IBüiden
rollen sehen; er ist der hartnäckigste Arbiter und Kdnig zugldch. Prie-
st» und Märtyrer, der frinatischste Wahrhätssucher und Komödiant.
Und dodi ist dieses groteske Bündel von Kontrasten, ist dieser schöpfe-
rische Mensch der einzige, der unserer Existenz innerhalb des Endlichen
ihren Sinn gibt, der einzige, der uns yon der Verzweiflung der Skepsis
und vom Quietismus des Rehgiösen zugleich befreit und damit unsere
wahrhaft menschliche Existenz Qberhaupt erst ermöglicht.
„Sie wollen Euch glauben machen, die schönen Künste seien entstan-
den aus dem Hang, den wir haben sollen, die Dinge rinj^ um uns zu
vers( honen. Das ist nicht wahr! Denn in dem Sinne, in dem es wahr
sein könnte, braucht wohl der Bürger und Handwerker die Worte, kein
Philosoph.
Die Kunst ist lange bildend, ehe sie schön ist, und doch so wahre,
große Kunst, ja oft wahrer und größer, als das Schöne selbst. Denn in
dem Menschen ist eine bildende Natur, die gleich sich tätig erweist, wenn
seine Ejcistenz gesichert ist.
Pkano 4
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50 Vemadi einar Qnmßggmg 4» Se h gpiiBriwihwi
Diese charaktemtische Kunst ist nun die einzig wahre. Wenn sie aus
inniger^ einiger^ selbständiger Empfindung um sich wirkte unbekümmert^
ja unwissend alles Fremden, da mag sie nun aus rauher Wildheit oder
aus gebildeter Empfindsamkeit geboren werden, sie ist ganz und leben-
dig. Da seht ihr bei Nationen und einzelnen Menschen dann i^nzählige
Grade. Je mehr die Seele sich erhebt zu dem Geiühl der Verhältnisse,
die allein schön und von Ewigkeit sind, deren Hauptakkorde man bewei-
sen, deren Geheimnisse man nur fühlen kann, in denen allein das Leben
des göttlichen Genius sich herumwalzt; ]e mehr diese Schönheit in das
Wesen eines Geistes eindringt, daß sie mit ihm entstanden zusein scheint,
daß ihm nichts genug tut als sie, desto glücklicher ist er, desto tiefge-
beugter stehen wir da und beten an den Gesalbten Gottes.^ (Goethe)
■lUMUUllllUiMIMUtMNMl
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DIE EROBERUNG DES NEUEN LEBENSGBFÜHLES
„L'art ce n'est qjM Tötude de Ta nature; nous
n'inTentons, nous ne cr^oiis riea/' (Rodin)
„II faut garder ni de si pr^ ni de loin. Vous
faussez egalement la Vision cje voiie neil, et si
V()ll^^ niettez l'objel. hur vos yeux, et si vous le po-
sez hors de votre portt^e. De ce que une chose
est ^ph^m^re, ce n'est pas une raison pourqu'elle
soit vanite. Tout est ^ph^m^re, iiiais l'eph^m^re
est quelquefois divin.** (Ernest Renan)
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DER IMPRESSIONISMUS
yylmpressioniBmus ist nicht eine Richtung,
sondern eine Wdtanschaumig.^ (Lifibermaim)
Seitdem Kopernikus den Glauben an die zentrale Stellung der Erde
enlkraltet und sie zum Teil eine» bedingten Bewegungssystems g^e-
raacht hatte, hat die Naturvv'i'^sensrhaft nicht aufgehört, in dieser
Richtung zu arbeiten. Es gelang ihr ui ihrer Entwicklungsgeschichte,
auch dem Menschen seine zentrale Stellung zu nehmen, das anthropo-
zentrische Lebensgefühl zu unterhöhleii und ihm das Bewußtsein zu ge-
ben, daß er nur ein bedingtes Glied einer wohlgeordneten, in ihrer Go-
setzmäßigkeit avSer seiner Einwirkung liegenden Kette sei. Gleichzeuig
bat die Revolution und ihre Folgen den hierarchischen Bau sozialer Ord>
nung zerstört und begonnen^ den Menschen als einen isoli«i»n dch selbst
zu überlassen. Dieser degradierten und erweiterten Menschheit warf Kant
mit seinen drei Kritiken die Verantwortung ftkr die gesamte Welt zu:
die intdUektuell^ die moraUsche und die fisthetkche. Sie haben die ganze
westeuropäische Welt mit napoleonisch-grandioser Tyrannei bezwungen.
Aber sofort s^tzt gegen diese ideahstische Hochspannung des Daseins die
Reaktion des Subjektivismus ein, und einer ein Jahrhundert währenden
Arbeit von Metaphysik und Psychologie ist es gelungen^ nun auch die
Einheit des Menschen zu zersetzen, aufzulösen in die alles bedingende
Macht eines unpersönlichen Gesetzes, den Menschen nicht nur als phy-
sisches, sondern auch als geistiges Wesen, wohl seziert und jeder eigenen
schöpferischen WiUenpkraft beraubt, in das große Gefüge eines allma( h-
tigen (icsetzes einzuordnen. Die Weltanschauung der letzten drei Jahr-
zehnte des vorigen Jahrhunderts (die man die impressionistische genannt
hat, und deren Ausdruck in der Malerei wir behandeln wollen), stellt
gleichsam eine fast letzte Phase dieses Prozesses vor. Wir wollen ihn nicht
in seinen Etappen verfolgen. Denn die Aulzeigung der historischen Ent-
wicklung eines Gedankens oder einer Stilform kann konsequent nur eine
unendlidhe Rmhe ergeben und ^muE' daher mtwendig im Metaphysi-
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Der Impressionistniu
sehen enden. Außerdem aber soll es 'die hauptsächlichste Au^be dieses
praktischen Teil« des Buches sein, zu zeigen, wie sich aus dieser Welt-
anschaiumg def; TmpresRionismus neue Keime zu einer anderen ailtnählich
entwickeln, jenes (irundgesctz des Lebens bestätigend, daß Ende und An-
fang eng verwoben meinander greifen. Wir werden uns daher dem Im-
pressionismus gegenüber mit einer möglichst vollständigen Darstellung
seines Wesens begnügen. Dieses allerdings glauben wir nicht anders er-
leben zu können, als daß wir, von unseren theoretischen Deduktionen
geleitet, nach den Formen seiner Entstehung fragen« Wir werden daher
den Weg Terfolgen müssen, auf dem sich der impressionistische Meatch
sdne Welt schuf und diese in der Malerei ausdrückte, d. b. wie er, auf
sogenannte gegebene Tatsachen reagierend, ihre einheitliche Esdstens
schuf und darstellte. Wir werden dabei wenige auf die Inhalte selbst als
auf die Organe und ihre Funktionsart einzugehen haben und werden
neben ihrer Typik d. h. ihrer Gflltigkmt für alle Erscheinungrfomien des
Lebens, der Wssenschaft und der Kunst zugleich ihren engen Zusammen-
hang mit dem Gestaltungsgrad feststellen. Dieses Verfolgen der Funktion
des schöpferischen Triebes, das nicht eine Darstellung seines psychisch-
zeitlichen Verlaufes bedeutet, wird uns auch unter der methodisch not-
wendigen Statuierung der Darstellung eine Einheit sichern, die uns das
wundervolle Verwobensein aller mentohlichen Funktionen im schöpferi-
schen Akt wie in einem trüben Spiegel wird rihnen lassen.
Das Organ, mit dem der Impressionist seine Welt schuf, war ein dop-
peltes und gegensätzliches: ein analysierendes, atomisierendes, im Male-
rialen und Konkreten verharrendes Sinnesorgan und eine auf das Ganze
gehende 'und den ganzen Menschen in Anspruch nehmende Intuition.
Als Maler von seinem Auge ausgehend, klammert sich der Künstler an
das Objekt, imd voll Erstaunen beginnt sein Sinn gleichsam ei*t zu er-
wachen, und um sich ^cliduend gewahrt er eine nhne Welt. Ja, die braunen
Saucen der Akademie — das war der Tod. Aber der blaue Schatten im
Schnee, der grüne Himmel am Abend, die brbigen Reflex^ das licht-
spid am Kleid einer Frau —das war Lebenj Leb^ an das man sich an-
saugen muBte, Leben Von ungeahnten Reichtümern. Man sah — und
jeder Akt des Sehens wurde sdieinbar eine Welt in der Fülle seines In-
haltes. Das war Wirklichkeit, das war Wahrheit Je mehr man ihn iso-
lierte und auf die reine Wahrnehmung beschrfinkte, um so größer war
die reine Erfahrung, die unmittelbare Gewißheit, die Realität desGegen-
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Die Elroberunff des neuen Lebentgefühles
Standes. Eine W eit hinter dem Gesehenen, ein Wesen hinter der Erschei-
nung? Smriel Skeptizismus war blanke Metaphysik, Gehimspuastmi Ton
Leuten, die durchaus unpraktisch und Inologisch wertlos 'waren, TonLeo*
ten, die nicht sehen konnten. „La nature ... Je sais Tadmirer ^ prtent
et je la trouve tellement parfoite que si le bonDieu m'appelait et mede-
mandait ce qu'il doit y cornger, je r^pondrais que tout est hien et quil
ne laut toucber ä rien." (Rodin) Und steigerten sich nicht die FBhig-
keiten und Möglichkeiten zu schöpferischen Gestalten, je schärfer, nuan-
cierter, eindrucksfähiger dieses neue Erkenntnisorgan wurde? „La sensi*
hilitö de chacun est son g^nie." (Baudelaire)
Was enthielt denn die reine Wahrnehmung? Nicht die Realität des
Objektes. Schon der Umstand, daß in der Organmnsse dasGetast und das
statische Gefülil fehlten — also die beiden Sinne, die i^as Konkrete eines
Objektes hauptsächlich statuieren — zw tif:rt uns hier zu einer Prüfung.
Die Realität war nicht das Ding, sondern der einzelne Bewußtseinsinhalt,
die Empfindung, d. h. ein Schnittpunkt zwischen Geist und Materie. Dies
Subjekt aber — das erkenntnistheoretisch immer notwendig zur Erfassung
. des Objektes gehört — war nicht das Bewußtsein überhaupt, sondern das
{^ychische Subjekt, nicht das steil ungnehmende mit der Fälligkeit zu
apriorischem Wissen b^abte, sondern das betrachtende und damit au den
Gegenstand seiner Betrachtung gebundene Subjekt ^ und dieses in deiner
individuellsten Form. Damit war einerseits die ganze Welthildung aul'
eine von aller bisherigen Erkenntnistheorie ganz Terschiedene Basis, auf
die Ebene desPsycfaologismus projiziert. Objätt und Subjekt standen'dch
nicht mehr als Welten gegenüber, die in dem Akt der Schöpfung in ihren
letzten Wuneln zu vereinen und bis in ihre letzten Ausläufer -in der Er-
scheinung zu versinnlichen waren, sondern sie waren von vornherein mit-
einander eins und immanent. Darum mußte andererseits nichts Wirklich-
keit besitzen, was nicht Bewußtsehisinhalt werden konnt^ weder das
Ding an sich, noch das Bewußtsein überhaupt, ja konsequenterweise nicht
einmal das, was über den einzelnen Wahrnehmungsakt hinausging. Mach
hat diese Konsequenz gezogen. Das Ich, das die Mannigfaltigkeit der Vor-
stellungen bindet, sie zu einer Einheit schafft, ist eine belanglose Fiktion.
„Nicht das Ich ist das Primäre, sondern die Elemente bilden das Ich."
Die reine Erfahrung, der E-VVert des Avenarius, war also eine Begren-
zung auf das vom Ich Erlebte, eine Einschließung des Ich in sich selbst,
in seine eigene Welt, in der ihm eine Erweiterung nur durch eine Spal-
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«WWIMMWMWf»«WWMIlW«ntWll»IMMlWM«»»M»M«MIM»*MttWMI»llllWWMIII MM IM M IIIIIItM«IWMM»Mt>t»>t^
t ung möglich war. Die Reflexion desTch auf dasTrli ergab ein Mich etc.,
eine Reihe ad i:ititiitum, die die Situation des impi essiouistischen Ich als
eines beob.u litr nden noch einmal scharf kennzeichnet.
Das also war das Resultat des einen Organs des impressionistischen
Künstlers: Uie völlige Zerstückelung der Welt in ihren festen Begriffen
als Körper und Ich, die Individualisierung des einzelnen Sehaktes, der die
einmalige und jedesmal liesondere psychisch-physische Gegebenheit ent-
biet, die Anerkennung desselben als Wahrheit, so daß demGesehraiennur
das Nichtgesehene, nicht das richtig oder falsch Gesehene gegenübenteHt.
Aber scbondieses Orgpoi selbst weist über seine atomisierende Funktion hin-
ausy indem es sich durch die andern Sinnesorgane yervoUständigt, sich mit
ihnen zu ein«r neuenEinheit yerbindeL Fs waren TOraUemdiesogenanntein
niederen Sinn^ die sich mit dem Auge zu einem großen Fest verbanden, das
einen hineintrug in d ie t i eis ten Geheimnisse des Daseins. Maayermiscfatesiey
spradi von audition color^e, und Baudelaire schriebdenbekannten Hymnus :
Wie lange Echos fem zusammenklingen
In dunkler Einheit durch die weite Luft, ^
So wollen stark und innig sich verschlingen
Die tief verwandten: Farbe, Ton und Duft.
Die Kinheit der Sinne wurde zu der Forderung, daß der ganze Mensch
mit seinem Fühlen, Wollen und Denken an der Schaffvuig der Realität be-
teiligt sein sollte, und Bergson schuf diesem iVIensclien ein einheitliches
Organ; die Intuition. Sie bedeutet den Gegenpol zum analysierenden Auge
(Intellekt). Denn sie trägt den Menschen gleichsam vor aller bewußten und
notwendig vereinzelnden, absondernden Tätigkeit des Intellekts in das Ganze
als Ganzes hinein und zwar an seine Quellen. Diese konträre Doppdiheity
diesesSchwankenzwischendenPolwdeseinenruhend^undanaljsierenden
Auges und der den ganzen Menschen in das Absolute hineinfahrenden In-
tuition zeigt deutlidiy daß dieOrganmasse in ihrer Struktur ungegliedert
und uneinheitlich war, weil sie die tiefisten Wurzeln des Sulqektes negterta.
Welches aber war nun die Ganzheit, die die Intuition unter die vlfllig
zerstOckelte imd in ihrer Zerstücklung statuierte Empfindung ausbreitete?
Buie Einheit, die im Menschen keinen Platz gefunden hatte, mußte not-
wendigerweise eine überempirische, eine metaphysische sein. Es war die
Einheit des Gesetzes, die Einheit des Geschickes, die Einheit des Kosmos.
Es war das All als Bewegung. Das Absolute, die Einheit war ein Strom,
d^, in unaufhÖrUchem Rollen sich ergießend, nicht nur alle festen Begriffe,
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Die Eroberung de« neuen Leben*!
alle Substanz wegschwemmte, sondern jedes Ding der Realität von sich aus
bestimmte, formte, bildete. Dieses Absolute war der ew ige Fluß, die große
Bewegung von der Anidbe zum Menschen und zum Obermeiischen, too der
Materie zum Geist^ war das Geschick, dem der Einzdne nicht nur unter-
werfen, ndn, aus dem er gebildet war. ^^LliommeestleproduitdusoleiL''
(Geifroy). Dieser kontinuierliche Strom, diese absolut gewordene Zeit hat
schöpferisdie Kraft und der Einzelne war ihr Produkt Wegen dieser Im-
manenz konnte man rückwärts ^ jeder Einzelheit des Lebens die Ganzh^
seines Sinnes finden'^. (Simmel) Und so stellt sich das Verhältnis zwischen
Mensch (und Gegenstand überhaupt) und diesem unpersönlichen Gesetz so
hesTf daß alle geistig-schöpferischen Fähigkeiten nivelliert^ die Momente
aber, die früher nur als dieselben beeinflussend galten, in dem Gesetz
verabsolutiert werden. Hierin liegt der Sinn des Kampfes gegen den
Willen, das Bewnßf^ein nnd die Transzendenz von Subjekt und Objekt,
hier die Wui-zel von Flauberts Romanen, der Taineschen Kunstlehre,
der Marhschen Philosophie wie der impressionistischen Malerei. Für diese
bedeutet es nach einer radik ileii l>cit ciung von allem fonnalen Vorwissen
um die Dinge, u^ch aller Ausschaltung fixierter "Vorstellungsbegriffe und
traditioneller Gewohnheiten eine Auflösung des (iegenstandes sowohl in
seiner geschlossenen i oirn wie m seiner EigenbeiieuluiJg m die Atmo-
sphäre, die Auihebung derMaterialbegriife z. B. der Lokalfarbe, der Linie,
der dreidimensionalen Form in dne Relation Kumlicht, dn Betonen der
Ersdieinung und ein FortrOcken derselben in die Feme, die Beseitigung
des Raumes als einer anschaulichen Kategorie. Farbe, Form, Raum, alles
war nur Empfindung, d. h. eine in ihrer Einmaligkeit besondere Eischei-
nungsfonn des Gesetzes; und die Wahrnehmung überliefert sie uns in
ihrem ganzen Sinn und Wesen.
Dieser Akt der reinen Wahrnehmung hatte nicht nur seine besonderen
Funktions^eder, sondern auch seine besondere Art der Stellungnahme.
Vor allem war er dadurch gekennzeichnet, daß er mehr ein reaktiver als
ein aktiver war, mehr G^|;enbeweguog als Eigenbewegung. Und als Re-
aktion bedeutete er eine passive Hingabe an die Objekte, ein feminin-
hinschmelzendes Slch-befruchten-Ia.csen, ein Aufgehen im Objekt^ und
zugleich ein schnelles, «sofortiges Reagieren nach der Befruchtung;, ein
unmittelbares Folgenlassen des Tuns auf den Eindruck, ohne daß die Er-
innerung an früheres, ein Kombinieren mit ähnlichem oder entgegenge-
hetztem dazwischen trat. Aus diesem FesthaitenwoUen des vorCibereilen*
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A
Claude I^Ionet
Venedig (Abb. 3)
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Coli. Purrmann
Auguste Renoir Landschaft (Abb. 4)
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Phüt. F.. Drutt, Faris
Augusto Ronoir
Landschaft (Abb. 5)
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Phot. K. Druet, Parit
Calai»
Auguste Rodin Die Bürger von Calais (Abb. 6)
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' Der Impressionismus 57
H«««>MMintni<ininmiiiitt>na>Mit>>nf>M««»M«>H«<>M«Hi<wHMnMmntNnM«iMii>iiif>><>«tttii«i>>H<<tii>i(i<«>»iiMi«itii«ittnin«tM<«<n<»n>
den Momentes resultiert dann die eig^e Arbeitsmethode: ,,Monet föngt
z. B. eine Landschaft beim Sonnenaufgang im Morgennebel an und fixiert
auf der Leinwand die eigentümlichen Reflexe, die die aufgehende Sonne
darauf wirft, und da er ausschließlich das malt, was er wirklich vor Augen
hat, kann er natürlich nur eine bcgrrnzle Zeit an dem Bilde malen, er
muß es beiseite tun, sowie die Sonne hoher steigt und die Morgennebel
durchdringt, und er kann es erst beenden, wenn dieselbe Luftwirkung
• wieder eintritt ... li.s hat sich herausgestellt, daß es viel leichter ist,
verschiedene Vorwürfe unter flüchtigen Bedingungen zu malen, als immer
dasselbe Thema zu wiederholen und es durch äußere Einflüsse zu vari-
ieren. Im Fluge die Verfinderungen zu erfessen, sie lebendig auf dem
Bilde wiederzugeben, scheint ^Prozeß von feinstem Zartgefühl zu sein,
der eine ganz außergewöhnliche Auffassung, ganz besondere FShigkdten
und gespannteste Aufmerksamkeit erheischt. Um sokhe Landschaften zu
mtOeaf maß man vollkommen vom Gegenstand abstrahieren können. Man
muß dahin komm^ von der unbeweg^ichNi Grundlage der darzustelleu-
dm Szene das Atmosphärische loszulösen und zwar in raschester Folge^
denn es kann vorkommen, daß die verschiedenen Effekte, die man in ihrem
flüchtigen Erscheinen erhaschen muß, ineinander greifen und leicht un-
klar werden, wenn das Auge sie nicht im rechten Moment erfaßt . . .**
Wir können jetzt mit ein paar Worten auf die inhaltliche Bestimmung
der impressionistischen Empfindung, die wir als den Gegenstand der Ge-
staltung erkannten, eingehen. Wie sehr wir auch ans Ciriinden der Dar-
stellung gezwungen sein werden, die ausrlrückliclje }5s\ c iiisch-physische
Einheit zu zeneiHen, werden wir doch keine anderen Momente des
'Inhalts finden als diejenigen, die in der Spannung der schaffenden Or-
gane und m dem gegenseitigen Verhältnis der physischen zur psychischen
Seite begründet sind. Zunächst ist es charakteristisch, dalJ das gegenständ-
liche Moment des Inhaltes, das rein Natinrhafte (physische oder psychi-
sche) die moralische Seite bedeutoid überwiegt, ja töt^ Sine völlige Ni-
v^liening — zugleich mit einer Erweiterung des Stoflkreises — auf ein
Mittleres^ auf ein Unbedeutendes^ Belangloses —. das ist der Impressionis-
mus. Nidit nur dem Stoffe nach^ daß man Kohlköpfe bevorzugt und alles
zum Stillebai degradiert, sondern vor allem dem Gehalt nach. Ich vvüßte
kein deutlicheres Symbol, als daß bei den Rddinschen Fartr&tbflsten die
Modellierung gewöhnlich* unmittelbar über den Augen mit deren starker
Betonung aufhört, während die Stirn mit gleichgültiger Glätte behandelt
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58
Die Eroberung des neuen Lebensgefühles
ist. Zwischen der g;roßen Idee und der völligen Banalität des Realen wußte
man eine Zwischenstufe zu finden. Tn der Welt der Objekte g ib m;ni
statt der Gesetze ihres Wettleu<5 ihr rtlhniihliche'^ Tneinander-übcr[liplien.
Himmel, Fade, W, isser zeriiossen in eni Element und Kodm „seinble
d'avoir assisie au cycle des mi'tamorphoses". (Camille Lemonier) Die
durch diesen Zusammenhang geschaffene Alleinheit der Welt ließ zwi-
schen den BegrifTen neue Stufen, Übergänge erkennen, in diesen Zwi-
schenlagen fand der Impressionist seinen neuen und ungewohnten Stoff, *
der ihm viele Anfeindungen eingebracht hat, der aber nach dem päda-
gogischen sekker Existenzfixierung jegliches Interesse einlififit. Statt
des Konkreten, Dinghaften, gab man den Schein, die Oberfläche die Haut
Auf ihr lag das Spiel, das Geflimmer des Lichtes. „Ce ne sont pas des
^tres, mais des attitudelB d'ötres, des valeurs — c*est k dUre lar^tö.'' Alles,
was Gerüst war und als solches AusdruckstrSger des Geistigen, war ▼er«
pttnt^ man hielt sich an Accidentielles, an unbelebt Materiales; dadurch
wird der Widerstand kleiner, die Möglichkeit der Willkür größer, die
Tendenz zur Belebung umfangreicher. Man verschmähte auch den letz-
ten Halt des Objektes, seine sinnlichen Qualitäten. Diese werden in ihrer
physischen Natur aufgehoben, umgewandelt in physiologische; Wärme,
Frost, Geruch, Wind-Fühlen.
Die gleiche Ästheten Weisheit spricht notwendig aus dem psychisrhen
Inhalt. Statt des starken Ausdrucks prickelnde Mischgefühle, ?t;3tt des In-
tellektes das Geistreiche, das Bonmot, statt dps Willens den tMiier Sum-
mung weich und zart sich hingebenden Zust liauer. So ist keinei der
Impressionisten trotz der großen Erleidensfähigkeit, die vor allem Kodin
auszeichnet, über das Traurige hinaus zum Tragischen gekommen. Uber-
haupt fehlen alle jene Gelühle, die sich allein aus dem Dualismus von
Subjekt und Objekt und der Forderung einer zu schaffenden Einheit her-
leiten: das Pathos und das Erhabene. Es fehlt aber auch jene Mannig*
faltigkeit von Beziehungen, die ftber das individuelle Ich in größere Zu-
sammenhänge hinausweisenidasReligiöseunddasSoziale. Der Impressionist
ist Pantheist Indem er der Erkenntnis des Gesetzes nachgeht, das das
einzelne Dasdn gebildet hat, betet er jede seiner Erscheinungsformen an,
aber er erlüst sie nicht. Mbb läßt sie in dem grausam-einsamen Zustand
ihres Geschaffensöna und verhfUh ihn durch Artistentum. Sie sind nur
einsam endliche Ablagerungen des Gesetzes, nicht selbstsichere und ewige
Trager des Absoluten. Dort aber, wo Erlösung dargestellt ist, ist es die
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MMMlIMB
Der iMftpnttiioMitiiiiis
l«M««IIMMN<*t(IMtltMMmittH«M«»l
Sehnsucht nach ihi\ ni( hl sie seihst. Da g^relfen diese in sich geschlosse-
nen (ies( liöple über die Welt hinaus, diiekl ins Absolute. Die Welt aber
kannten sie nie, und darum hat das Soziale keinen Platz. Es ist nur das
knechtende und bedingende Element; darum wollte man ein zweites füh-
lendes Du nicht, und wo es einem zukam, da lachle man sich durch die
Aufzeigung des Bedingtseins, der £ia«amkeit, durch die Untei^treichung
dos uiärden Will«n% durch Ironie und Blague. Man zog sich — höch-
fitms umgeben von der ,,Gruppe'' seiner Getreum (den i-a-nem) — in
den ^Elfimbeinturm des Artisten'^ zurticky ohne zu fühlen, dafi ^iese bür-
gerlich-aristokratische Ästhetendistanz einen auffidligea Kontrast zu der
▼ttlligen Stupidität der Weltauffinsung bildete. In dem Haß des« Staates
waren sich auch Nietzsche und Wagner einig: „Dort wo der Staat auf-
hört, da beginnt der Mensch, der nicht übecflllsBig Ist: da beginnt das
Lied des Notwendigen, die dnmalige und unersetzliche Weise.
Dort wo der Staat aufhttrt — so seht doch hin, meine Brüder. Seht ihr
ihn nicht, den Regenbogen« und die Brückenköpfe zum Übermenschen?^^
So war die impressionistische Daseinsempfindung eine unreflektierte,
die ihre Existenz zog aus dem Zusammentreffen eines momentanen Zu-
stande? des realen Daseins mit nincm nnreflektierten psychischen Zustands-
gefühl. Dieser Grundlage (deren psychologisches Gesamtthema zu geben,
ideale Forderung der W' issenschaft wäre) ist keinerlei schöplerische Kraft
zuzuschreiben. Sie ist die Basis, aui der geschaffen wird^ sie wird im
schöpferischen Akt verarbeitet. Der Künstler ist von ihr abhängig, soweit
sie von ilim geschaffen ist. Darüber hinaus kann er mit ilii je nach Maü-
gabe seiner Kräfte schalten. Zunächst gilt es, ihre Bestandteile zu ver-
schmelzen und ihnen einen einheitlichen Gehalt und erscheinungsmäBi-
gen Ausdruck zu schaffen. Der Weg ging histonscfa alltnfihlich vorwärts
und durfte in seinen Hauptetappen jäer einzelnen Schöpfung selbst des
reifen Meters in abgekOrzter Form zugrunde liegen. Zunädbst bestand
noch keine Einheit zwischen dem psychischen Gehalt, der körperlichen
Gegenstandsform und dem MateriaL Der geistige Ausdruck hat die stoff-
liche Form noch nicht zu einer Einheit mit sich gezwungen, jbo da8 er
ein materielles Eigenleben erhält, das sich vordrängt', wegdrängt von der
Erscheinungsform im Material, während dieses eine eigenstoffliche Be-
deutung erhält, weil es die formstoffiiche noch nicht ausdrückt. Das psy-
chische Leben geht noch über ein Festes, einen Begriff. Der Weg
führt durch die Atomisierung alles Substantiellen, ding- und begriffbaft
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6o
Die Erobenuig de» neuen Lehemgefühle«
FaßbareDy duicfa kooGequente Analyse bei zunehmender EHiferenaerung
der Organe zu einer T<Jlligen Einigung Ton innerem Ausdruck und Mittel
in dem neuen Stoff dcar Atmosphäre^ Diese — als der unmittelbare ' Au^
drück des Gesetzes — hat die peydiisch-physischeEmpfindungseinheit in
sich aufgesogen und bestimmt den Gegenstand von sich aus^'vvobei sie seine
Eig^bedeutung auf jenes Minimum zu reduzieren vermag^ in dem der
ihn bezeichnende Farbfleck nur mehr einSuggesttonsmittelistyibnui der
Vorstellung henrorzurufen. Zunächst hat man diesem neuen Gegenstande
gegenüber eine gewisse Ängstlichkeit. Eine feminine Nervosität klanunert
sich an jede'^ Drtail, und jeder Teil wird dem andern als koordiniert und
gleichherechtigi angesehen. Mit der Sicherheit ändert sich die proportio-
nale Zusammensetzung der Elemente, die Din^e treten zii^imsten der
Atiiiobphäre zurück, und man steigert absichtlich, um diese m einer über
die Natur hinans/rehenden Weise zum Ausdruck zu bringen. Unter dem
Einflüsse der Japan« r befreit mansichallmählii Ii übei lidupt von der ^eg;en-
stän(ilic:hen Struktur, um an ein- und demj^elbeii Gegenstände die all-
mähhchen V^änderungen der Atmosphäre um so deutlicher darstellen zu
hdonen. Damit war man Herr seines Stoffes geworden, konnte mm die
Teile dem Ganzen subordinieren, sie in das Ganze wnhffflcn, das sich
immer mehr einer stoffhwen Vision n&herte. Der Gesang der Welten in
▼erzückten Sinnen, das ist m später Monet oder Rodin.
Daß der Weg in dte* Vision endete^ kann uns nicht wundem,' da wir
sahen, daß der Impressionist dank seiner Negietung des Dualiimus von
Sub)ekt und Objekt von dem letzteren nur seinen Schein erfaßte. Damit
war die Einheit, die er erreichte^ dazu verdammt, eine stoffliche zu blei-
ben, eine Stimmung oder ein materieller Zusammenhang, eine in sich
unlebendige Einheit. Das Wesen des Geistes, das Antithetische hat sie in
dem sich selbst setzenden Konflikt nicht zu finden gewußt und damit die
innere Lebendigkeit und Eigenproduktivität nicht erreichen können. Diese
Einheit ist von vornherein keine Organisation aus den Gesetzen des Gei-
stes und der Materie, sondern eine materiale Vereinigung derselben und
als solche dem Prozesse der Formbildung entgegeDgesPt/l, der imnier
Entmaterialisierung und Überwindung der reinen Stollliclikeit bedeutet.
Betrachten wir dann die einzelnen Elemente, die wir als an der Form-
bildung beteiligt erkannten, in ihrer Erscheinungsform im Impressionis-
mus, so sehen wir zunächst eine völlige Disproportionalität in ihren Be-
ziehungen zueinander und den reinen Empfindungscharakter, in dem sie
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Der Impressionismiu
61
BU^e&Bt werden. So hat die Zeit die Prioiitit vordem Raum gewonnen,
dem unumgängliefagten Realisationsfolttor der inidenden KnmL. Aber
welcher Art ist diese Zeit? Sie ist der ahsolute FhiB, wie wir ihn wahr-
nehmen, wenn wir aus dem reinen Gescähehen hingeben, die absolute
Zeit, die Zeit als AbkuE Aber dieser Veriaui wurde durdi die Vereinze-
lung des Sehaktes (Emp£mdung^tes) fixiert, stillgestellt. Während das
Kosmische vibriert, die Bewegung abläuft, ist der Moment fix, das Be-
wegungsmotiv leblos und tot. So hat zum Beispiel Rodin in seinen „Bour-
geois de Calais^ darstellen wollen, wie ein Ablauf von bestimmten Ge-
gebenheiten (eine Belagerung bis zur Schlüsselübergabe an den Sieger)
sich in einzelnen, in ihrer Individualität bestimmten Menschen spiegelt,
oder: ein Ablauf von Erlebnissen eines bcstuTirntcn Individuums wird in
einem Moment derselben zur Erscheinung gebrarlit, so daß die Gesamt-
heit der individuellen Gegebenheiten in diesem Moment zum Aufdruck
kommt. ist zu beachten, wie alles äußerlich Allgemeine aus der Kon-
zeption gestrichen ist. Die Menschen erleben nicht die Belagerung, den
Entschluß, das Ziel, sondern ihre Belagerung, ihren Entschluß, ihr
ZdeL Man könnte sich denken, daß ein Künstler die sechs Menschen in
einen emheitHchen Bewegun^^zug zusammengefaßt und Jeden einzelnem
dadurch charakterisiert (und jdastisdi-rSunilich geordnet) hätte, daß er
ihm dnen besondem, foitschrntenden Grad der BereitwiU^keit und des
ZOgems gab. Für Rodin aber existiert nichts Allgemeines^ Überspannen-
des, Gemmsamee, das man a priori in Stufen zerlegen kann. Jeder Mensch'
Ist eine besondere Qualität, aber nicht dne verschiedene Quantität auf
dem Wege zu einer h^roisch^ Tat. Der Zeitablauf und die individu^e
Dififerenz sind absolut, einmalig und nicht zerlegbar. Was also dargestellt
ist, ist die Kondensierung eines Ablaufes an einem Punktedesselben. Auch
dieser Punkt ist nicht allgemein, begrifflich faßbar, sondern schwebend,
individuell verschieden. Eine absolute Notwendigkeit für die Wahl dieses
P\ml<te'= besteht ebensowenig wie für dieWnhlvon sechs Personen. Erstere
ist relativ mit Beziehung auf den Künstler, letztere mit Bezug auf die Historie.
Das ist der Fluch ieder nur als unmittelbare Empfindung ert ißten
Wirklichkeit, daÜ sie zwischen den Polen metaphysischer Verab&olutie-
rung und Negation, zwischen dem AU und dem Nichts hin und her pen-
deln muß. Wie hier die absolute Zeit zum Punkt wird, so nähert sich
die dreidimensionale Unendlichkeit des natur hallen Raumes seuier völli-
gen Ausschaltung auf der Fläche. Der Raum war für die Impressionisten
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02 IMe EndiOTinig de» neuen Lebensgefühlea
gleichsam ein grenzenloees Gefllß^ durch das sich flutend der Verlauf des
atmosphärischen Lebens ergoß. kam allein darauf an, die momentane
Sonderheit der Atmosphäre in ihrer Gebundenheit an irgendeinen Raum-
teil wiederzugeben. Die Au%abe, ihn als eine in sich beruhende Einheit
zu schaffen, war dem Impressionisten — dank der Funktion, die er ihm
zuwies, — überhaupt nicht zu Bewußtsein gekommen. Eine Gestaltung
wird überhaupt nicht versucht.
So konnte der Weg zur absohaien Gestaltung nirgends betreten wer-
den, weil die Einheit der stoffhchen Kontinuität Kategorien eino;efühjrt
hatte (oder besser in ihnen steckengeblieben war), die ihr völlig entgegen-
gesetzt sind. Dem reinen Impressionisten lag nnrh nichts ferner als der
Wille zur Notwendigkeit. „Die unbelaugene Überlegung lelirt, daß jedes
praktische und intellektuelle Bedürfnis befriedigt ist, sobald unsere Ge-
danken die sinnlichen Tatsachen vollständig nachzubilden vermögen. Der
Wert der Gesetze reicht nur so weit als ihre Hilfe hierzu." (Mach) Oder
subjektiver ausgedrückt: „Uns ist die Form persönlicher Einheit, zu der
das Bewußtsein den ol^ktiven, geistigen Sinn der Dinge zusanunenführt,
von unvergleichlichem WerL^ (Simmel) Die impressiomstische Kategorie
war dieBeschmbung und die Ordnung, wodurch dann auch eine gewisse
Einheit des Werkes erreicht wurde.
An die Stelle der Formbildung, die die Funktion hatte, eine TotalitSt
vertretend darzustellen, ist der Farbfieck getreten mit der Au%abe, filr
die Sensation den materieUen Ausdruck zu finden, der de am unmittel-
barsten, treffendsten und wohllautendsten wiedergab: die beschreibende
Phrase statt der gestalteten Form. Dadurch gewannen nicht nur die Ma-
teriahen, sondern vor allem das Metier und die Technik einen ungeheu-
ren Wert, weil sie ja die unmittelbarsten und einzigen Ausdrucksmittel
waren. Dabei sind sie in einer auffalhgen Weise auf ein Minimum be-
schränkt. Das Licht hatte die Linie zersprühen lassen und die Farben
auf die des Spektrums beschränkt. An eine Einheit de-^ Mittels, an sein
dreidimensionales Knntimnim war nicht mehr zu denken. Soweit es form-
los war, Fleck, Pigmeiii, Komma, strukturlos, vokalhafl — nur soweit
sollte es das Urm Ittel überhaupt bedeuten. W as W agner fürdas Wort formu-
liert hat, gilt rnutatis mutandis für die Malerei. Forscht der Dieliter nach
der Natur des Wortes, dessen er sich bedient, „so erkennt er die^e zwin-
gende Kraft in der Wurzel des Wortes. Versenkt er sich tiefer in den
Oiganismus dieser Wurzel, so gewahrt er endlich die Quelle dieser Kraft
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Der Impressionumus
65
in dem rein sinnlichen Körper dieser Wurzel, dessen ursprünglichster
Stoff der tönende Laut ist . . . dieser .tOnende Laut, der bei voUster Kund-
gebung der in ihm enthaltenen Fülle ganz tou selbst zum musikaUscfaen
Ton wird.'' Der Auftrag und die Anordnung der Materie waren den
feinsten Abwägungen unterworfen, und nicht selten mögen dem Künstle
die einzelnen Farbflecke in ihrer Struktur und materialen Schönheit Aus-
gangspunkt einer Konzeption geworden sein, die nur den Rausch dieser
Materie als Selbstzweck zum Inhalt hatte.
Nach welchen Gesichtspunkten aber wurde diese Materie geordnet?
Dem Prinzipe nach ist jeder Sehakt gültig. „Monet trouve que tout ce
qui existe est beau, que tout est ä peindre." (Duret) Und doch war es
schon der Realität gegenüber nur ein kleiner Teil, der Gegenstand der
Kunst wurde. Die Proporiion zwischen den Aktions- und Per/.eptions-
organen hatte über jede dogmatische Formulierung hinweg Begrenzun-
gen geschaffen. Immerhin bedeutet der Impressionismus dem Prinzipe
nach eine Erweiterung des Stoffkreises. Wie der Glaubenssatz eines mo-
dernen Naturwissenschaftlers nach Münsterbergs fein satirischer Formu-
lierung lauten kdnnte: „Wenn alle in Raum und Zeit ablaufenden Atom-
bewegungen und BewuDtseinsprcMEesse bekannt und erklärt wiren, so
hätte die Wissenschaft keine Au%abe mehr vor äch% so der des Malers,
daß alle malbaren Objekte erschöpft wMren^ wenn man alle Sdnmden des
atmosphärischen Verlaufes auf allen Erdteilen in ihrer Gesamtheit abge-
malt hätte. Daß man dieses herrlichste Lexikon, diesen Speicher von
^enqudtes sur les variations de la lumi^ solaire" nicht wklich ausf&llen
konnte, das war nur eine bedauernswerte Schwäche der moosdilichen
Kräfte.
Mußte durch die Grundlagen selbst imd durch die Überlegung, daß
der Gegenstand der geeignetste Träger des Stoffes der Atmosphäre sein
müsse, eine beschränkende Auswahl gegenüber der Unendlichkeit der
Natur getroffen werden, so war doch aber in jedem einzelnen Sehakt
)eder leil gültig, den man sah? Denn wollte man die reine Erfahrung
in ihrer ganzen Realität nicht verfehlen, wie hätte man etwas von ihr
weglassen sollen und was? Die Wissel iscbalt kann „nh eine Minimum-
Aufgabe angesehen werden, welche darm besteht, möglichst vollständig
die Tatsachen mit dem geringsten Gedankenaufwand darzustellen". (Mach)
Es ist offenbar, daß dieses Ökonomie- Prinzip nichts anderes bedeuten kaim
als eine nachträgliche Ordnung, als am regulativem Prinzip, das mit \en&a
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6^
Die Eroberung des neuen Lebensgefuhles
konstituiereiideii Prinzipien, die nit forderten, nichts gemeinsam hat^ daß
ihm Übeifaaupt keinerld 8chaßiBiide^ gründende Kraft innewohnt. Daher
bestimmt sich dann die Ökonomie in demVeihältnis der Teile aunGan^
zen alldn aus dem annlichen Geffihl der Lust und Unlust, ein objektives
Moment fehlt völlig. Ordnungspriiizipien waren also auch für den Im-
pressionismus innerhalb der Beschreibung nicht zu umgehen. Aber da es
nicht die erkenntnistheoretisch allein galtigen, konstitutiven Prinzipien
des schttpferiscfaen Triebes überhaupt und der Malerei im besonderen
v^raren, so war der Zusammenhang, den sie herstellten, nicht bildorga-
nisch-logisch, sondern stofflich, stimmiinn^shatt. Die Mannigfaltigkeit war
nicht die Totalität oder Kontinuität der l ormbeziehungen, sondern die
durch die unendliche Spaltungsmöglichkeit des Gegenstandes zustande
gekommene Differenzierung. Hier lag der Reichtum des Impressionis-
mus in der Art, wie er — die Elemente zu einer höchsten Intimität ver-
bindend — jeden Punkt derselben aus der gleichen Emptindung heraus
durchtränkt, vergeistigt und so das Leben au jedem Punkte wechseln
läßt. Das Leben, das man anbetete, wiederholte sich nicht. Die l^nheit
aber war nicht eine organisch-gegenstibidlidi^ sondern stofHich-zuständ-
liche. Man hatte den Organismus des Naturkfirpets als FormtrSger ver^
neinty ihn in die Atmosphfire au%dftt* Ohne aus diesem Pro^ eine
neue Kunstfonn gewinnen zu kISnnen, hatte man. ihn mit der Herstellung
einer neuen Dingform abgeschlossen. Diese tolte das Geschick jedes an-
deren Dinge% daß es keinen Bestand in sich selbst hat» daß es ddi iti den
Raum hinein Toxliert. Freilidi kann man nur ungerechter Weise eine
Art Einheit verkennen. Sie ist musikalisch-stimmungshaft, getragen von
der völligen Harmonisierung des Lichtes durch die Harmonie der Farbmi^
Dies bestimmt sich durch die Angleichung der Farbcai aneinander, deren
Hauptklang die kontinuierliche, förmlich auseinander erwachsende Reihe
gelb-grün-blau war, in den der Kontrast des Roten mit der höchsten Pi-
knnterie hineingesetzt wurde. Dann aber durch die Abschwächung der
Farben nach Grau hin oder deren Ilai moni-^ierutig auf Violett, das sich
als Verbindung zwi'^chen Blau und Kot logisch ergab. Dieses allein ist
der Sinn des Violett^ es ist zunäclist etwas Geschaffenes und nur in diesem
Sinne Gesehenes. Die Vereinheitlichung verschmäht bisweilen (vor allem
bei Monet) auch den Rhythmus nicht, aber es ist der offene, raumlose
Rhythmus, die casurluse Bewegung in Distanzen, ein Wohllaut mehr als
ein Gebilde. Optisch aber ist die Einheit nur eine omamentale, ein Aus>
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Dvr Imjpeirioiiiimtti 6^
schnitt, der das Bild als organische Einheit in demselben Sinne ersetzt
wie der Farbfleck die Form. Der Unterschied besteht darin, daß der Aus-
schnitt ein unabhängig von sdnen Teilen Fertiges ist^ nvliliiend das Bild
die Gesamtheit seiner Teile zu seiner Erzeugung Twaiissetzt. Das streng
logische Verhältnis, das hier herrscht, ist durch ein gefühlsinäßiges er-
setzt, die bildorganische Einheit durch eine stimmungshafte. Der Aus-
schnitt aber war immer so genommen, daß die Rande^renzen aufgehoben
wurden, sei es durrh ein abruptes Hinemragen von Gegenstandslragrnen-
ten in das ßiki innere, sei es durch eme solche Anordnung und Verschnei-
dung der Gegenstände im Bilde, daß diese über den Rand lunaus auf
ihre Vollendung hindrängten, um so stärker, als die Grundrichtungen
der Senkrechten und der VVagrechten niLlit gebraucht wurden. So drängt
das Kunstwerk in die Natur zurück, weil es in sich selbst nicht soweit
Tolkndet war, daQ es in sich Bestand hatte.
Hier ist nian den Grenzen der impressionistischen Kunst am nächsten.
Nicht daß ne die Dinge, aus denen die Empfindung resultierte, als solche
wieder hinsetzte, um die Empfindung zu erwecken, ohne sie zu steigern
oder in ein Allgemeines zu transponieren — nicht das ist der Vorwurf,
den wir ihr machen, sondern dal3 sie mit diesen ReaUsmus nicht zur
Gestaltung kam, Naturalismus blieh. Wie sehr auch die impressionisti-
sche Daseinsempfindung historisch neu imd in ihrer Konsequenz eigen-
artig gewesen sein mag, die Kunst. selbst ließ sie völlig im Leeren, sie
reicht nicht an diese heran. Jede f einwand eines Impressionisten ist eine
Skizze. Man hat diesen Vorwurf durch einen sehr billigen Vergleich mit
Meissonier abzuweisen gesucht, woraus natürlich die Überlegenheit d^
andeutenden Verfahrens resultierte. Ich meine aber nicht dieses, sondern
daß die Werke als Gestaltung Skizzen sind, Fragmente erster Ansal/e zur
Gestaltung, zufällige Stufen auf dem Wege vom Nichts, vom Chaos zur
absoluten Gestaltung. Nichts spricht deutlicher für den ganz fragmenta-
rischen Gestaltungscharakter als die völlige LJnsehbar keit eines impressio-
nistischen Bildes. Um ein zusammenfassendes Beispiel zu geben, nehme
man Rodins „La main de Dieu*', ein Werk, das zugleich den impressio-
nistischen Schöpfungsprozeß in seiner völligen Ungeltetheit der Zusam-
menhänge von Material,' Schaffendem und Geschaffenem symbolisiert
und diese Immanenz hinausführt vom Werk in die Luft, in der es steht,
so daß em einheitlicher Strom Natur und Natur, Stein und Luit verbin-
det. Aber das Werk selbst, das die Manifestation dieses Stromes ist, kann
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66 Die Eroberung des neuen Lebensgefuhl^
«••••««••««tmCMMMM »MttMMtMMtmMUtHMMIItMtfiniltlMMMIItMVMmiiniUiaillttmMimtMfffaMimilll II iiiiiiitii«llt«aiM»«ilt»«M
nicht unsehbarer sein. Unsere Abbildung gibt die geschlossenste Ansicht.
Aber nicht zu reden von den Gliedern, die auch hier noch in laiunliches
Dunkel versinken, vermißt man bei der Größe des D<iiinicns vor ullem
die IJand. Indem man sie sucht, trifft man die sonderharston Ansic hien.
Je vollbtandjgei die Hand wird, um so abrupter hangen die KuipergUed-
maßen in der Luft herum, von ihr zerschnitten und sich gegenseitig zer-
schneiiiend. Und wenn wir sie in ihrer feinen und lebendigen Modellie-
rung groß und wuchtig über der dunklen Höhlung thronen sehen, hängt
zwischen Daumen und Zeigefinger ein Bein hinein. Weiter drehend wird
die Ansicht «nnlos* Lanks krampfen sich Finger und FingerteUe in den
Stein, rechts oaumeln Glieder und Gliedfragmente unbezeichenbarer Art
wie angeflogen am Stein herum. Rodin nannte diese Qual des Gedrdit«
Werdens ^e mouTement dans l'air^. Sie erledigt sich nicht durch eine
größere Subordination der einzdnen Ansichten unter eine Hauptansicht,
da sie das Ergebnis einer vöUjg mangelhaften Rc umnostaUung ist. Die
▼erscliiedenen Pläne sinid nicht organisiert und gegliedert, ihre Kontinuität
ist allein ehie solche des Stoffes und der Harmonisierung, Vonchleifung
durch das Licht; der Raum zwischen der vorderen und der hinteren
Ebene ist gleichsam ein Hohlraum, der keinen Widerstand entgegensetzt
und darum in jeder beliebigen, nur nicht in der zwingenden Weise aus-
gefüllt werden kann. Das Problem der künstlerischen Kaumbüduog ist
überhaupt noch nicht begonnen.
Es hat sich gezeigt, daß das, was die Eigenart der unpressionisLiSLhen
Daseinscmpfindung ausmachte, ein völlig unzureichender Stoff für die
ab.suluLe Gestaltung war. Die Individualisierung des Erlebnisses — die
(wie wir sahen) nicht eine solche des nur Realen, sondern die eines als
absolut angesehoien Gesetzes war — - süs G^enstand der Kun^ rehiigi e
den Trieb zwar Ton allem falschen Vorwissen um die Dinge aus Erinne-
rung, gab ihm seine sinnliche Grundlage zurück, degradierte ihn aber
zugleich als solchen auf seine niedrigste, deskriptive Stufe. Der Moment
und der Rausch des Malbaren konnten die schöpferische Funktion in
ihrer Tendenz zur absoluten Gestaltung nicht befriedigen, und es ist nicht
zu verwundern, daß faustisdie Gedanken sie zu erf&Uen suchten.
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VAN GOGH
* „. . • vite, vite et pteseö comme le xnoiBBOiieur
qui se tait sous le aoleil ardent, se concentre
pour en abattre.*' (Van Gogh)
Man hat — vor allem in Deutschland — in dem Holländer van
Gogh den Träger solchen faustischen Allheitsgestaltens gesehen.
Man beging dabei die in unserer Zeit freilich leichte Verwechs-
lung zwischen Individualität und Persönlichkeit. Man sah eine Kraft, die
,sich (unbeinedigt von der sachlichen Sinnlichkeit des impressionistischen
Scheins) in die Dinge hineingrub mit der ganzen Glut seines Herzens
und sie aus diesem Feuer neu entstehen ließ, geläutert von ihrer Mate-
ridüiat., durchtränkt mit dem ßluLe menschlichen Lebens, mit des Men-
schen Willen leidend und sich aufrichtend. Man sah, wie diese Kraft alles
mit derselben Oebe durchdrang: den Baum^ dra Straudi; den Hxmniel,
die Erdej die Ruhe und das Fließen^ den Duft und die Leere. IMe ganze
Welt scluoa erlebt ab ein sidi in enrigem Wacfasen befindender KosmoSy
als ein bewußt mit menschlicher Em^ndung wachsender Kosmos. Und
dann waren Briefe da, die von einem konsequenten und erbittert*«!^-
richtigen Ringen sprachen und - von Symbolen . . .
Der Vitalismus van Goghs — das Streben, das unpersönliche Bewe-
gung und Schöpfungsgesetz des Impressionismus als eine lebendige, aus
sich wirkende Kraft au&ufassen — ist die große Erweiterung des Lebens-
gefühleSy die wir ihm danken. Indem das Gesetz Lehen wurde, hob es
nicht nur die Kluft zwischen seiner Aktivität und der Passivität der Ge-
genstände auf, sondern es überwand zn «bleich den Kontrast zwischen dem
Gesetz als Bewegung und der Puuklhaltigkeit jeder Fixierung desselben.
Lebendige Kraft, Bewegung, das Leben selbst wurde jetzt Funktion, die
auch in jedem Ausschnitt noch, Bewegung, noch Ablauf und Werden war.
Die Funktion selbst, das Werden und Wachsen wurde dargestellt. Die
Zeit vollendet hier ihre Bedeutung als der metaphysische Urgrund der
Weit, das näana. §et hat durch van Gogh seinen optischen Ausdruck ge-
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Die Eroberung des neuen Lebensgefuhles
HlltMfttlllMllflilllMIMIIIMIIMIMaillllllHIMUMMMMlUHinmMM
luiiden in der Landschaft — das Fallen im ^avin''; das Fliehen des Fel-
des, der Straße; das Wachsen der CypreeBe^ das Strahlen der Sonne, das
Flimmern der GrH?er, das Winden der Äste, schließlich das Strahlen des
Lichtes auf dem Felde, am Himmel, -im Raum^ — wie im Menschen,
den er als einen sozial tetl^ren (die 'J'äli^keit als Tun) be^^reift oder als
ein aus dem Milieu herauswachsen dos Geschöpf. Dieser Bewegungsz.ug
van Goghs, al& unmittelbare Niederschnft psychischer Funktion, entbehrt
iedes retardierenden Gegensatzes. Er hat die offene Form des Haltlosen
und Unbegrenzten. Seine Straßen flielien oline Unterbrechung, eine Grenz-
mauer wirkt unempfiinden, und die Lichtbewegung geht über sie hin-
weg. Seine Sonnen kreisen in immer weiteren Kreisen und öffiien sich
▼ersprühend cter Weite des Himmels. Es war die höchste Bewegung, die .
im Materialen errdLdibar war, die Bewegung als metaphysisch^^materiale
Funktion. .
Van Gogh gibt die letzte Konsequenz seiner Eigenart, wenn er die
fortschreitende Bewegung des lichtes als raumbildend d^tellt, wenn
Zi B. das Vorschreiten der Abenddunkdheit nch so mit der Raumerstrek-
kung in die Tiefe deckt, daß sie eins werden. So wird die Beschreibung
des Naturraumes als eines bewegten der Inhalt seiner Raumgebung, sie
bleibt also naturalistisch, und seine Mittel — Perspektive und Hochriik-
kung des Horizontes — schwanken zwischen den beiden Polen des natur-
illusioniptischen Raumes imd der reinen Fläche; beide aber sind, um das
Maximum an Bewegung herzugeben, bei van Gogh einer destruktiven
Snbjektsoptik unterworfen, d. h. der ihm eifrenartigen Fähigkeit, jedes
optisclie Erlebnis aus seinen struktiven Bedingungen fort in die einmalige,
dem Künstler persönlich eigenste, oft bizari^te Stellung abzulenken. Er
verläßt die parallele Raumschichtung in die l iefe oder schafft neben ihr
eine seilliche, die Flächen im spitzen Winkel durchschneidende. Dieses
Zerschneiden der faktisch organisierenden Fläche durch eine ideelle Schräg-
fläche hebt die Organisationskraffc der ersten auf. Diese Aufhebung be-
tont van Gogh so stark als möglich, indem er den direkten Kontrast be-
nutzt, und die Raumflucht schräg zur &ktischen, rechtwinklig zur ide-
ellen Fläche in die Tiefe laufen läßt; oder einen wirksamen indirekten,
vrarschränktoi Kontrast anwendet, indem ^ die der Fläche immanentem
Richtungen und Punkte durch die stärksten Farben scharf betont. Da
der Raum nun nach allen Seiten durchschnitten ist, eröffioen sieb der An-
ordnung der Massen ganz neue Möglichkeiten asymmetrischer Vertei-
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Van Gogh 69^
•HIMH«ntUH«flHMIHMItI»HUMMIMItlllMIIHHMIII*IM(H<MU«M4(U«Wii(WU>miM«IHMIHIiniiltHIIII I IUI III 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 IlllUmHI
lung sowohl auf der Fläche wie im Raum: die Aufhäufung der Massen
bis zum Rande auf der einen Seite, ein tiefes Senken auf der anderen;
das Ausgleichen einer in die Tiefe fliehenden flachen Straße mit einer
kompakten, schräg in den Raum hiin iiigescli()l)eiien hohen Hrinsermasse.
Oder der Kontrast einer großen /Aisii tumenliätigenden Masse, die die Or-
ganisierung durch die Bildfläche negiert, zu einer Zusammenstellung
kleiner Teile, die im Hintergi und das Wagrechte der Fläche betonen.
Das Wesen dieser ganz perböniicheu, destruktiven Optik scheint darui zu
bestehen y daß mau einer Masse die zur räumlichen und flächenhaften
Harmome iiötig;e Gegt^unass» verweigert oder besser paradox «ntwortet,
h. mit einer völlig ungleichartigen und scheinbar ungleichwertlgen
Gegeomasse. Diese Art zu sehen und m gestalten efstredLt sich natOr'
lidh bis auf die Farbgebung und Ldnlenftthrung.
Sq gibt van Gogh eine materiale Raumdynamik statt einer Rauage-
staltung. Die Konsequenz seines Vitalismus gewinnt eine besonders m*
teressante Materie an dem Verhältnis von Uisadie und Wir kung. Hatte
der Impressionismus durch die Verabsolutierung eines das Resultat Hiit-
bedingenden Elementes das Spiel von Ursache und Wirkung in dem
neuen Gegenstande ausgeschaltet, so mußte für van Gogh der Strom
selbst, der von der Ursache zur Wirkung lief, Gegenstand der Darstellung
werden. Daher die Notwendigkeit, die Gestirne selbst in den Kreis seiner
Stoffe einzubeziehen. Sonne, Mond und Sterne werden nicht nur leben-
dige Wesen, sondern lebendige Kräfte, die sich stets erweiternd durch
den Raum ergießen und auf diesem We^e Erde und Meer, Wiese und
Garten erzeugen. Das Unmögiichste soll gewagt werden. Und dem, der
die Sontie auf die Erde ziehen wollte, mußte auch das Tote lebendig wer-
den. Seine ßehatidlutig des Ornamentes zeugt dafür.
Der Vitalismus, der sich hier in der Auflösung jedes optisch.dinghaf-
ten, tmdititmell-lbrmuliertai Seinsbegrifies in ein nur IhdlTidueUes, in
die Funktion des Werdens als die letzte Individuation der realen Welt
auswirkt, ist durchaus nicht das, was wir das Zurückgehen auf die Funk-
tionen des Bewußtseins und die Gründe der Objektwerdung genannt
haben. Er ist etwas Fertiges, wenn auch als Kraft FertigeSi während nch
die wahre Dynamik des sdiOpiferischen Triebes etst bildet und zwar aus
' dem Dualismus von Subjekt und Objekt und ihrer engen Verknüpfung
an jedem Punkte, so daß das Subjekt selbst diese Form im Antithetischen
trügt und sie dem Objekt in der Form des sich selbst setzenden Konfliktes
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70 Die Eroberung det neuen Lebensgefühles
Wl » »Wl tlWWMltW««M«tt»ll»llll»lt»tltlltlll»Ml»Ml»»lllltt»l»>»WM«>WMMWM««»I M I M I M »«»» M M|i|»ltW«WI«»MMlll««tltl»l<«»llllllltM«ll»l««Mll»«>lt«
aufzwingt. Van Goghs Vitalismus aber negiert diese Dualität in ihrem
Grunde, indem er das ObirkT streicht, und verneint damit zugleich den
antithetischen (.haraktei im Bewußtsein. Der einheitliche Strom des Sub-
jekts, den er nun noch IükK t, kann nur mehr das rein vegeldtive Wer-
den sein, das schlechthin existiert. und metaphysisch, mystisch oder rein
empfindungsmäßig wahrgenommen, substituiert werden kann und darum
nur der Beschreibung, nicht mehr der Gestahung zugänglich ist. Dieser
Mangel äußert sich bei van Gogh in demselben Augenblick, wo er zui
Darstellung schreitet Sofort muß er vereinzeln und sich an diesen ein-
zelnen Mommt binden. Wahrend Gestaltung allem diesen Süm hat; das
ganze Chaos als TotalitSt in die Form zu konkretisieren und damit die
Verworrenheit des Daseins au&uheben, muß van Gogh — nach seinen
.eigenen Worten — sich damit begnügen, „ein Atom aus dem Chaos zu
malen . . . denn gerade darum ist es ja ein Chaos, wol es in kein Glaa
von unserem Kaliber hineingeht''. Damit bleibt der größere Teil der
Welt im Ungestalteten, aus dem ihn keine Addition von „gemalten Ato-
men" befreien kann, weil jedes Atom in seiner restlosen Vereinzelung
zufällig, willkürlich, kurz Chaos geblieben ist. Van Gogh war sich auch
hierüber klar. Er meinte, das läge an sein^ Mangel an niantasie, die
ihm nicht erlaubte, aus dem Gedächtnis zu arbeiten. Es lag an der Be-
grenzung seiner Begabung überhaupt, die statt der Form nur Surrogate
finden konnte: das Symbol imd die Ausdruckssteigerung.
"Vitalismus und Tendenz zur symbolischen Interpretation der Welt als
koireiolive Glieder verbinden van Go^h mit Ruysdael. Ein Vergleich
zeigt die große Beschränkung van Gogh>. Ist beider Kunsttrieb eine Klage
um /t i störte gotische Dome, so hat Ruysdael aus ihr einen Bau errichtet,
der über allen Wechsel natürlichen Seins erhaben ist durch die räum-
liche Organisation und festgefügte Abgeschlossenheit seiner Auseinander-
setzung mit dem Absoluten. Van Goghs Klage aber ist ein lauter Schrei,
der in Modulationen au&chreckend in der unendlichen Mannigfaltigkeit
, realen Seins verhallt Der Gegensatz, der Gegenstand, das Absolute Ueibt
außerhalb seiner Konzeption und Gestaltung. Darum bedeutet sdne Sym-
bolik entweder ^e BeschrÜnkung durdi den Intellekt und damit eine
unz u l ä ngliche Verendlichung oder eine Sentimentalität^ die in der trie*
fenden BanalitSt ihres literarischen Angelegenseins oder der rein persBto-
lieh«! Stimmung in nichts hinter (dem doch vttUig indiskutablen?) Blick-
Hn zurücksteht
. ^ by Google
Das andere Surrogat ist die Ausdrudnstexgerang. Daß sie ein Surrogat
ist, zeigt schon die Besdireibung, die van Gogh Tim seiner Art tu arbeir
ten gibt. „Denke dir, ich male einen befreundeten Kfinsder, einen Kflnst-
1er, der große Träume trSumt, der arbeitet, wie die Nachtigall singt, weil
es )ust seine Natur ist. Dieser Mann ?oll blond sein. Alle Liebe, die ich
ffir ihn empfinde, möchte ich in das Bild hineinmalen. Zuerst male ich
ihn also so wie er ist, so getreu wie möglich, doch das ist nur der Anfang.
Damit ist das Bild noch nicht fertig. Nun fange ich an, \'vnllkürlich zu kolo-
rieren. Ich übertreibe da? Blond der Haare, ich nehme Orange, Chrom,
mattes Zitronengelb. Hinter den Kopf, statt der banalen Zimmerwand —
male ich die TJnendlichkeit. Ich mache einen einfachen Hintergrund aus
dem reiclisten Blau, so stark es die Palette heri^ibt. So wirkt durch di^e
einfache Zusammenstellung der blonde, beleuchtete kopi auf dem blauen
reichen Hintergründe gelieiinnisvoll wie ein Stern im dunklen Äther.**
Daß ein solches Veriahien nicht geeignet ist, eine Form iii unserem
Sinne zu schaffen, an der alles frei ist von der Willkür des Subjekts und der
Beziehung zum naturbaften Sein^ daß es nur eine Beschreibung des (wiU-
kttrlichen) psychischmi Inhahes mit (wiUkQrlichen) Mitteln sein konnte^
das dürfte aus diesen Worten klar werden. An die Stelle der Form tritt
die bewußte Deformation: die Formel Diese ist ganz bestimmt von dem
BedOrfiiis, die schlagendste^ ausdrQcklicfaste Beschräbung des ErlebniBses bu
geben. Sie war getragen Ton der Aktivität seines Temperamentes, dem
Pathos seines Selbstbewußtseins. Diese ließen ihn für den optischen Ein-
druck eine persttnliche Formel gewinnen, gegen die der impressionistische
Farbfleck schwach, temperamentlos, allgemein und flau erscheint. Die op-
tische Formel yanGoghs geht stärker auf das Springende, Wesentliche der
Erscheinung, indem sie alles Hindernde streicht imd so den Eindruck in
klarer Expression herausschreibt. Es steckt hinter dieser perwnlichen Reini-
gung ein karikaturales Element, das seine Basis im Sozialen findet. Das Er-
lebnis war innner ein echter van Gogh^ eine gewisse Ähnlichkeit bietet
Multatuli, dem der gleiche Groll aus Liebe, das gleiche Ethos aus Mit-
empfinden zu seiner Tat und zu seinern Ausdruck verhalt Aber daß sein
Gehalt immer sehr tiefsinnig war, wer wird das behaupten wollen?
Das ganze Schwergewicht des van Goghschen Strebens war somit auf die
Mittel verlegt, dieder Beschreibung dienten^ der ganze Weg seiner Entwick-
limg ist mit der Erring uug seiner Ausdrucksmittd umschrieben : ihre Er-
weiterung in der Farbe um Schwarz undjV^mßydie Steigerung ihrer Kraft
vft Die Eroberung dvs neuen Lebensgefnhles
•tMWIlflUllliNINWIllllltlltmtll lf*t«Mtf<«f •«■»■# Mlllllllt III* lMilllMiiiiiifiiiiMiiMlllt«ll»MBH«««HUMiatMI«IHIt|^«ailll
durch das Ausschalten der Reflexe und der Lichtdifferenzierung^der Valeurs
überhaupt, ihre Behandlung durch plastisches Kneten, durch reliefartige
Erhöhung von der weißen Leinwand bis zum Farbberg, der aus der Tube
gedrürVj wurde — da« Vereinigen von Farbe und Linie - und vor allem
die Zeiclinung selbst. Eine frühe und späte /oichrmno^ untei scheidet sieb
nicht so sehr durch die Eniplindung selbst als durch die Aufdi ucksmittel,
die sie restloser wiedergeben. Auf der früberen ahnt man van Gogh nur
unter der Allgemeiniieit des Striches und der Flecken, auf der späteren
aber ist es nur van Gogh; 1 uiiu, Größe, Dicke, Dichtigkeit, Beziehung
zueuiander — alles ist mitbedacht in der Bildung dieser durch und durch
persönlichen Handschrift, die nur den einmi Sinn kennt, das jedesmalige
Objekt ausdrCkdEltch zu bezeichnen.
Was sie leitet, ist allein das Temperament des Subjekts, jene Art explo-
siTen Temperamentes, die dodi nur ganz bedingt bezeugt, daß eine „große
IntensitSt der Leidenschaften, Motive oder Gedanken Torliegt J&i ist
die Abwesenheit von Bedenken, von Konsequenzen, von Überlegungen,
die atißerordentlidbie Verein&chung des Jeweiligen geistigaa Horizontes,
was dem explosiven Individuum solche motorische Energie und Leichtig-
keit verleiht" Van Gogh bot dner gottlosen Zeit das ergreifende Schau-
spiel eines verzweifelten Suchens nach dem Absoluten. £r wühlte immer
mehr gesteigerte Temperamentserregungen zur Ergreifung der Welt auf
in der Erwartung, am Boden des ganz individualisierten Individuums das
Absolute zu entdecken. Doch nach dem Identitntssalze fand der Subjek-
tivist nur sich selbst und klammerte sich an außen liegende Symbole. Er
steigoi le fortsrhi eiteiui sejue f arln^en imd linearen Ausdrucksmittel und
blieb clocii au der einmaligeii, piivsioiogischen Sensation hängen. Diese
Kluft 7eie;t, daß van Go^h mehr Temperament als Chai.ikier, mehr Er-
regung als Inhalt war, so daß seine Kunst arm blieb und verdammt, um
das Absolute zu kreisen, statt aus der Verbindung mit ihm eine Welt zu
bauen. Das Temperament ist das einzige, was sich steigert, was die Dinge
immer beLebter madit, immer mehr in erregte ornamentale Form auf-
löst, sich schließUcb überschlagt und in dieser höchsten Erregung des
Wahnsinns Werke schafit, die den anderen vollgültig zur Seite stehen.
Die ganze Kunst van Gogbs beruht auf diesem sich immer steigernde
und logisch im Wahnsinn endenden Temperament, kglsdi, weil auf dem
direkten Wege durch die Erregung niemals das gesuchte Absolute, son-
dern nm* der Zwttfel, das Nichts zu finden ist. Alles, was van Gogh selbst
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Van Gog^ 75
>lt»>*IIIMWI*II W II»l>lll*WI* W I M WM<|Mll>iWMIt»llllltllltlilliillllllllllltlllllilltlMlilliltllttlW M IlillittlMlltllliW^ I III II Hl lim
als wQnscheiiswert erdenken konnte, war nicht eine Vertiefung der Ge-
staltung, sodem eine Steigerung des Stoffkreises. ,,Eus8Ö-je eu les forces
pour oontinuer, j'aurais fait des saints et de saintes femmes d'apr^ nature
qui auraient paru d'un autre äge; c'auraient ^t^ des bourgeois d'a present,
ayant pourtant des rapports avec des chretiens fort primitifs. — Les ^mo-
tions qne cela rauce sont cependant trop fortes. J'y resterais. Mais plus
tard, plus tard, je ne dis pas que je rie viendrai pas ä la cbaT ge. — 11 ne
faut pas songer a tont cela, 11 faut faire, fiit-ce des etudes de choux et de
salade pour se calmer et apr^ avoir ^te calme, alors . . . ce dont on sera
capable."
Was van (iogh erreichte, war Erhöhte und höchblc Suggestionskraft,
nicht bildlidite Notwendigkeit ¥& liaiidelt sich auch optisch nicht um
ein großes und einheitlidies Sehen, die ßildteüe stehen nicht in orga-
nischem Zusammenhang. Die Lebendigkeit van Goghs ist ein polsffer
Gegensatz zum Leben des Organismus. Er hat auch hier das Manko ge-
iQhlt und geglaubt, es durch die groteske Idee der Arbeitsteilung, der
Arbeitsgemeinscbait Ton Künstlern beheben zu kennen. Die Einsicht,
daß das Absolute der Gestaltung nicht durch Addition von Individuen
zu erreichen ist (vveil diese in dem Maße, als sie Individuen sind, sich
einander fremd und in sich willkürlich sind), diese Einsicht (als Gauguin
sie ihm verschaffte) hat ihm den Verstand gekostet Verworrenheit ist
die letzte Basis seiner Kunst
Je suis Saint Esprit
Je suis Saint d'Esprit
So bedeutet das Werk van Goghs eine wertvolle Erweiterung des
Lebensgefühles gegenüber dem Impressionismus. Ab^ die ErfOllung des
Gesetzes mit warmblutender Totalität, die hohe Steigerung in der Aus-'
druckskraft seiner neuen Erlebnisse, sie ändern nichts daran, daß er die
Funktion des schöpferischen Triebes nicht über den Impresstomsmus hin-
aus seiner absoluten Form angenähert hat.
•Mn«iHMn<HiMi>Mniia»i»M»i
tUMMMWIUllIHMMUllllimUUI
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M*»llltllllllMI««aMltlllllll«illliaM»MMIII<IMWMm««tM«*»M««*l>»tlM«l^l*«»M*HMItll*»MMMt»tl«»ttl«*MtlMtOI»t9llt«lf*M*^^ i itKIII»«
AUF DEM WEGE ZlüR ABSOLUTEN GESTALTUNG
^Wir müssen in dem, was sein soll, den Grund
dessen suchen, was ist'* (Lotze)
,,6i]de, Künstler, rede nicht." (Goethe)
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M«Ml*i*MMM«fti«W*IUU«MIIMHt«MfMMIItH«IMillllMIMICIIIIMttll«»tlt*tnillM»Rt«rtttltltltlttt»t««aMIM««Mn«M«
DER NEO-IMPRESSlOlSiSMüS
demander a la poesie du sentimentalisme,
ce »'«st pas 9a. Des mots rayozmantgy des mott
de lumiSre, des mots de lumi^re . . . avec un
rhythme et une musique, YoUä ce que c'est la
po^e. ^a ne prouve rien, 9a ne vacoDte rien . .
(Th^phüe Gauüer)
Zu allen Zeiten findet man in der Kunstgeschichte die von kleinen
Geistern begangene und von den Theoretikern sanktionierte Ver-
wechslung zwischen naturwissenschaftlicher und künstlerischer Ge-
setzmäßigkeit. Sie richtet sich auf das jeweilige Mittel, an dem man sich
ausdrückt, kcomte also in der Moderne nur auf das Material selbst gdien.
Es war impressionistisches Dogma, daß man in den sieben Farben des
Spektrums das Licht in allen seinen möglichen Stufen enthalten fände,
und daß man mit ihnen direkt das natürliche Licht in seiner ganzen
Helligkeit malen könnte, wenn man sie nur rein auftrüge und die Eini-
gUDg dem Auge des Beschauei-s überließe. Doch als Künstler ganz der
Sinnlichkeit ihres Auges und ihres Ausdruckswillens hingegeben, haben
sie zuweilen die Farben gemischt und durch Valeurs harmonisiert. Eine
jüngere und rationalere Generation wollte nicht nui tiiekonsequenteDurch-
führung des Satzes der Identität der Spektralfarben und der Lichtstufen,
sondern legte sich zugleich die Frage vor, ob es nicht deaFarbbeziehungen
immanente Gesetze gäbe, die die Lichtgebung einer notwendigen Gesetz- .
mäfiigkeit unterwerfen würde. Man sachte Prinzipien, die der Lichtana-
lyse des einmaligen Wahmehmungsaktes die Willkfir persönlicher Liter-
pretation nehmen und eine unumstöBliche Ordnung statuieren sollten.
Der Neo-Impressionist mißtraut bereits der Allmacfat der Elemente^ die
der Konzeption des Impressionismus zugrunde lagen : der Natur und der
instinktmäßigen und später routinierten Analyse der Mitt^ Er fordert
irgend einSicheres innerhalb der allgemeinenBewegung der impressionisti-
schen Kunst Öder anders ausgedrückt: Er unterscheidet bereits- zwischen
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Phot. E. Drutt, Pari» Sammlung UöU
Georges Seurat
Le Chahut (Abb. 11)
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Der Neo-Impressioniamut
Bild und Sldzze. In dieser steht sein Naturempfinden auf der Basis des
Impressionismus. Er notiert einen momentanen Eindruck, der in einer
kleinen Skizze den lidit-Farbkontiast einfacher, konzentriertery klarer
geben kann. Aus diesen Skizzen macht der Neo-Impresdonist ein Bild
(oder was er so nennt), indem er diese Hauptfarbmassen nach den der
Materie immanenten Gesetzen verbindet. Man konzipiert aus dem Ob-
jekt und vollendet nach einer Theorie über die Farbe.
„Nach der neo-impressionistischen Auffassung vermischt sich die Farbe
des Sonnenh'-chts, das je nach der Tageszeit und den örtlichen Umständen
gelb, oj ange oder rot i^^t, mit der Lokalfarbe und gibt dieser, wo sie von
der hellsten Beleuchtung getroffen wird, glutrote und goldene Nebentöne.
Der Schatten ist dagegen als getreues Komplement des Lichtes je nach der
Härte des Lichtes violett, blau oder blaugrün, die nichtheleiirbteten Tön©
in der Lokalfat be werden daher durch diese kalten l örie beeiiiilußt." Von
dieser Beobac htung des Koniplementarverhältnisses von Licht und Schatten
ausgehend, formuliert nun Signac, wie man sich alle Vorteile der Leucht-
kraft, der Farbgebung und der Harmonie sichern kann und zwar: i ) „durch
die Anwendung ausechlieBlicfa reiner Farben (aller Farben des Prismas und
aller ihrer Grade) und durch die Ausnutzung des in der Netzhaut sich toU-
ziehenden Mischungsprozesses dieser Farben, a) durch das Getrennthalten
der yerschiedenen Elemente, also derLokalfarbe,Beleuchtungsfarbe,Reflez-
und Kontrastwirkung, 5) durch die Abwfigung und Ausgleichung dieser
Elemente untereinander (nach den Gesetzen der Kontrastwirkung, der Ab-
stufung und der Strahlung), 4) durch die Ver"w-endung von einzelnen Pin-
selstrichen, deren Größe in einem richtigen Verhältnis zur GrdBe des Bildes
selbst steht, so daß sie beim erforderlichen Abstand mit den angrenzenden
Pinselstriihen im Auge eine Mischung eingehen".
Dieser „methodisiertelmpreFsionismus" richtet seinen Verstand zugleich
mit der Ordnung der Materie auf die Ordnnn^j des Ganzen. Zugleich mit
der Zerlegung der Farbe k|im ibm der Richuingswert der Linie zum Be-
\vul3tsoin und von Seurat, dem geistigen Haupt imd bedeutendsten Künstler
der Gruppe, stammt der Satz: „. . . diese Sehnsucht nach Harmonie würde
von der Linie, vom Li( ht und von der Farbe geschaffen. Diese können
wir in ruhige, heitere oder traurige Harmonien fassen. Die Heiterkeit des
Lichtes gibt der Glanz der Sonnenstrahlen, die Heiterkeit der Farbe die
warmen Farben, die der Linie ihr Himmelstürmen. Die Ruhe des Lichtes
verleihen das Abwiegen von Licht und Schatten, die der Farbe die kalten
m mm iMi
Auf dam Waf» nw dbaolutta Garttttmif
■i«iiiiiiiniiiiHmHttiitffnfMt«i»niNtiillWllMHmM*inaitititiiinitiiftfMiim>Mimi*ni
und die warmen Farben, die Linie erhält ihre Ruhe durch ihr Streben nach
dem Horizonte. Endlich stammt die Traurigkeit des Lichtes von den
Schatten, die der Farbe von der Herrschaft der kalten Farben, die der Linie
von dem Herabsinken in die Tiefe her. Aus diesen Elementen muß unsere
Komposition, in Harmonie mit unserer Vision, geschaffen werden." Aber
die Elemente bleiben auseinander, gewinnen nicht die Einheit der Form,
da ihr Sinn und Bedeutung noi h irntner darin liegt, eine psychi'.f lie Rea-
lität an der LichtreaUlat zu beschreiben. Mag sich der impressionistische
Farbfleck in eine feste und zum Ganzen relative Gestalt fixiert haben, mag^
ihre Auleiiiaiiderfolge theoretischen Prinzipien gehorchen, von der Ma-
terialbezeichnung kommt er nicht fort. Und ohne die Formgestaltung wird
alle Ordnung unorganisch^ mtellektaell oder gesdunScklerisch. Das Schaf-
fen TonBiaiehungen ist nicht Gestaltung^ das sinnliche Abwägen der Mas-
sen nur dn Surrogat derselben. All das ist äußerlich, Anekdote. Darum
haben die Kontraste noch keine Zeugungskraft, um ein Neues, Ganzes zu
erbauen, sie stehen unvermittelt gegeneinander, endlose Parallel wieder»
holung ist ihr Reichtum, und Kurven mfissen sie verschleifen. Die Farb-
harmonisierung ist voll von linearen Abruptioneu oder Langweiligkeiten
un^dlicher Wiederholungen. Einer vollkommenen Konfusion aber steht
man gegenüber, sobald man auf die Raumgestaltung achtet Wo dieselbe
nicht durch die rein dekorative Fläche umgangen ist, ist der naturillusio-
nistische Raum nicht verlassen, imd die Diskrepanz wird erst deutlich,
wo stärkere Kraft die Raumperspektive hart gegen die Fläche stellt wie
Seurat im Chahut.
Die Substituierung einer wissenschaitUcheu Theorie konnte die Kluft
zwischen dem neuen rdt ionalen Willen zur Ordnung und dem Eesthalten
an der raomentanenu n J lud ividuaUsiertenSensation nicht überbrücken. Man
materialisierte das Licht ebenso wie dieFunkiiouen der Gestaltung. Aber
trotzdem bedeutet der Neo-Impressionismus einen ersten Schritt — wenn
auch einen Fehlschritt -> von dem reinenNatunilismus der Gestaltung fort
Er betonte in seinem Schaffoi stärker die Bedeutung des Subjekts^ wenn
auch nur nach seiner rationalen, rechnenden, sich seihst bewußten Seite
hin, und in seinem Werk den Zusammenhang mit der Wand.
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GiZANNE
„C^zaniie semble etre un eleve de Cesar Franck.
II joue du grand orgue constamment ce que me
faisait dire qyCü. ötait polyphone/' (Gauguin)
„Jevais en developpement logiquedecequenous
voyvui et ressenLous par l'etude sur nature."
(C^zanne)
Während Signac seine klemis und fadenschemige Konzeption mit
der Bordüre eines wisRenschafdichen Gesetzes geschmackvoll
▼erhr&nte, trug in heroischer Einsamkeit ein Riese die weiten-
schwere Last der Erkenntnis der absoluten Gestaltung. Sie kreiste über
allen seinen Vorstellungen mit der dämonischen Magie &talistischer Ge-
stirne und zwang den schon ^erzigjährigen Träumer zu jener unerhör-
ten Anspannung seines Willens, die Gegenpole der Welt in eins zu bin-
den in einer unendlichen und unabsehbar mühseligen Arbeit.
Jede Immanenz von Ich, Welt und Gott, jede prästabilierte Harmonie
und Ordnnng war entschwunden vordem entnervenden Skeptizismus; einer
völligeii Diskrepanz und Dualität des Daseins. Aber aus der Verzweiüung
w uchs ihm, der einmal ganz tief die Einheit der Welt gefühlt haben mußte,
die Kraft zum schöpferischen Tun. Sein Wille bejahte diesen Dualismus,
steiUe iim mit Energie und Kraft iieraus, vereinzelte Mensch von Mensch
im Sein und im Handeln zu einer rastlosen Einsamkeit und trieb einen jeden
für sich mit ringkämpferischer Seelenenergie gegen die undurchdringliche
Wand des Absoluten. Der Wille wollte diese Einsamkeit, der Wille wollte
t^Ueses Drängen und vor allem: der Wille wollte die absolute Gestaltung.
Je mehr er sich ron dem Bewul^tsein hiervon erfüllte^ um so mehr bedrohte
er die Unmittelbarkeit der schtf pferiscfaen Stimmung. Der Wille, der eme
Anspannung ist, findet letzthin noch immer im Passiven seine Erlösung,
und C^zanne stellte das Ruhende als kotitinui^f lieh und zusammenhängcaid
dar, aber mit dem Schauer des Todes, des Nichts, das Aktive^ dagegen
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6o
Auf dem Wege «ur abMluttn GMtaltung
iMmtaniiin«»iiiiM»i>iiiiiii»iii(nMnttMtiin»nMii<<>ii«iii»fntm«fttniiHffiitii
i^prunghafty zerrissen, diskontinuierlich. Und es sind typisch C^zannesche
Konflikte, daß das aktive licht in die ruhende Dunkelheit hinein aufge-
saugt wird, oder daß aus der in vornehmer Abgeschiedenheit ruhenden Welt
ein wütender Wille hervorbricht, um eine Einheit zu erzwingen. So ge-
winnt der Wille selbst materiellen Inhalt, anstatt reine Funktion /u werden.
Es ist die bezeichnendste Eigorr^^rhaft dieses Willens, daß er in sich du-
alistisch ist, getra^^en wird von <letn (rrschick, in Kontraste zerspahen zu
sein. SeineschöpieribLiie Fähigkeit woiitezweiElementezueinander bringen,
die in der Entwicklung auseinander lagen: ein modernes Destruktive?, das
die Ausbalancierung konträrster Massen liebt, Uiagonale Raumzei^ciiuei-
dung und sich zerstückelnde Linien, enges, dichtes Leben in dem G^talte-
ten — Momente, die man Ober Romantik und Barock m ihrem gotischen
Ursprung zurückführen könnte. Sie haben diespeidfisch moderne Notedes
Gestaltens fiber die intim beobachtete Nafor und des schfipf erischen Denkens
direkt in der Materie. Dann &.n Klassisch^ Struktivesi das die Harmonie .
der Massen und die FUcfaentektonik des Raumes liebt^ die Wollust der
Kurve und den üch ohne Überschneidung ausbreitenden Kontur. Das Go-
tische findet seine Erlösung vom Individuellen im Übersinnlichen, optisch:
senkrecht,das Klassische im Al]gemdnen des Endlichen, optisch: wagrecht
Diese beiden kontieren Funktionen menschlichen Erlebens versuchte
zanne in eine neue Einheit zu fassen. Aber dieses dritte Reich ist keine
literarische Synthese. C^zanne steigert z. B. das Moment des Schmerzes
weder zum Prometheus noch zur Maria, sondern fand einen Rhythmus
von Formen, Farben und Linien, die ciiicii r?efrpnstand konstituierten und
in diesem Gegenstand die Materialität der Kontraste aufhoben, d. b. er
schickte seine Vision durch die Realität, durch die Optik.
Diese Spannung von Kontrasten, die sich bis in jede einzelne Empfindung
hinein verfolgen läßt, kennzeichnet die Cezannesche Optik. Wir können
sagen, daß &ne Empfindung bei Cezanne ebensowen ig ohne ihren Kontrast
auftritt, wie ohne die Totalität im Umkreis der Sinnesorgane. Daß ein
Racchanale mit kalten Farben gegeben, das Licht überhaupt oTt kalt emp-
funden vrird, kOnntenoch als einMußerUcher,8tatiscberKontraster6cheinen.
Aber schön die typische Farbgebung Cäzannes, in der Blau mit Ocker, Grün
dagegen nur ideell mit dem Rot im Ocker und Violett beantwortet wird,
zeigt uns, daß hier ein durchaus dynamischer Vorgang vorliegt. Besonders
deutlich w Ird dieser dynamisch-motorische Charakter ander Gewichtsetnp*
findung. Sie ist nicht statisch, d. h. derart, daß gleiche Massenverteilung
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auf beiden Seiten stattfindet, sondern ungleiche Massen werden zum Atu-
gleich gebracht C^^anne tut alles, um die eine Hälfte schwerer zu machen.
Die Besetzung der Fläche überhaupt ist größer^ der Stoff schwerer, das Licht
dunkler, die Farben kälter. Die Mittel, mit denen er dann doch ein Gleich-
p^ewicht erhält, sind die grönerc Raumweite auf der leichteren Seite, diedia-
gonal-symmetrisrheGe\A iehtsbeziehungjdie moii irische Aktivität der Linie,
die aus der inneren Spannung ein lebendiges iv-raft cspiel macht. Doch ver-
sucht C^zanne immer, die reine Dynamik der Emplmdung, ihr Schweben
zu konzentrieren, indem er die individuelle Nuance, die ihm die Sensibilität
seines Organs vermittelt hat, einem bestehenden Begriff annähert oder sie
zu einer ganz deutlichen, neuen Allgemeinform kondensiert. Es wiederholt
sich zum Beispiel, daß wa: mit Violett einen irOlir^en Geschmack (Übei^
gangsstadium Tom Unreifen zum ReiSsn), mit einem für ihn sehr beaeich-
nenden Ockerton ein Morbides (Übergang zwischen Reife und Fäulnis)
ausdrückt Vor allem aber richtet ach die Kontrastempfindung auf den
Raum selbst, so daß jeder Raumtendenz eine Gegenrichtung entspricht, und
damit eine innere Lebendigkeit der Optik hergestellt wird, die als solche
bereits verrät,, daß das Sehen Cezannes ein von dem impressionistischen
Wahrnehmungsakt völlig verschiedener Vorgang ist Die Analyse des Im-
pressionismus war Auge plus Sensibilität aller Sinnesorgane, die Cezannes
ist Einheit von Auge und Intellekt. Beide sollen sich nach seinem Willen
unterstützen, und so kam in die Optik selbst bereits ein organisierendes
Element hinein. Die Gefahr freilich \\nr nahe, daß sich der Intellekt zu
Sehbegriffen materialisierte und damit den schöpferischen Pro2eß verend-
lichte. Die Forderung Cezannes, daß die eigene und neueOpiik des Malers
von einer Logik getragen und begleitet sein müssef trug die Gefahr jeder
Logik in sich, die sich außerhalb des schöpferischen Prozesses stellt und
sich verselbständigt. Für den schöpferischen Akt gibt es weder einen rich-
tigen Begriff noch ein gültiges Urteil außerhalb seiner eigenen Prinzipien.
Soweit sich aber die Logik Cdzannes in den GestaltungswiUen als reine Funk-
tion einfügt, bedeutet sie d^ ungeheuren Schritt, daß das anal) tische Mo-
ment von einer Totalität getragen und bestimmt ist*. „Lire la iftture c'est
la voir sous le volle de Tintei^pr^ation par taches oolor^ se succ^dant
Selon une loi d'harmonie.''
Durch dieses Bestimmtsein charakterisiert sich C&annes Arbeitsweise:
,^'abord une soumission complke au modele j avec soin r^tablissement de
la mise en place, la recherche des galbes^ les relations des pioportions;
Hemo S
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8 2 Auf dem Wege rar dNolnten Gestaltung
H<MII<IIMllMMII>IIIMHI«UIHII>tllllMUMMII(IUM<nMIIIIIMia>IIHtMMm(MNnMmtn>IINIIIIIa«»iUH«««>in>limtinMI>IIHIH<UMM>MUtl>H
pui«:, a tres meditatives s^ances, l'exaltation des sensations colorantes, i'el^-
vation de la forme vers une conception d^corative; delacouleLirversleplus
cbantant uiapason. Ainsi plus l'artisie Lravailie, plus son ouvrage s eloigiio
de Tobjectif, plus il se distance de l'opacite du modMe lui servant de point
de d^part, plus il entre dans la peinture sans autre but qu'elle-m^me ;
plus il aksLrait son tableau, plus il simplifie avec ampieui- apres i avüu
enfantö ötioit, conforme, h^sitant.
Peu ä peit roBUTre a grandi, est panremui au r&ultat d'une oonoeplioii
pure. Dans cette marche atteutiye et patiente toute partie est metkle de
front, acoompagne les aotres» et l'on peut dire que cfaaque jour une yisUm
plus exasper^ yient se superposer k oelile de la veOle, jusqu'ä ce que l'ar-
tiste lass^ sente fcmdre ses ailes k Tapproche du «oleil, c*est<4i-dire aban-
donne au point le plus haut, oCi il a pu T^l^ver, son travail; en sorte que
s'fl aYait pris autant de tolles qu'U a pass^ de s^ances, il r^ulterait de son
analyseune somme de visions ascendantes, gradueUemoit Vivantes, chantan-
tes, abstraites, harmonieuses, dont la plus sumature serait la plus d^fint-
tiTe$ mais en ne prenant qu'une seule tolle pour cette lente et ftrrente
Elaboration, Paul CEzanne nous d^montre que l'analyse n'est pas son but,
qviVlle n'est que son moyen, qu'il se sert d'elle comme de pi^estal et qu'il
ne tient qu'ä la synthese destructive et concluante."
Es ist der Weg, der von der Zerlegung einer konstatierten Tatsache in
ihre Bestandteile fortfuhrt zu der Erkenntnis der Ui-sachen, die das Eeben
der Objekte gebildet haben, es ist der Weg von der Materialität des Er-
lebnisses (am Objekt und Subjekt) zu der Energetik des Konfliktes, es ist
der Weg aliei zur absoluten Gestaltimg drängenden Kunst. Dieser Weg
vom Sujet zum Motiv«bestimmt sich bei Cdzanne durch seine Tendenz auf
das Wesentliche» Seine Kunst strich den Absolutismus des Individualitäts«
und DiiFerenz]erungsproze88e& Cdzanne suchte in der Natur über das Ein-
malige und Geistrachelnde hinaus das Ewige im Allgemeinen und darum
oft im Banalen. War das Sujet zum Bdepiel ein StraBendurcbblick, so bor
tonte er: der Straßendurcfablicfc — das Fliehen der Strafie, das Spitze des
ideellen Zusammentreffens, das Stehen der Laubmassen und die Kundung
ihrer Wölbung, und hieraus gewinnt er die künstlerischen Formdemente.
C^zanne holt gleichsam aus dem Natursujet die immanent gegebenen allge-
meinsten Möglichkeiten heraus und baut aus ihn^ die neue Kunstganzheit
aul Da sie nicht auf dem Wege der Absonderung, der Abstraktion, son-
dern der Verdichtung gewonnen waren, durch das Zurttckgehen auf die
C^ianne
1-3
Gründe der Obiektwerdung selbst,so verharrte Cözanne nur in mangelhaften
Werken in diesem Allgemeineiiy das an sich nicht weniger weit yoii der
wirklichen und zu fordernden Realität entfernt ist als das Einmalige. Er
gewann den Grund der Dinge, und die Gesetze ihrer Wendung durchschau-
end, baut er aus ihnen die neue Welt der Kunst. Das Sujet wurde ihm
Motiv, das heißt plastisch-energetische Form, eine neue Welt, die sich nach
eigenen Gesetzen roUendete. Aber sein Vorgehen barg Gefahren. Nidit
nur dieses Steckenbleiben im AUgmeinen, das den sdiöpferischen Proseß
verendlicht^ sondern eine Spannung zwischen diesem und der Natur. La-
dern Cezanne^ mit ihrer Wiedergabe b^innend, sich im Schaff<m Ytm ihr
entfernte, kam es nicht selten, daß der aus der Beschreibung gewonnene
Abschhiß, die aus Her Natur oder der Vision durch Silhouettierung abzu-
ziehende Ganzlioit j olt in Widerspruch trat zu der kunstorganischcn Einheit,
und daß die letztere von der orsteren durch das Festhalten eines dekora-
tiven, von vornhereinaussinnhchenGeschmacksgründeaiertigen Momentes
verhindert wurde. Eis beruht dies auf dem Ct^zanneschen Verhältnis von
Subjekt und Objekt. Die Ganzheit, die jenes aus der Vei-schweißung der
polaren Kontraste gebar, war nicht mit der konkreten Reaütät selbst ge-
zeugt, und wenn es dann von dieser ausgehend zu jener zurückwollte, so
ergab sich eine Spannung, die er selbst mit Wortm ausgedruckt hat^ die
die Prinzipien der schöpferischen Gestaltung bedrohen würden, wären sie
nicht einem Manko der persönlichen Begabung des Künstlers zuzuschrei-
ben, das darin bestand, daß der Wille, der die beiden einte, nch nicht
von ihnen befreiend, reine Funktion wurde, sondern materiellen Inhalt
gewann: „L'^tude modifie notre vision k tel point que Thumble et colossal
Pissaro se trouve justifiö de ses theories anarchistes."
Das aber ist seine wahre Größe, daß er auf diesem Studium der Natur
bestand. Je mehr durch die Spannung der Kontraste seine Vision im
Leeren blieb, desto stärker beharrte er auf der Realisierung, darauf, dem
in wesenloser Reinheit schwebenden Ideal einen Körper zu schaffen. ,,Le
plus fort sera celui qui aura vu le plus k fond et qui röalisera plemcuient
comme les grands Venitiens." Realisieren aber kann nur heißen, seine
Sensation den Prinzipien der ab.>uluten Gestaltung überhaupt und der
speziellen Kunst im besonderen unterwerfen: Subjekt und Objekt in dem
sich selbst setzenden Konflikt zu einen und diej5en zu einem Organismub
zu vollendeiij die Vision an der koiikreLheii der Gegenstände und ihren
ifiumlichen Werten verdinglichen und darüber hinaus an diesem Dinge
6»
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8^ Auf dem Wege xur absoluten Gestaltung
niAtenalineren. Kurz: den Geist in den Staub treiben^ um aus ihm einen
festeii KOrper zu machoiy in dem eine an dem unendlichoi Leben teil-
babende Seele wohnt C^äome wußte, daß es ohne diese Verkttrperlkfaiing
keine Kunst gibt, und daß sie nie auf dem Wege direkter Besdueibung
zu erreichen ist. ^cb wollte die Natur koperen, es geHang mir nicht. Ich
war mit mir zufrieden, als ich entdeckte, daß die Sonne zum Beispiel
(oder besonnte Gegenstände) sieb nicht wiedergeben ließ, sondern daß
man sie durch anderes, als was ich sah, umschreiben mußte — durch die
Farbe.** Was der Künstler hier an seinen Materialien ausdrückt, gilt für
das ganze Gebiet des Seelischen. Es ist das Wesen der Kunst, daß sie das
Erlebnis nicht direkt und unmittelbar weitergeben kann, sondern nur in
einem Körper und darum indirekt Es macht den besonderen, modernen
Reiz aus und bezeirbnet zugleich die Grenze der C^zanneschen Kunst,
daß man den Weg dieser Realisation auf dem W erke ablesen kann.
Man hatalsoC^zanneganzzuUnrechteinenMystiker genannt. Erwares —
wiejeder Künstler — am Ausgangspunktseines Lebens. Denn hätte erdieEin-
heit der Welt nicht einmal mystisch empiuiiden, wie hättesich ihm der Trieb
bilden sollen, die zerüallene in einer Schöpf ung zu einen? Für ihn als den
Künstler war sie ein unendlich verworrener, lange aus dem Schöße Gottes
ent&llener Dualismus* Das Urwesen der Mystik hat Meister Eckehart in
seiner Predigt von der Äimut am Geiste dargelegt. Es heißt dort: „Also
sagen wir: der Mensch solle so arm stehen, «laß er eme Statte, darin Gott
wirken mdge, weder sei noch in sich habe! Solange der Mensch in sich
Raum behält, so lange behftlt er Unteischiedenheit. Darum eben bitte ich
Gott, daß er mich Gottes quitt mache! Denn das unseiende Sein ist jen-
seits von Gott, jenseits von aller Unterschiedenheit: da war nur ich selber,
da wollte ich mich selber und schaute mich selber als den, der diesen Men."
sehen gemacht hat! So bin ich denn die Ursache meiner selbst, nach mei-
nem ewigen und nach meinem zeitlichen Wesen. Nur hierum bin ich
geboren. — In meiner Geburt wurden auch alle Dinge geboren: ich war
zugleich meine eigene und aller Dinge Ursache. Und wollte ich: weder
ich wäre noch alle Dnia^c. VVäre aber ich nicht, so wäre auch Gott nicht!**
In diesen Worten liegt der verme->f ne und tragische Sinn aller M^sük.
Vermessen, weil sie die ganze Realität und den transzendenten Gott jeder
Religion hineinzieht in die in völliger Abgeschiedenheit lebende Seele j und
tragisch, weil sie konsequenterweise von d iesen Erlebnissen nicht reden kann,
ohne sich selbst zu verleugnen. Denn das Wort, der Begriff ist schon die
Cexanne 85
<iiiii<i<i»itiiiii>iit>>i>>tt>t»iit>iii>tt(ni<iti<tti«tiiia«i)i«atiaaiiuttHtiHnHiimiimiMnMUMitH»MUMutiiuMtMniii(t>iaMi<iaiiiiiMfii<iMiii
Tat des schöpferischen Menschen. Da dessen Wesen aber darii* besteht,
daß er eine Realität setzt, durch die organische Gestahung dieser Rea-
lität das Absolute zu erreichen strebt, so kann mnn unmöglich den schöp-
ferischen Menschen durch den mystischen delmiei t n. Der Satz wird er-
laubt sein, daß der Künstler nur auf Kosten semer schöpierischen Kraft
Mystiker, der Mystiker nur auf Kosten der Reinheit seiner mystischen
Erldhrung schöpferischer Mensch sein kann.
Cäzanne aber wollte mit der ganzen Energie seines bewußten Willens
schöpferische Mensch sein. Seine ganze künstlerische Entwicklimg läßt
dch als eine Gewinnung und VarvoUkommnung der Realisationsmittel be-
grdfen. Li sönm frühen Werkoihemmt ein pathetisches Ausdrucksbedttrf-
nis, das sich in starken Kontrasten und sprunghafter FBchenbesetzung
beMedigty die klare Entwicklung der Form und die Eindeutigkeit des räum-
lichen Ablaufes. Elmwte romantischer Kuns^ vor allem aus Daumieri
waren das psychisch-stoffliche Surrogat der Willensanspannung, die sich
später in der Gestaltung selbst äußert, in der plötzlichen Schärfe, mit der
eine Richtung unterbrochen wird, in dem Hineinhauen einer Konträr-
form in ein in sich ruhendes FnnnensemMe, vor allem aber in der Auf-
dringlichkeit der Formbeziehungen und in der Zentrierung des optischen
Prn7e<^«es im pin7f>lnen Sehakt wie in der Gesamtvorstellunfir. Diesen we-
seilt] ic hen Fortschritt verdankt Cezanne den Impressionisten. Deren Be-
tonung des Arbeitens direkt vor der Natur gab ilnn einen neuen Ge^en-
^ stand der Realisierung, und Cözauue hat nie aufgehört, die Wichtigkeit
dieses Schrittes zu betonen. — Wie die gesamte Entwicklung, so stellt
sich auch die jedes ciuzelnen Werkes als reine Vervoilküinmnuiig der
Realisierung dar. Auf dem Wege von einer früheren zu einer späteren
Fassung föUt alles, was noch naturalistische Ausdeutung war, zugunsten
einer logischen Organisierung der Gestaltung.
AufwelchemWege undinwelchenFormenwirddiesevonGdzanneerreicht?
Er begann mit der Bildung seines Mittels. Wie das Wort der Wissen-
schaft nichts gemein hat nut dem Wort des täglichen Umgangs, so ist das
Material der Farhe und der Linie nicht das Mittel des Künstlers. G^zanne
begriff, daß das Material überhaupt nicht die Natur bezeichnen k&me, son-
dern daß es in ein einheitlidies Mittel zu bilden sei, das seinerseits die
Sensation umschrieb. In diesem Prozeß vom Material zum Mittel war der
ganze G^taltungsvorgang keimhaft enthalten. Das Licht war nun nicht
mehr Sejibstzweck der Darstellung, sondern hatte sich mit der Farbmaterie
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Auf dem Weg» »ir abielirtMi G^taltung
zu einen, und zwischen Farbe und Linie bestand kein Wesensunterschied
in der Bedeutung als konstituierendes Element, da beide der Form zu die-
nen haben. „Le dessin et la couleur ne sont point distincts; au für et k
mesure que Ton peint on dessinej plus la couleur s'harmonise, plus le des-
sin fie pr^cise. Quand la couleur est 4 sa richesse, la forme est 4 sa pl^-
tude.*^ Das einh^tUdieMittdC^izatiiitt war swarstai^kiiadidBrSeäeder
Farbe hin betont^ Farbe wurde mit Farbe beantwortet, und das Wort Valeur
soll nie von ihm gebraucht worden sein, aber es war weit daTon entfenity
reine Farbe, d. h. nur Farbe zu sm. Mit diesem so gebildeten Mittel schuf
C^zanne. Er dachte in ihuL Wo frühere Künstler die Kompodtionsfilhrun-
gen gegenständlich machten, das Mathematische realisierten, da bringt Cd-
zanne Brechungen, Änderungen, Betonungen des Mittels selbst Das war
nur dadurch miSgltch, daß er mit einer sehr reichen Palette arbeitete. Hier
ihre Zusammensetzung und die Erklärung, die Bemard ihr beifügt:
, , , VermiUon
Jaune brillant
— de Naple
Lesjaunes — de chrome
ücre jaune
Terre deSienne naturelle
Les rouges
Ocre rouge
Terrr de Sienne brülde
Laque de garance
— carmindeiine
— brülde
Les verts
Vei t Veronesc
— erneraude
Terre verte
Les bleus
Bleu de cobalt
— d'outremer
— de Prasse
Noir de pdche
„La composition colorde est ici rdpartie selon le cerde cbromatique et de
la fagon la plus dtendue; de teile Sorte que, dublancd'argent qui en forme
le summet, jusqu'k la bas^ qui en est le noir, eile passe par une parfaite
gradation des bleus aux verts et des laques aux jaunes. Une teile palette
a l'avantage de ne point pousser k trop de mdlanges et de donner beaucoup
de relief h ce que Ton peint, car eile permet les dcarts du foncd et du
clair, c'est-ä-dire les contrastes vignmeux.**
Cdzanne bändigt das Leben solchen Farbumfanges, indem er es einerseits
auf eine lache dominante hin bezieht, konzentriert, andererseits zu einer
schwebenden Farbfläche einigt. Diese ist das Produkt einer logischen Ab-
wicklung aller im Grund- und Konzeptionsakkord immanenten Möglich-
keiten zu einer in der Imagination pcastabilierten Harmonie, das heißt die
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C^uume * 87
Folge einer Gestaltung. Ihre Klarheit kommt aus der logischen Notwendig-
keit^mit der dieaus persflnlichster Optik gewonnenenKunstelementedurch-
gefdhrt^verden; ihre Ruhe aus dem in der Imagination prSstabiliertenZiel.
Das g^chaffeneMittelistformdienendymitbeduigt durch dieModellierung
und Raumgebung, durch das organische Herausarheiten desKubischen aus
der Fläche. I^eModeUierung konzentriert sich für Cezanne nach den For-
men von j^phferc, cdne et cylindre". Doch bildete sich ihm bei seinem Mit-
tel, aus dem der reine Valeur ausgeschaltet war, der Begriff des modeler
zu dem des moduler. Die nebeneinandergesetzte Farbabstufung sollte kubi-
s( he Werte direkt org^eben. SokannteCezanne eigenllich zwei Arten der Mo-
dellierung, iJiie ( ine zerlegt den Gegenstand in getrennt und selbständig
aufeinanderfolgende Ebenen, deren Tiefeniolge durch tarbdifferenzierung
erreicht wird. Sie organisiert die Kunstform als eine Folge logisch ver-
bundener Seinskontraste. Die «iudere aber ist nai.li alter Art illusionistisch
und dient scheinbar einer größeren Realisierung. Das spezifisch moderne
Problem; Wie können naturorganische Gegenstandseinheit und kunstorga-
nische Gestaltungseinh^t zum Decken gebracht werden? hatCözanne mit
der ganzen Kraft seines Willens zu Utsen gestrebt, aber ach letzthin doch
mit einer Ausgleicfasform naturatmosphSrischer Art begnügen müssen.
Daher die hüufige Wiederkehr großer Laubmassen, em&rbiger Kleider und
AnzQge (modemer Anzeige, mit^enen noch niemand etwas hatte anfangen
kdnnen),spiege]nderWasser,gestreckter Felder usw. An ihnen fandC^zanne
ein gefügiges Material, die Gegenstandsform der Bildobjekte zu bestimmen.
Da sie nicht mehr aus dem natürlichen Sein herüber genommen wurden,
mußten sie geschaffen werden, und zwar nach den Prinzipien der Ge-
•etaltung selbst: durch die Grundstimmen der Konzeption, durch die Art
der Modellierung und Raumbildung, durch die besondere Stellung im
Ablauf des neuen (^rgnnismus, durch den Funktionswert für das Ganze.
Kehrt eine Form, et^v.i die Kurve, wieder, so bestimmt sie sich in ihrer""
Gestaltsvariation aus dem I uukuoDswert des Raumteiles, an dem sie steht.
Die Doppelheit und Diskrepanz der Modellierung, die ihrerseits auf der
zu starken Bewußtheit und damit Materialität des Willens beruht, ist viel-
leicht der Gi uiid, weshalb Cezanne in seiner Realisierung nicht über das
Konkrete hinauskam, weder nach der materiellen noch nach der psychi-
schen Seite hin. Es war sein sehnlichster Wunsch, den Grad des Sdieins
zu erreichen, den der Kxtschmaler fiouguerau hatt& Denn mit der rHH- •
Ilgen Materialinerung hätte sich die Lebendigkeit seiner Optik erhöbt
88 Auf dem-Wege zur absoluten Gestaltung
^•■•••^•■•••••■•••»••»•■■•■■••■••••■•••••«»•••"•••■•••••••••••••••■■■''■••■■••"•••H*UHnMtN«ltMttlaMI<IIIIIHIIINIHH»ntM««MM HMIIHIM
Wenn ihm diesesZiel auch versagt blieb^ein ganzesStreben ging darauf|die
blutvolleWärme derSensation, dasT elien der PsycheundderDingedurchdie
absoliiteGestaltung nicht totzusch Ingen, indem er von ihm abstrahierte,son-
deixi es inihrzubewahren Fsgabfürihii keineGestnltungohnedieses Leben.
Noch deuthcherals in der ModeUierung wird die i^uaUtät und Diskrepanz,
an der der schöpferische Wille Cözannes strandet, an der Raumbildung. Sie
erklärt sich restlos aus seiner Art zu modellieren „seien sph^re, cöne et
cylindre''. Diese Formen sind unendlich und eiiauben bei ihrer Paralleli-
tät zum Himmelsgewölbe keine Verbindung mit diesem. Aber erst die Ver-
bindung und damit Verendlichimg dieser beiden Kugeln ergibt den neuen
Kmistr^mn. Bei Granne aber, für den der Teil der ,^phläre, cöne et cy-
lindre^ soweit gdit wie die dreidimensionale Gegenst&idlichkeityfoUea die
beiden Momente auseinander und geben dadurch dem Naturraum Einlaß in
die konstorg^ische Einheit. Seine Versuche, sie zu einen, haben mannig-
fadie Erscheinungsformen. Zunächst die bekannte und oft wiederholte
Dreiteilung der Fläche in wagerechter Richtung, die bei einem landschaft-
lichen Sujet einen vorderen, stark kubisch modellierten Plan hat, hinter
dem sich dann das Meer als weite blaue Fläche groß aufrichtet, verbindend
mit dem Himmelj die bei einem Stilleben oft einen vorderen imd einen
hinteren senkrechten, der Fläche parallele^ Pinn betonen, zwischen denen
der Tisch in schrägem Ansteigen die Verbmdung schaHt. Wollte Cezanne
die kubische Kraft dieser Schrägrichtung bis zur letzten Raumspannung aus-
nutzen, so mußte er den Gegenstand senkrecht zu ihr stellen, wodurch
dann die berüchtigten Perspektiven entstanden. Ein anderes Signum ist die
starke Aufsicht auf die Dinge nri Kaum, so daß sich Cdzanne gleichsam eine
neue Raumschicht (zum Beispiel an den Dächern) zur Verstärkung und Ver- •
mittlung seiner Raumtmdwcen schuf. Gerade diese Art der Raumgebung
läßt am deutlidisten die Schwierigkeit erkennen,' die für Gdzanne in der
Begrenzung des Raumes in seiner Breiten- (und Htthen-) Richtung bestand.
Abrupt und hart beginnen und schließen die Bilder, und je stärker er nach
der Kugel modelliert, um so mehr ist er genötigt die Teile zwischen Kugel-
ftödie und Bildrand mit alt hergebraditen Kulissen zu füllen. Diese b^den
Randsenkrechten, die dann in ein deutliches optisches Verhältnis zu den
Wagrechten der Flächenaufteilung treten, zeigen am deutlichsten die RoUe^
diedieFlächemit ihren Grundrichtimgqa in der C^anneschenRaumgestid-
tung spielt. Sie ist noch etwas dem neuen Organismus Fremdes, Außen-
stehendes geblieben, und es bedarf der ganzen Willensanstrengung, sie in
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Paul Cezanne Eataque (Abb. 14)
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Phot. E. Druel, Pari*
I
Paul C^zanne Stilleben (Al»b. 15)
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C^zanne 89
die Raumgebung hineiozuziehen. So erklaren sich aüe Sujets, die diese
Vermaaenui§r der Feme diirch eine dichte Fläche (Ton Laubmassen und
Ästegewirr) zeigen; so mirde der Raum enger genommen und der Figur
angenähert. Das Probien erschien gleichsam um einen Schritt zurück-
geschraubt — Zu einer ganz anderen Form der Raumgebung kam C^zanne
unter Benutzung der Diagonalen, als des destruktiven Siemen tes; zunächst
wieder eine Dreiteilung der Art, daß sich zwei von den senkrechten Rän-
dern her diafToriBl ins Bild hineingeschobene Flächen nach Art einer geÖfF-
nelen Zange begegnen und durch eine dritte, vorn unteren Rand her an-
steigende Ebene geschlossen werden, auf die dann in senkrechter Richtung
der Gegenstand gesetzt wird. So entsteht eine völlige Spannung des Rau-
mes, die bewirkt, daß nichts aus der Bildfläche heraus in einen Naturraum
fällt. Weniger radikal hat Cezannc die Struktur der Fläche ausgeschaltet,
wenn er eine diagonale Raumrichtung am Rand — und die Ebene haltend—
b^innen läBt, um aUmählich in den Raum fortschreitend, densdben nadi
seiner Tiefe zu erobern. Hier wird dann das Direkte der Raumtendenz
durch die lichtgebung zum Stehen gebracht, die, in der G^;endiagonale
geführt, einen fruchtlaren Konflikt entwickelt. Doch ist C^zanne gerade
bei diesen Büdem in der Htthenschließung des.Raumes zu Schwierigkeiten
gekommen. Es fMllt anj^ daß die Grundform klassischer Einheit, die Ellipse,
entweder nicht gefunden, oder umgangen ist. Aber bei allen Ungelöstheitm
ist das die große Lehre, die uns Cezanne gibt, daß der Künstler zur Rea-
hsation seines Erlebnisses eine derselben adäquate Raumbildung zu er-
streben hat. Er hat zuerst wieder die Dilferenz zwischen naturillusio-
nistifichem Raum und Kunstraum erkannt. Freilich hat er letzteren nicht
in restloser Reinheit gefunden. Statt einer organischen Bildraumeinheit,
-die er immer gesucht hat, gab er nur einen diskontinuierUcheu und kom-
positären Raum.
An diesem Punkte, wo wir noch über die Vollendung zu berichten haben,
über das Verhältnis der Teile zum Ganzen, müßte das Geiühl entstehen,
als ob nichts Fremdes mehr in unsere Darstellung hineinkommen könnte,
als oh das noch zu Sagende mit eherner Konsequenz aus dem Gesagten
folgen mtlflse. Denn da der gesamte Raum das Ergebnis aller soner Teile
ist, und jede l^azelform bedingt ist Ton dem Ganzen, wo and^ fioBten die
Kräfte^ die sie verbinden, liegen als in diesen Formen selbst? Das eben ist
das Zeichen dner Kumt, die den Weg der absoluten Gestaltung beschritten
hat, daB der Willkür des SchlSpfers an einem bestimmten Punkte seines
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Auf dem Wege nir abMlntan Gcrtiiltung
Schaffens jede Möglichkeit genommen wird, daß er mit freier Überlegung
nur die in der Konzeption sdihst liegenden Möglichkeiten nach ihrer grö&»
ten Logik und ihrer vollkommensten Erscheinungsform zu vollenden hat*
Es handelt sich dabei nicht um eine Mannigfaltigkeit vonTeilen, um eine
Buntheit und Fülle, sondern allein um jenen inneren Variationsreichtum, der
sich mit der Sparsamkeit derMitlel «leigert. Es handelt sich nicht mehrum
eine möglichst große Häutuu^ von Ilealität bezeichnenden Ein/.elheiten,
nicht mehr um eine Freude an üer remen Mannigfaltigkeit des l)a<;eins, son-
dern um das mehr oder minder bestimmte Andeuten und Herausarbeitender
unter das Gesetz subsumierten Einzelfälle, um die Erschließung des gan-
zen Umfanges seiner Gültigkeit. Der Verlauf charakt et isiert sich bei C^zanne
durch die Zentrierung sowohl der Farbgebung wie der Modelherung, der
Betonung und Sammlung bildfunktional wichtiger Punkte, wie der ganzen
Komposition. Dabei ist es typisch iür C^zanne, in welcher nahen und doch
lösen Form diese Funktionspunkte der Gestaltung um die der FIfiche imma«
nenten Punkte herum oszillieren und schweben. Deutlicher wird dieses
Verhältnis von Fixierung und Freihat in der BeziehungTonmathematiscfaer
Grundfigur und Rhythmus. Wir sahen, daß beirollkommenster Gestaltung
d ie beiden sich durch ihre Durchdringung aufheben und d a d urch denSdiein
der Natur erwecken. Bei Cezanne stehen sie in lebhafter Spannung. Der
Wille zur Bindung näch der mathematisch-statuarischen Richtung wird
alteriert durch den anderen, der als ein freier Rhythmus jene Bindung
verhindert. So ist der Ablauf der Gestaltungsstimmen ein eigenes und son-
flcrl^ares '/witlerding zwischen rein räumlicher Stntuarik und rein rhyth-
mischer Dynamik, ohne daß jene einzige llaumemheit, die immer mir
slatuarisrh-dynamisch sein kann, völlig erreicht wird. Daher erklart es sich,
daß C(^zanne den Verlauf selbst mehr als eine Themenvariation begreift,
denn als einen einheitlichen, sich steigernden Aufbau — ein Kompromiß,
der um so unleidlicher ist, als Cezanne zutiefst ein drainaLibt hei (Jjarakter
war. Denn ihm entwickelte sich der in jedem Konflikt liegende Kontrast
zu einem Kampf voa Klüften, von Willoisstrebungen, die mit harten Schil-
den und wuchtig-mittelalterlichen Panzern gegeneinander kamen und aus
dem Kampfe selbst eine neue Welt auftfirmten, ein Königreich, so kolossal,
so groß und tief, daß wir nur immer von neuem staunen, immer Yon
neuem Entdeckungen machen. Einmal finden wir den grollenden Heros,
einmal den lyrisch zarten Triumer, den olympstürmenden Riesen, den vom
Adlerbiß des Absoluten zu Tode gequälten Prometheus. Die Welt «nes
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t
C^tanne Q 1
tragiscben Menschen. Denn an seiner schöpferischen Kraft nagte eine
ihm selbst innewohnende, seinem Charakter zutiefst angehörende Gegen«
kraft, eine Impotenz oder eine Oherpotenz, jedenfalls ein Momoit,
das er mit der ganzen Anstrengung seines Willens fibertduhen mufite.
j^Je me suis jur^ de mourir en peignant/'
So "war sein Leben ein endloser Kampf darum: „faire de rimpressio>
♦ nisme quelque chose de solide et de durable comme l'art des Mus^es",
das heißt ein Werk zu schaffen, das ganz gestaltet, das ein Bild ist. Und
doch hat man gerade gegen ihn immer wieder von neuem behauptet, er
hätte niemals eins gemacht. Aber er war der erste, der es überhaupt
wolhe, wälirenci sogar Renoirs Wille rmr darauf gerichtet wdr, ein Mo-
ment der kosmischen Allheit beschreibend wiederzugeben. W armes Son-
nengelb liegt auf dem schmalen Streifen des Hintergnmdcs und wird,
durch das Bidu des Wassers hindurchgehend, kühler, bi auniich im grünen
Gras und endet kalt, weißlichgelb im Vordergrunde rechts. Elin Wind
streicht das Gras in der Gegenrichtung dieses Lkhtzuges. Zerrissene
ken am HimmeL Wiese, Wässer und .Himmel sind möglichst ineinander
übergeführt, die KontinuierÜchkeit des stofflichen Zusammenhanges her-
gestellt durch Farbflecken, die eine lichtstufe bedeuten. Alle linearen
Gliederungen der liifassen Terschnvinden dagegen. Wollte man trotzdem
die kubische Fülle der GrasbOschel iür gestaltete Fotm nehmen, so würde
ein Ausschreiten des Raumes das Gegenteil beweisen. Die Feme ver-
liert sich in die Unendlichkeit des Raumes, und der völlig yerschwim-
mende Horizont hat keinen Form- und Motivzusammenhang mehr mit
dem Raum. Das passive Erleiden der Atmosphäre bildet ihn. Ganz an-
ders C^zanne. Trotz der Abnahme der Farbintensität sind die Dinge der
Ferne in ihrer Gestalt den gleichen Bildungsgesetzen imterworfen wie
die der Nähe, die sie vollenden. Licht, Farbe und Linie sind zu einem
Mittel geeint, das nicht mehr seinen Sinn darin findet. Realität zu be-
schieibon, sondern allein den Konflikt zu einem Gdozeii aus/ubauon und
sich von diesem bestimmen zu lassen. Darin liegt die Bedeutung C^-
zannes gegenüber Renoir und den Impressionisten, daü er seinen Gestal-
tungswillen soweit von der Materialität des Erlebnisses befreien konnte,
daß er ihm einen rein energetischen Konflikt schuf, der sich nach eigenen
Gesetzen zu einem Organismus vollendete. ,,L'exemple de G^zanne nous
enseifiinait k transporter les donn^ de la Sensation en ä^ments d'oBuyre
d*art^ (Maurice Denis). Diese Steigerung der Gestaltung, die da* Kunst
Auf dem Weg» cur alnolnten Geitaltung
erst das gibt, was ihr am eigentümlichsten ist: die Prinzipien der absolu'
ten Gestaltung, sie ist nicht allein die Tat des Willens, wie man glauben
machen wollte. Wille, solange er materiale Verwirklichung bedeutet, ist
Willkür. Er wird erst reine Funktion und damit Basis einer notwendigen
und schöpferischen Äußerung, wenn er ein Zurückgehen auf die Funk-
tionen des BewiiBtseins überhaupt und auf die Gründe dcf Objektwer-
dung bedeutet, die Tendenz der durcVirrehenden Verknüpf ung hi ider und
ihre Vollomiung in den Grundprinzipien der Kunst selber, in den Prin-
zipien ihrer Realisierung. Diese Prinzipieu kunsiituieren immer nur eine
Form, nie eine Formel, immer nur einen Organismus, niemals ein Schema.
Und hier liegt die Difierenz — es ist die einschneidendste, die denkbar
ist — zwischen Cezanne und Hodler. Hodler ist immer in der Materia-
lität seines Erlebnisses befangen, also Naturalist, aber er kann ihm nicht
einmal die dieser Stufe reine Erscheinungsform schaffen, die wir bei Re-
noir aufe höchste bewundern. Er limitiert seinen schttpferischen Trieb
nicht auf dem Wege der Formbildung, sondern durch die Konstruktion
eines Schemas. Wenn ich das Erwachen des Tages an -variierten und auf*
emanderfolgenden Stufen des Erwachens des Menschen darstelle, so habe
ich den Inhalt durchaus b^rifflich fixiert, ihm alle innere Weite und
damit jedes Interesse genommra. Und wenn ich diese Etappen in emß
fÜnffigurige Anordnung bringe, deren Hälften sich korrespondieren, so
ist das eine Vereinzelung der Teile und eine äußere Ordnung, die nichts
von der inneren Vitalität de? Organismus hat. Es ist das ein Schema, das
sich über den schon schematisierten Gedanken legt und de^^sen Endlich-
keit optisch komplett macht. ,,T.a Sensation exige que les moyens soient
constamment iransformes, rci rer s^ pour Texpriraer dans son intensite. II
ne faut donc pas tenter de faire entrer la Sensation dans un moyen pr^^-
tabli, rriBis mettre son g^nie inventif d expressions aux Services de la Sen-
sation'' (Beiiididj. Gegenüber dem Leben des Organismus ist das Schema
der Tod. Und diese harte Unlebendigkeit eignet sowohl der Zeichnung
irie der Farbe Hodten^ Daß es sich bei ihm lediglich um eine Illustra-
tion soner Gedanken hand^ die Milch weniger eine Idee, ein Sein
als ein Werden, eine roluntarisdsche Kologie zum Inhalt haben — wQrde
man eher erkannt haben, hätten diese Werke nicht die Kraft zur
Mcmumentalit&t. Es bleibt ihr Vorzug, daß de dch im Beschauer
gleichsam den Raum selbst konstruieren, in den sie hineingehdreci.
Das zmgt ihre Kraft und ihre Endlichkeit zugleich, ändert aber
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Cezanne
nichts daraiiy daß de unietne Äußerungen des schöpferischen Tri^ies
darstdUeSL
ersänne alleitt hat den reinen Weg zur absoluten Gestaltung gewolll^
und sein Werk allein bedeutet dne — wenn auch nicht restlose — Er-
iÜUung. Nur allzudeutlich wird unsere Darstellung die innere Diskre*
panz und die Zwitterliaitigkeit des C^anneschen Bildes herausgearbeitet
haben. Aber nicht gegenüber falschen GdtterUi sondern allein gegen-
über dem reinen Ziel der absoluten Gestaltung, das seinem Willen immer
vorgeschwebt hat, werden wir zugeben, daß er kein voUkonunenes Bild
gemacht hat
tM»fmMM«imMM*MnWtniMMtlBlll»llflllMI«M«*MWSMa»Mmi4llll|IIIU>l«linilllltllMflMIIIIM»IMII»lll ■«■••«IM«*lll>>lllllffllllll»nt«H«iSM«
■■aaitMtfcMiiMiMiMati>iMMMiiMiiMtttitiiiiMitMiisi«asiMiiMtiiMiiMiiMiiiiiitiMttilsSiliilNSSSSSSiltlllltiinilwi»littrtifniftt
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DIE NACHFOLGER C^ZANNES
„Gauguin ne m'a pas rompris. Jamals je n'ai
vüulu et ]e n'accepterai jamais le maaque de
modele ou de graduatioQ} c'est un non-sens/^
(C^zannej
nil«IM>tlltMIIIIIUtlinHUIiaiM«aill>ai>t<<H<llll<tMt«ll<<M(lall«l>l<t>»ll»MtMI«<«l<n»l«lll«tHIMM«MIMnilMtaiHMUnMH«MINHmMH«MMMIU«
••■••U«tma«tM>IUlttHIIIMH>MlH<ll>UIIUUlUIUIiaU>Ull>raillU<H«IUIUU4IIWIIUMH<llUUIMaltHnMHHltUttUMlNMNiMMHNI<NUMMIMIl
*
II lllllllllllllllllllll III! MIIMIII III Iii IIIMIIMIIIIIIMIIIMII II II MI III II III I IIIIIIIIIIII IIIIIIIIIIII IIIIII II IMIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlllllllllllMiiitlM^
DER EXPRESSIONISMUS. GAUGUIN. MATISSB
>
Seit dem Tage, da des einsamen Meisters von Aix Bilder von jungen
Künstlern gesiiclit wurden, als Stützen, um sie über den ihnen völlig
inadäquaten und seicht gewordenen Impressionismus hinauszuführen,
hat sich das Werk Paul Cezannes beeinflussend in den Weg der Entw icklung
geschoben,Bekleniuiuugender Verzweiflung und Ekstasen der Perspektiven
verursachend. Wie ein breiter Berg stand es da, und es hat lange gedauert,
bis einer den Mut fand, die Hochtour des Geistes zu seinem Gipfel auch
nur anzutretm Und wer von den Heutigen kann sagen, daB er ihn er-
reicht hat? Die ersten. aber mußten sich damit begnügen, an seinem Fuße
entlang gebend, einige seiner Weisheiten ahzubrOckehi ünd mit ihnen eine
Fahrt aus den stagnierenden Gewissem des Impressionismus fort zu be-
ginnen, um nach einer anderen Seite einen Ausweg zu suchen. Die harmo-
nische Einheit von Ich, Welt und Gott, die in dem C^zanneschen Bilde
geschaffen war, wurde zerrissen zugunsten einer völlig neuen, aber bedenk-
lichen Grundlegung, die um ein gutes Stück diesseits seiner reinen Weisheit
liegt. Man nahm das, was unrein war an seinen Leistungen, das Negative
seines schöpferischen Triebes, und es verabsolutierend, setzte man an die
Stelle des Naturalismus der Gestaltung jene andere, zweite (aber nicht un-
bedingt höhere) Stufe des Idealismus der Gestaltung. „Vom Standpunkt
der Subjektivität haben wir den ( r e* lau ken: Die Natur, durch ein Tempera-
ment gesehen, ersetzt durch die Theorie des Äquivalents oder des Symbols.
Wir stellten das Gesetz auf, daß die Empfindungen oder Seelenzustände,
die durch einen bestimmten Vorgang hervorgerufen wurden, dem Künstler
Zeichen oder plastische Äquivalente vermitteln, durch die er imstande ist,
diese Empfindungen und SeeleozustSnde zu reproduderen, ohne daß es
notwendig sei, eine Kopie des eigentliche Schauspiels zu geben $ daß mit
)edeiyi Stadium unserer Empfindungen eine objektive Harmonie korre-
spondieren müsse, die es. ermöglicht, sie zu fihersetzen. Die Ktmst ist nun
nicht mehr eine Sensation, die wir mit den Augen in uns aufnehmen ....
nein, sie ist die Schöpfung unseres Geistes, zu der die Natur nur die zur-
fällige Gelegenheit gegeben hat. Statt mit dem Auge zu arbeiten, erfassen
wir mit dem geheimnisvollen Zentrum des ,Gedankens', wie Gauguin
sagte * . . und die Kunst wurde die subjektive Umwandlung der Natur.
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Henri Matisse Caf6 Maure (Abb. 18)
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Fkol. K. Drvtt, Paris Sammluny ÜUiekoukin
Henri Matisse Nature morte (Abb. 19)
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Phot. E. Itruet, Paris Samtnlung Miehel Stein
Henri Matisse Kopf (Abb. 20)
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Der Expressionismus ihSmi
Vom olijektiTen Standpunkt aus wurde diedekonitrre, Ssthetisdieaiidra-
tioneUeKoaiporitioii(aufwelchedieLnpra8donkteBiiichte
ihrer VorUebe fDr dicLimproTisatioii entgegenstellte) die Begleitstimme, der
ttotwendigeMMerung8tonfilrdiel1ieoriederÄquira]ente.Wiediesezugunr
8ten des Ausdruckes alle selbst karikaturellen Übersetzungen, alle Übertrei-
bungen des CharakterszuließySOTerpflichtetedieo^ektiTeUniwandlungden
KQnstler, alles in Schönheit zu transponieren. Kurzum: die ausdrucksvolle
Synthese, dasSymbol «qm' Sensation mußte durch eine eindringliche Um-
schreibung wiedergegeben werden und zugleich ein den Augen wohlge-
fölliges Kunstwerk sein.^
Die Betonung des Subjekts! Das sollte die Lehre Cezannes sein: die Ak-
zentuierung des schöplerischen Ich, das durch seine geistigen Funktionen von
der Majestät des Objekts befreite. Man war dieser Knechtschaft überdrüssig,
unbefriedigt von de r \ e r e i n ze 1 m i g d es R c iz es, von der Egaiisie r u n g eines pan-
theistischen Ästhetizismus. Man wollte seine Empfindungen sammeln, zu
einemWesentlichen konzentrieren, das zugleich die Kraft hatte, von der stoff-
lichen Matei iaiiiai dls solcher zu befreien, und das Erlebnis nicht mehi direkt,
realistisch zu geben, sondern indirekt, symboüsch. „Eis gibt zwei Arten, die
DingB auszuifracken, die eine ist, sie brutal zu zeigen, die andere^ sie mit
Kunst herrorzurufen. Indem man sich von der budistSblichen Darstellung
der Bew egung entfernt, gelangt man zu mehr Schönheit und Grftße.^ Äqui«
yal^it und Synthese würden die beiden Grundbegriffe der neuen Kunst.
In einer doppelten Welse konnte man, den Rdz sulnlimnd, zu emem
Wesentlichen vorzuschreiten yersuchen; indem man entweder die Empfin-
dung kondensierte, kontrahierte, vertiefte oder sie vereinfachte, reinigte und
so auf die Wurzel zurückging. Aber beide Verfahren sind anerseits in sich
endlos und setzen andererseits das Prinzip, nach dem verfahren wird, still-
schweigend voraus, wenn anders nicht alles der völhgen Willkür des Sub-
jekts, den zufäHigen Assoziationen der (sehr vorsichtig zu behandelnden)
Phantasie überlassen werden soll. So erfordert die Subjektslage selbst — es
ist das psychische Subjekt in seinen geistigen Funktionen des Kombinierens,
Auswählens usw. — die SubstitiiierLiiig einorMvstik oder Metaphysik. Aber
wie wir die M v?i ik geiegenüicii schon abgelelint haben, so können wir auch
in der Metapii) sik kein das schöpferische Tun konstituierendem Prinzip an-
erkennen, vielmehr zieht sie ihr ganzes Dasein überhaupt aus Quellen, die
den sciiöpferischen Trieb negieren. Die metaphysische Hypothese verdankt
ihre Existenz der Anerkennung der kausalen Zusammenhangslosigkeit des
PiCBMO 7
Dw Nachfolger GteuMt
Sei]» und der Augflilliing dieser Lficken duxch eine irgendwie ferdfe Knift
Die Au%abe des ichdpferischen Tuns aber ist es gerade, den kausalen Zu-
sammenhang dieser Wdt zu schaffen, und zwar aua den Funktionen des
Bewußtseins überhaupt und den Gründen der Objekt werdung, nicht aber
mit Hilfe einer außerrealen Kraft, sondern durch die Kräfte der Erfahrung
selbst. So n^eren sich Metaphysik und schöpferisches Tun ebenso wie
Mystik und Kunst, und keine Tiefe und kein Glanz kann uns bestechen, in
ihren Annahmen mehr als ein leeres Spiel subjektiver Willkür zu sehen,
das keinerlei Notwendigkeit und Allgcmeingültigkeitbei sich führt. Als Kor-
relat zu einer \^ illkürlichen Stule de> Subjekls karm keine metaphysische
Hypothese über die Willkür hinausf ühren. Darum ist der Begriff der Syn-
these, mag man ihn noch so sehr von allen mißverständlichen Ausdeutun-
gen beireien, die ihn mitKinderzeichnuiigen identitiziert haben, w eit davon
entfernt, die Totalität des schöpferischen Triebes darzustellen, das, was
Kant das reine Er&hruugsurteil genannt liat. Sie ist immer nur eine im
letzten Grande willkQrliche und dämm unverbindliche Beziehung, die das
IndiTidueUe Subjekt Tomunrnty wie weit es sich «uoh ins Allgemeine stei-
gern zu kttnnen ^ubt. (Diese Korrelation zwischen Vemn&chung und
Steigerung, Abstraktion und Mimik ist durchaus typisch.) Da das Resultat-
immer in die leere Grube des Metaphysischen fällt, ist es nicht die notwen-
dige, unantastbare, alles in sich enthaltende, gültige Form C^zannes, sondern
ein im besten Falle optisches, im schhmmen Falle literarisches ÄquiTalent.
Aus der Betonimg der geistigen Funktionen des Subjekts bestimmt sich
sein Inhalt. Vom Impressionismus herkommend, d. i. nicht von dem
Objekt, sondern von der Empfindungseinheit, nicht mehr auf das Wesent-
liche der Sache gehend, sondern auf das Wesentliche des Reizes, bestimmt"
sich der Inhalt durch eine fast völlige Ausschaltung der Objektrealität über-
haupt. Das psychische Erleben wird unmittelbarer Inhalt der Kim&t. Wir
haben ihn als ungenügend ablehnen mü ssen. Denn charakterisiert dia ch den
rein zeitlichen Verlaui, kann er nirgends zu einem sich selbst setzenden
Konflikt iühren, diesem unumgänglichsten Faktor der absoluten Gestaltung.
Dann aber ist es der Sinn jedes psychischen Inhaltes, daß er im Prinzip
nur einem Subjekt erfahrbar ist, also eine Mitteilbarkeit unmöglich macht,
solange er in ^ch beham. Eine Kuxist, die sich zu diesem egozentrischen
Subjäctivismus verdammt, verurteilt sich damit zu einer vOUigen Armut,
weil nicht der Inhalt gilt, sondern nur die geistige Funktion, und diese
ohne das Hindernis am real-physischen Objekt nie zu ihrer vollen Entfal-
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Der ExpreMioniimiu QQ
tung kommen kann. Freilich die reine MannigiiEdtigkeit des bihalts ist
nicht geringer geworden. Dem Gefilhie nach ein Gemisch aus Lyrik, und
Pathos^ inhaldidi-stofflicb eine Skala von den niedrigsten Instinkten zu my-
fitisch-somn a m I i uler G eistig k e i t ^ vergrößert dies e M annigfaltigkeit die Will»
kOr. Aus der Mystik, d. h. der auBerkausalen Beziehung des Menschen
zum Absoluten, ist Telepathie geworden, d. h. das Problem außerkausaler
Beziehungen zwischen wähl verwandten Menschen. Aus der alles gebären-
den Macht des Sexus ist eine banale Fünfgroschendirnen- nnd Kabarett-Sinn-
lichkeit geworden, die rnit der neuen Mystik die völlig abstruse Sonder-
existenz in der Empfindung des Malers teilt. Der neuen 1 endenz zum We-
sentlichen halten zwei Merkmaie an, die sie jeder ähnlichen Tendenz Frü-
herer Zeiten entgegengesetzt sein lassen: die völlige Individualisierung,
Absonderung des Erlebnisses und die völlige Häßlichkeit der stofflichen
Gestalt. Wenn man solche Banalitäten zum höchsten Ausdruck forciert,
diesen minimalen Gehalt zu Tode hetzt, so ist das Zeichen eines zweifel-
haften geistigen Geschmackes.
Es ist offimbar, daß wir im Verhfiltnis znmimpresdonismus emen Tttllig
andersgeartetenPersÖnlichkeitstypus vor unshaben. DieSpanneeinerGene-
ration, die die höd^ Geschlechter trennt, hat eine sdieinbar typische Ver-
änderung herYorgeruÜBn. Denn wenn nicht alles täuscht, ist die Differenz
dieselbe wie die zwischen den Ktlnstlem der letzten Generation des Quattro-
cento und der ersten des Cinquecento, die uns WölfiFlin in so unnachahm*
lieber Klarheit geschildert hat. Mit denselben formalen Ausdrücken könnte
die Entwicklung der Moderne bezeichnet werden : die stärkere und erschöp-
fendelnanspruchnahmedes Mittels, die größere Klärung der Flächen-Raum-
beziehun<j;en, die stärkereScbließnn^ der Bildform, die andere, stäi kere Inle-
grierung des Teiles ins Ganze, die Klärung und Vei eintcu hung der optischen
Vorstellungen überhaupt. Nur muß man sieh huien. diese Wesen sditierenz
in eine Differenz der V\ et tungsgrade, in einen Eni wu klungslortschritt zu
verwandeln. Wie groß die Anstrengung und die Leistung eines Matisse auch
gewesen sein mag, ehe er zu seiner Eihfachheit kam, ich stehe nicht an,
Renoir den größeren Künstler zu nennen, ebenso wie Mantegna, Signorelli
oder Botticelli dem RafFael oder Andrea del Sarto aberlegen sind. Es han-
delt sich um zwei verschiedene Gestaltungsarten, die beide gleichwat von
der absoluten Gestaltung entfernt hieben und unter sich keinen anderen
Werlungsvergleich zulassen als den der Peisönlichkeitsstürke. Wenn jene
von Leonardo erreicht wurde, so ist das Verhfiltnis RaSiaels und Sartos histo-
7*
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lOO
HMMMHIMMI
iiKh-eutirviclcluDgBmäßig zu ihm ebenso wie das des Gauguin oder Matisse
zu C^zanne, d. h. der Kdnstler der absoluten GestaltuDg steht historisch zwi-
schen der naturalistisch-deskriptiTen und idealistisch'^bstrahiefenden Ge»
staitung^tufe, nicht selten von der einen herkommend, die andere vorberei-
tend. Diese — offenbar typische — > Fonn der historischen Beziehung der drei
Gestahungsstufen zeigt auch die deutsche Literatur in der Stellung Goethes
zwischen den Künstlern derSturm- und Drangperiode und denRomantikern, -
Da der Prozeß der Gestaltung und die Art seiner Erscheinungsformen
immer nur den Kräften entsprach, die die schöpferisch eTätigkeit von Anfang
an enthielt, so wird sowohl das einzelne Element wie das Ganze der neuen
Kunst gleich weit vom impressionistischen Farbfleck und der völlig ollenen,
fragmentarischen Bildskizze wie von der Form und der organischen Bild-
haltt mg (>ezdnne8entfernt sein. Dem Impressionismus gegen über bedeutetes
(wenigstens theoretisch) einen tüchtigen Schritt zum Ziel, daß eine Ganzheit
als solche als Regulativ des ja völlig subjektivge wordenen F.rlebnisses gesetzt
wurde. Denn niemals war die Kunst subjektivistische Willkür schlechthin
gewesen, sondern eine Spannung zwischen dem künstlerischen Subjekt und
einrai irgendwie objektivenHindemiSydassich der kfinstlerisdie Willeschuf.
Das neue Ideal hieß das Bild. Man wollte wieder ein von allen fremden,
fiufieren Beziehungen firmes, in sich selbstfindiges Gebilde schaffen. Nicht
mehr die Natur war das hindernde Regulativ, das dem Künstler die Gesetze
des Schaffens diktierte^ scmdem das Bild. Aber das, was man Bild nannte,
war nicht der aus konstitutiven Prinzipien entstandene Organismus der ab-
soluten Gestaltung, sondern ein regulativer Faktor, eine dekorativeOrdnung,
d. h. subjektiv und ornamental-harmonisch, nicht objektiv, mit und aus der
Sache geboren. „Die Komposition ist die Kunst, in dekorativer Weise die ver-
schiedenen Elemente zu ordnen, über dieder Maler verfügt, um seineGefühle
auszudrücken. Tn einem Bilde muß jeder Teil sichtbar sein und die Rolle
spielen, die ihm zukommt, sie sei hauptsächlich oder nebensächlich. Alles,
was kernen Nutzen für das Gemälde hat, ist eben dadurch schädlich. Ein
Werk umschließt eine Gesarnibarmonie; jedes überflüssige Detail würdcfim
Geiste des Beschauers den Platz einnehmen, den ein anderes, ein wesentliches
Detail einneiimen sollte" (Malisse). Das Verhältnis des Teiles zum Ganzen
ist nicht mehr wie im Impressionismus ein Aufgesaugtsein des Flecks in eine
Totalität, sondern eine optische Relation der Flächen. Doch ist diese Relation
keine organiscfa6,sich selbst zeugende,€ondem eine innerlichbeziehungslose.
Die optische Ordnung äußert sich in der sicheren nickfikhrung. Das Auge
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Der ExprBMnmiimiit
lOl
vom Einzelnen zum Ganzen leitend^ limitiert sie sich an der Flächengrttfie.
Die Fonn der Fläche in ihrer Gestalt und Grüße sch^t gmdezu konsti-
tuierender Faktor der Gestaltung geworden zu sein, Grundmoment der Kon-
zeption. ,,Die Komposition, die auf Ausdruck hinzielen soll, modifiziert sich
je nach der Fläch^ die zu füllen ist^ (Matisse). Da ein sich seihst setzender
Konflikt nicht gewonnen werden konnte^die Gegensätze völlig auseinander
bleiben, das Prinzip der Wiederholung an die Stelle des'Prlnzips der Durch-
dringung tritt|SO war d io organische Limitierung der Vision unTTTöglich,sie
wurde daher an deräuUeren Gestalt des Formates gewonnen. Bedinr^t jeder
Wechsel im Kosmischen eine neue Konzeption ^es Impressionisten, selbst
wenn er dasselbe Sujet hatte, so erfordert jede neue Flächengröße eine neue
Konzeption des Expressionisten, als hätte er ein ganz neues Sujet darzustellen.
„Ich kann nicht dieselbe Zeichnung auf einem anderen Bilde wiederholen,
dessen Proportionen anders sind, das etwa rechteckig statt quadratisch ist.
Aber ich werde mich auch nicht nur begnügen, sie zu vergrtlßern, wenn
ich sie auf ein Blatt Ton Shnlicber Form, aber zehnfacher GrO0e fibmrage.
Die Zeichnung muB eine Ausbreitungskraft haben, die die Dmge ihrer
Umgehung belebt Der Künstler, der Kompositton von ehaer Fläche
auf eme grdßere Übertragen will, muß sie neu konzipieren, um ihre Aus«
drucinkraft zu wahren, muß sie in ihrer Erscheinung ändern und darf
sie nicht einfach schematisch übertragen" (Matisse).
Eine solche Konzeption bedeutet keine kausale Verknüpfung, überall
ist in ihr Raum für die Willkür des Subjektes. Und wie sehr das Einzelne
nach seiner Stellung im Ganzen durch die Intention des Künstlers bestimmt
sein mag, dieses Ganze bleibt ebenso abhängig vom Subjekt wie die im-
pressionistischeGestaltim^sskizzevom Objekt. Und wiedasGanzeunvei bind-
lich ist, so ist es auch die Beziehungder Teile zum Ganzen und der Teil selbst.
Auch der Teil ist nur ein Surrogat iür die Form und heißt: die reine
Farbe. Das bedeutet zunächst, daß die Farbe direkt der Ausdrucksträger
der inneren Erregung wird; nicht die reine Farbe, wie man sehr schnell
banalisiert hat, sondern die in Lichtstufen so fein differenzierte Farbe, daß
der Schein einer einheitlichen Farbfläche entsteht. Indem man das MateriaU
zum' Ausdruck botmtzte, mußt«» man es steige. „Man wird durch das
Wort erschüttert Die Worte sind ihm nicht ausschließlich Mittel zu einem
außer ihnen liegenden Zweck, sondern dichterisches Erlebnis roll dgener
Tiefe und Leuchtkraft. Und da in dem Dichter eine fiebernde Gier lebendig
ist, alles Gegenständliche bis zur . Hefe auszutrinken, so wählt er immer das
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}0d
Die NachiiilcRGtfiaiiiiM
Stärkste Wort^das den Gegenstand auf seiner höchsten Höhe, in seinar inten-
sivsten LebensgLut bezeichnet, und verfällt auf diese Weise in dnen Manie-
rismus des Extremen, der mit formaler Manier nichts zu tun hat, sondern
einzig und aUein aus dem überhitzten Wunsch^daseineschlagend zeichnende
Wort zu finden, hervorgeht" Völlig Analoges gilt von der Farbe. Jede
Stilisierung nach Grau vermeidend, und rein in der Farbe subtile DifYeren-
zierungen versuchend, steigert man sie zur höchsten Intensität ihrer Aus-
druckskraft und verstärkt diese dnrch die Abwägung ihrer Massen. Das
quantitative Moment tritt sehr bedeutsam in die Farben rechxiung ein. Je
stärker sich die Größe des Flecks betont, um so eher h'wiet sich zu einer Unter-
streichung und Hervorhebung die Linie an. Es ist durchaus bedeutsam
und die ganze Tendenz dieser Kunst charakterisierend, daß die 2Leichnung
nicht ein primäres, lineares^ sondern ein sekundäres, malerisches Mittel ist.
Ob man sich in der Wahl d&r Farbe ganz dem Instinkt fiberließ und
dem Bedfirfnis, seine noch dunkle Empfindung möglichst intensiv auscu*
drücken, oder ob man, daeErlebnis Torschnell inteUektualisierendy eine Far-
b^isymbolik statuiertei die mindeste Voraussetzung fOr die Vostdbbarkdlt
und damit Verwendbarkeit der Farbe als unmittelbaren AusdruckstrSger
blmbt doch die — wie es scheint — bezweifelbare Annahme, daß die Far*
ben tatsächlich bei allen Menschen die gleichen psychischen Ausdrucks-
werte auslösen oder vmaoffStem auslösen sollten. Zeigten mir Experiment^
die ich an Kindern vornahm, ein völliges Vorherrschen von zufälhgen Asso-
ziationen, so differieren die Meinungen selbst bei Menschen, die ad hoc ab-
strahiert haben, (reib bedeutet z. B. für Leonardo Frde: für Gpethe: heitere,
muntere, reizende Eigenschaft; für Kant: Freundlirhkeilj für Kandinsky:
nähertsichdcmMensclion; beunruhigend,frech,aufdru]o;lich;irdischeFarbe5
tolle Kraftverschwendung ohne Vertiefung (Herbst^; für van (iogh: laclart^
. divine; für Gauguin: cette couleur (jaune clair ^-uggcre la nuit (!), sans
toutefois l'expliquer; im Volksmunde gibt es auffälliger- und bi'-her noch
immer unerklärterweise nur die Neidfarbe Gelb. Aber selbst wenn man
geneigt ist, dieseDifferenzendurdi Annahme persönlicher Aesoziationennnd
je nach der lichtstufe verschiedener Ausdmckswerte zu erklären^ so Udbt
doch die völlige Übereinstimmung mehr ein Wunsch als eine Tatsache^ und
selbst wenn diese durch die Forderung gesichert virSre^ daO der psychische
Stimmungswert der gleiche sein mfl»e wegen der Beziehungen zum licht
und der Zusammensetzung jeder Farbe aus Licht und Dunkelheit^ würde
das Arbeiten direkt in der reinen Farbe kein lünrmchendes Mittel sein^ d«
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Der ExpreMionismus IO5
• ■(MIII<l*l<<MU>Ullllttlilltltltrtlftiaill«llll«llltllillll«IIIIIIM<lll>IMMnNIM*M<tH<MH«inMIIIMI<nil«HIMHMmMI«>H<MMItan<tM«MMIiMMt
sie durch willkürliche Abstraktion und nicht durch die Bildung einer
formcUenendra Einheit entstanden ist. Das Korrelat ist die reine Fläche^
und wir stehen mit diesen Abstraktionen mitten im Klassizismus, der in
Ingres und David triumphierend seine Auferstehung gefeiert hat. Was
diesen neuen Klassizismus von dem ähercji vinterscheidet, ist der Umstand,
daß dort die Linie als das den Körper bildende Rlement zum direkten
Mittel abstrahiert wurde, während im neuen Klassizismus diese Rolle der
Farbe als dem die innere Scnsatitm ausdrückenden Element zugefallen ist.
Während die Generdiion Davids und Ingres' in der Historie, in Fragmenten
alter Kunst und im Realismus stecken blieb, ist das Grab der heutigen das de-
korathre Panneau, das Plakat, eine reetloseLeere. Daß dem filteren Klasd-
zismiis eine weit aberlegene Geistigkeit zugehört,, stellt man im Vergli-
chen der Porti^ts mit einer beschämenden SelbstTerständlicfakeit fest
So ist das Primap des Expressionismus ein durchaus bedenkliches, ein
rings Ton tiefen .Abgründen bedrohter Grat, 'der doch selbst nicht der
Weg zur absoluten Gestaltung ist. Daraus "erklän es sich, daß bei einer
Reihe von Künstlern, die sehr begabt anfingen, ein paar Jahre und ein
wenig Anerkmiung genügt^ haben, um sie dem Kitsch des Salon eben-
bürtig zu machen. Die hfichst gefahrliche Situation dieses Prinzips kon-
zentriert sich geradezu in dem Begriff der Deformation. Man verstand
darunter die Umbildung des naturhaften Gegenstandes zu Ausdrucks-
zwecken. Ich bin weit davon entfernt zu rrlauhen, daß Natur- und Kirnst-
gegenständ sich decken, ja auch nur ahnljc h sein müssen. Jede Umwand-
lung aber kann nur durch die Notwendigkeiten der absoluten Geslaiiung
bedingt sein und nicht willkürlich aus subjektiven Gründen und Aus-
dnickfibedürfnissen vorgenommen werden. Tm ersten Falle wird eine he-
deutende Kiult vom Kunstler selbst imuiei als eine 1 ragik eaipiundeu
werden, da es ja in dem Wesen der Gestaltung selbst liegt, wiedw wie
Natur zu sdieineti; im letzten Falle aber ist sie Impotenz, nicht in dem ^
Sinne, daß man dief richtige Form nicht zeichnen konnte, aber in dem
Sinne^ daß man nicht organisch gestalten kann. Ober dieses Manko der
Veranlagung und der Menschlichkeit hilft keine Schule hinweg. Und
welchen Sinn sollte es haben, die MaterialitSt der Schönheit durch die
d^ Ha^chk^t zu ersetzen? Die Brillen, durch die man die Welt sidht^
sind verschieden, aber es ist offenbar kein Grund zu der Annahme Vor-
handen, daß die eme mehr Kunst sieht als die andere.
lM«»ltl«ll«<^IW»lWIIWM» M IWil W IIWItlWIIMIIlt MWW WIMMIWWW»»»W M IlllllWIWWl«liMIIWWI»l»l«M^
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GAUGUIN
Unter den Künstlern, die — beinahe trotz dieser Prinzipien — be-
deutende Werke schufen, war Gauguin der erste, der die ganze
Schar der neuen Dogmen aufstellte und verteidigte^ und da dies
nicht nur m seinen Bildern, sondern auch in Worten mit selbstbewußter
Rhetorik geschah, so war sein verderblicher Einfluß besonders in Deutsch-
land sehr groß.
Gauguin war im Grunde m. Realist^ und das romantiflche Badfirfiois,
die Wdt seiner Sehnsucht tot »ch m sehen, tiieb ihn nach Tahiti Er
hatte als nOchtenier Intellekt weder die ekstatische Eüraft van Gog^ die
aus seelischen Feuern heraus Wirklichkmtea geWi noch die grif8ere
Kraft des scfafipferischen Menschen, seine Innenwelt gleich an weldier
Realität zu konkretisieren. Stets von dem Verlangen gepeitscht, das zu
scheinen, was er zu sein wähnte, stets Außenwelt und Innenwelt in Kon-
^ion bringend, glaubte er, fem von dm Tielteiligen, verworrenen und
moralisch verkommenen Kultur Westeuropas in Tahiti der Kuns^ .der
absoluten Gestaltung um einen Schritt näher zu sein. Dumpf in den
Tönen seiner Phantasie, zugleich von einer süßpn Grazie, die so leicht
die ganze — von der deutschen so verschiedene — französische Senti-
mentalität ausmacht, wollte er dort das Heimatland seines Lebens i:nd
seiner Kunst gefunden haben. Denn all^ war einfach, ruhig, geläutert
von Nebensächlichem, Zufälligem, Unreinem. Er selbst definiert sein
Einfaches einmal in einem Briefe an Strindberg, in dem er die europäi-
schen Sprachen mit den maorischen vergleicht. Dort hätten Vor- und
Nachsilben den ursprünglichen Stamm verdeckt und vernichtet, aber
i^ans les langues de l'Oäanie k ^Mments essentiels, oonservds dans leur
rudesse, JsolÄ ou sond^ sans nul sooci du poli, tout est nu, ^datant et
primordial'*. Aber diese auf statische Ruhe hinzielende Einiadiheit war
weit davon entfernt, die Einfechheit und Ruhe der absoluten Gestaltung
wa sein; ^ ist ihr Gegenteil^ denn sie schaltet das zu Bildende: den Raum,
den Kubus, das Leben a priori aus. Sie setzt: Nidits^Ewigbsity oder
optisch ausgedrückt: ich finde die gesuchte Fläche, indem ich d en R a um
negiere, d. h. jedes kubische Gebilde wird zu einer Fläche zusammenge-
strichen, die als Qualität die Natuifarbe steigert^ als Quantität die Sil-
Gauguin
105
honette des Gegenstandes dekorativ ordnet Damit wird alles hekea ent^
fernt Die Mittk sind stumpf und klanglos. Die Zusammensetzung dieser
Flächen geschieht nicht logisch nach der der Konzeption notwendig im-
manenten Abwicklung, sondern nach den Gesichtspunkten einer äußeren
Harmonie und des gewünschten dekorativen Effektes.
Wie van Gogh die evidente, lebendigste Formel seines persönlichen
Sehaktes gibt, so Gauguin die einfachste, beruhigtste seines dekorativen
Gescbmackes. Was ihn an der Natur »ereilt hat, war nicht Her Vitalis-
mus, der bei van Gogh Funktion geworden war, sondern der Eilekt: die
umschreibende Silhoiiettenlinie, die flächig; einfache Form, d. h. das Fer-
tige oder sich für das sinnlic he Empfinden ieiciit /Aisainmeniügende. Trotz
der eigenen Hervorkelirung seiner Bildgebung iial Gauguin niemals ein
Bild gemacht, sondern nur die Fläche auf Grund eines sinnlichen Ge-
sell macksempfindens klingend zusammengehalten. Dieses Empfinden hat
hei Gauguin eine spezifisch moderne Note, die der destruktiven und para-
doxen Ramnhildung hei van Go^ entspricht, und die seiner FlSdienhe-
setzung etwas Pridkelndes giht Die Mittel sind die Anwendung kon-
trärer Formen auf heiden Bildhälften, das rapide Wechseln des GrttBen-
maOstahes, der Riditungskontraste, der Gewiditsverhlltnisse. Diese para-
doxe FUichenhesetzung ist begleitet von einer destruktiven. Oft wird nicht
Flädie auf Fläche^ sondern Ftöche gegen Fliehe gesetzt und so dem Raum
' in seiner illusionistischen Bedeutung Finlaß gewährt. Es fehlte Gauguin
letzten Endes trotz oder wegen aller Romantik der Sinn fl&r das Unwirk-
liche, den die vOllige Flächenschließung voraussetzt.
Über dieses dekorative Surrogat legte Gauguin ein Surrogat des Gei-
stigen: ein feierlich-religiö«P<: Moment, ein aus dem exotischen Mythos
geschöpftes Materielles. „Pommes barbares'', das klingt fremder als Wotan
und Flora, bleibt aber im Prinzip dasselbe: literarisches Symbol, Mythos
als verdichtete Stimmung und ist von der geistigen Funktion des srhöj)-
ferischen Triebes durchaus entfernt. Mit solchen außerkünstlerischen
Mitteln ließ sich wohl eine Opposition gegen den Impressionismus ma-
chen, aber seine Überwindung bedeutet sie nicht, denn Gaugums For-
mel umgeht. Seine Bilder sind geschmackvolle Ijeere.
«M>Hm>H*IUIM««tH«t>Mt>M«tl«»UII>lf»n»IIHmMHtMnuMMI<tllunMM«t>l«aM«IUIKIIIIM<U«IHMM««tM<lH«tUMHMHM«»MIMUI
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M A T I S S E
Ich meine den Matlsfie^ der dch selbst einmal gemalt bat: aus dem
Kampf zweier hart gegeneinander treffender Diagonalen sich trotzig
haltend, verbissen in die Realität, die unter den Argumenten des In-
tellekts und den Vi<;ionen des Mystikers sich in leeren Staub aufzulösen
drohte. Er war ihr gegenüber immer nür Skepliker, er sah mißtrauisch
auf sie, während sich sein Auge in das Innere richtete. Hier war seine
Heimat, und er schärfte alle scmc Sinne, alle seine Andacht, um feiner,
klarer auf diese inneren Stimmen zu horchen. Und nur was innen klang,
sollte sich in seiner Wesenheit realisieren: TAbstrail Affectiv.
Auf einem weiten, arbeitsreichen Wege hat sich Matisse die Mittel
emmgen, diese reinen Empfindungen, die munittelbar aus dem limvm
koöameDy aiisziidrflcken. Nachdem ^ sich des Impresnonismus entledigt
hatte, war er zu Corot in die Schule gegangen, um auf dar Tonleiter
Schiwarz-weiß die liditnOanderung zu studieren/ Zugleich sachte er mit
allen Hil£nnitteln die bildstatischen Gesetze zu ergründen. In dieser Zeit
schien nichts auf dem Bilde dem Instinkt Oberlassen su sein. Das ist das
sichere Fundament auf dem Matisse steht. Als er dann begann, direkt
in der Farbe sidi auszudrücken, zunächst noch Farbflecken ananander
stellend, ifvar ihnen ein Leben gesichert, das Matisse in seinen guten
Werken auch später hat, wenn die Farben flächig«: und die Flächen
größer werden. Diese Lebendigkeit ist das Geheimnis und die Kraft des
Matisseschen Schaffens. Sie resultiert aus der starken Kondensieruncr des
Erlebnisses, die alles Einzeltie aufsaugt und, ohne es zu töten, vielmehr
virtuell erhält 5 und aus der Kontinuität des Empfindungslebens, die dem
Zusammenklang der Farben einen solchen inneren Elan zu geben ver-
mag, daß sich die verschiedenen Farben auseinander zu entwickeln schei-
nen. Diesen Klang der Farben unterstützt die Linie. Sie vibriert von
dem Leben, von dem Blut der Dinge, die sie umschreibt, und unter-
stützt die Kompositionsgabe des Matisse bei der Abwägung der Massen.
Wie die Kurve von der Kunre, die Diagonale von der Diagonalen be-
antwortet ist, ohne daß der dynamische Zusammenhang zerrissen wird,
zeugt Ton dem feinsten Gewichtsempfinden. Und eine überaus differen*
zierte Sensibilität für die Forderungen dekorativen Zusammenhanges des
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Matitse
EnManUea ul das Matisse stärkste Begabung. Die dekorative Einheit des
, Ganzea l)eim0t mit l&öchster Weisheit und Knappheit die SteUung und
die Zdü der einzehien Formen imd ihre DetaSlierung. Bisweilen konzen-
triert er den rdn omamentalen Rhythmus^ der durch eine von pessimisti«
scbem Chatakter getragene Vereinzeking der Gegenstände charakterisiert
wird^ auf einen Punkt hin und, erreicht dann eine architektonisch-dekor
ratiye GröOe^ die ihn die Wand beherrschen läßt
Wir haben es hior fi»t mit einer intellektuellen Erzwingung zu tun
und sind weit entfernt von der organische Bildgestaltung C^zannes. Die
Gesam^eit, die optische Einheitsform der Matisseschen Empfindung ent-
steht nicht aus der logischen Abwicklung eines sich selbst setzenden Kon-
flikte?. Die KompocitioriKstimmen liegen getrennt nebeneinander, pie
durchdringen sich nicht, ihre Ordnung ist psychisch-logisch oder ge-
schmäcklerisch, d. h. psychologisch-naturalistisch oder dekorativ. Rnt-
spreciiend ist der Farbfleck, der bei (^rzanne als Kunstform die konträr-
sten Pole zusammenband, nur Reproduktion der persönlichen Empfin-
dung. Darum ist seine Farbfläche dem Wesen nach verschieden von der
schwebenden Fläche Cezannes: deren Belebung kam nach den Gesetzen
der Konzeptionsrhythmik, den Flächenforderungen und dem Bedürfnis
nach größtmöglichstem Kubus zustande, d. h. rein formal ohne Rflcksidht
auf die Materialität der Sensation. Die des Matisse — und das ist ihre
G^&hr ~ 'Wird tmkuhisch und materiell, eine wirkliche Bläche, deren
Lehen von einem mit Worten unbeschreiblichen Vibrieren jcommt, das
die ganze IhtensiUlt der ihm eigentflmlichen Optik entfafilL
Das Erlebnis setzt sich Matisse in Rhythmen um, in fiurbige und lineare
Rhythmen. Aber es begegnet ihm oft, dafi die Farbe das liOben der Linie
verringert (deren Einheit er bei Ingres bewundert); daß diese Rhythmik
keine adäquate Realität findet, um sidi zu materialisieren -oder dort, wo
sie sie findet, doch nur in einer ungenügenden Form. Um diesen wichti-
gen Punkt von einer anderen Seite nachdrücklichst zu beleuchten, will ich
ein Beispiel aus der modernen Literatur nehmen, zwei Fassungen desselben
Themas aus den „Neuen Gedichten^ von Wilhelm von Scholz: Die Nacht
Eiste F«Mung: Zweite Faiiung:
Sidi wiediegianeNachtimZiinxnerstehti Ich bin erwacht: Nach^iau, das vm midi
Voll imwren Dtnmierliditet i^cich dem ■ <ch^eigt
Tnim» ^^^1 innsroi Dfimmarlicbte« wie ein
Traum,
Io8 Di« Naolifolgw Oxannet
£in stiller See, der in dem ruhigen Raum
Hoch über uns bit an die Decke geht.
Du hebfft den weißen Ann in feine Flut,
Doch du bewegit ne nicht. Sieiteht und
ruht.
Nur füllen langsamSchatteuihren Schein,
AU trüge tie die kühle Luft herein.
Dein A rm , <^ pr schwerelos dasD ii nkel trägt ,
Sinkt leisaui meine Brust. Und unbewegt
FSlll innere Nacht, von Erdennacht um'
hülh
InnnserSchann,^das lich mit Schlummer
füllt.
Ein stiller See, der in den ruhigen Raum
Hoch über mir bis an die Decke «teigt.
Der Vorhang weht vom Fensterin dieFlut,
Die unbewegt doch ist und auf mir ruht!
Nur füllen Schatten langsam ihrai
Schein —
Michdankt,dieküh1eLuffctrigtnehei«itt.
Wie leises Rieseln übergleitet mich
Ihr Dunkeltein. Ihr Rühlsein atme ich.
Und innere Nacht, vom Brdennacht um-
hüllt.
Fällt in mein Schaun, das sich mit
Schlummer füllt.
Was die zweite Fassung veranlaßt hat, war offenbar der Wunsch des Didh-
t&iSf der sidi unmittelbar im Wort äußernden, sehr starken Stimmung
eine Situation zu schaffen, die sie trägt und zugleich in ihrer Materialität
aufhebt. Das ist ihm offenbar nicht gelungen. Die Realität hat in sich
nicht den Halt gefunden, der ihre Kontinuität ermöglicht. Die Real-
motive sind nicht Formmotive geworden, so daß das Sujet den Gehalt
nicht aufnimmt und erlöst, sondern ihn tötet. Für die gesamte Cieneration
charakteristisch ist es, daß das einzelne Motiv so aus dem Unlebendigen
und Alltäglichen gegriffen ist, daß seine individuelle Seite es unmöglich
macht, die aligeniciiie miteiiizuschließen. Das fruchtbarste Motiv ist nicht
gefimden. Als Gegenbeispiel mag die völlige Realisation bei C. F. Meyer
hier stehen:
Meine eingelegten Kuder triefen,
Tropfen fallen langsam in die Tiefen.
Nichts^ das micfa Terdroß! Nichts, das mich freute!
Niedenimit ein schmevzenloses Heute!
Unter mir — ach, aus dem Liclit entscliwuiideii —
Träumen schon die schdnem meiner Stunden.
Aus der blauen Tiefe ruft das Gestern;
Sind im Licht noch manche niemer Sdiwestem?
Der Unterschied ist offenbar der, daß hier die Situation so von inneren
Spannungen gdialten ist, daß.8te sich wie aus einer inneren Notwendigkeit
heraus vollendet. Scheinbar handdt es sich nur um eine ein&che schlichte
Beschreibung der Situation ; in Wirklichkeit aber liegt zwischen der deskrip-
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Matisse 1 09
tivenGestaltungsstufe und dt€sem Gedicht die g^mze Kluft. Die Situation
ist nidit mehr passiv, erleidend^ sondern aktiv, och seihst voUendendi und
in ihrer Aktivität Auedruck des Gehaltes, den sie in ihre rein« «lergetische
Form aufgesaugt hat, während der Gehalt hei Scholz nodi außerhalb der
Situation bleibt. Dasselbe gilt für die Malerei. Der reine RhythmuSy und
mag er sdbst dingliche Erscheinungsform gefunden haben, ist keine ge*
nOgende Realisierung, das Mittel der reinen Farbe ist ein Äquivalrat, «
aber keine Form. Ohne Hineinziehung des Dreidimensionalen ist sie un-
möglich. Und es möchte scheinen, daß des Matisse Werke in dem Mal3e
qualitativ stärker sind, je mehr er seiner eigenen Natur Hindernisse des
Kubischen und des Dinghaften in den Weg legte.
Mit Keinen letzten Werken aber sucht Matisse die Richtigkeit dieser
Deduktion zu verneinen. Je sicherer er in der Ergreifung seiner Erleb-
nisse wurde, ]e meisterlicher er seine Mittel in der Hand hatte, um so
stärker befreite er sich von allem Konkreten und physisch-Dinglichen,
um sich ganz seinen inneren Empfindungen, dem Klang seiner seelischen
Sprache hinzugeben und ihn direkt zu reproduzieren. ,yJe vais vers mon
sentiment, vers l'extase.'* Aber wenn mit dem Fliegen des Vogels das
Flugproblem gelfist w8ie^ wir hätten nicht mit tausend Menschenleben
Luftschiffe zu bauen brauchen. Der Mystiker verliert sich in die leeren
Räume der Ekstase, der Maler aber hat nur soweit ein Recht zu ihr, als
er sie realisierm kann. Matisse dagegen begnügt sich mit ihrer dekora-
tiven Niederschrift. Er nahm die falsdie Wahrheit Monets an: „Plus c'est
plat, plus c'est de Fart . . . Faisons des caites k jouer.** Nur wurden die
Karten etwas groß, selbst als Plakate noch etwas zu groß.
Die Kunst des Matisse hat einen weiten und bedeutsamen "Weg ge-
macht: vom Ungewußten über das Bewußtsein zum Unbewußten. W' enn
das Bewußtsein das Leben nicht lot^cbliigt, ist das Resultat von jener
Ruhe, die Matisse will. Aber das ist nicht die Ruhe des Seins, sondern
nur die Ruhe der Seele, die spricht, die ruh)io:e Sprache. Daß das nicht
eins ist, ist das Manko bei Matisse. Diese ganze Kunst klebt an dem Be-
dürfnis des Subjekts, sich auszudrücken^ ist direkte Handschrift, aber
nicht Gestaltung. Man ist aufdringhch mit Brutalitäten oder Zartheiten,
mit Materie oder mit Mystik.
Es konnte dieser Kunst nicht gelingen, ein Bild zu schaffen.
•lintMNniHMMnM«ill»M«tl>MMNHM«UHHHmMmHtH««M<tM«IMtl
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ummiiimim nnM W
PICASSO
So fand die eine Entwickelungsreihe , die von C^zanne ausging, —
weit entlernt von seiner Wei«;heit — im Absolutismus des Subjek-
tiven und dank des Mangels räumlich-kubischer Gestaltung) in der
flachen Dekoration em Ende. l^)isher war dies das letzte W ort, das die
Franzosen zu sagen hatten, denn es war ein Ausländer, der Gemahne an
seiner Wurzel zu packen und ihn dort zu ülx^i winden versuchte.
Picasso kam mit dem Siegerschriit des spanischen Mystikers. Durch-
glüht von inneren Feuern, zittert seine vomehm^ aller Brutalität und
Gemeinheit fremde Seele ^e ein angefichlagene^ dflimes Gla^ und klingt
neue Sensibilität psychischer Erregung. Er stellt die Flaminen mysti-
scher Innerlichkeit tot Harlekine , saltimhanques, seltsame Lebensalter
menschlicher Jugend, vor Ausgeworfenes^ Armes, MitleUöses. Es handelt
sich da nicht um sodales Sentiment und soziales Pathos, scmdem um ein
rdigUfses Leben. Mysterien der Seele gewinnen Gestus an diesen Armen,
TieUeicht ynai in ihnen noch Gott umgeht, der alles Reiche und Protzige
Terlassen hat. Darum ist ihnen allen die andächtige Frömmigkeit ge-
meinsam. Schon diese frühen Bilder Picassos sagen, daß sein Schaffoi
von vornherein ein Nadi'^ußen-setzen innerer Erlebnisse war, daß an
dem Leibe alles seinen Sinn hatte aus der formalen Bildung der Vision,
die trotz aller literarisch ablesbaren, sich vordrängenden Umsehleierungen
von Anfang an die Hauptsache war. Aber Picasso kannte niemals (wie
etwa Matisse") die Oual, Model! und Erlebnis in Einklang zu bringen. Er
konnte sich eine Weit schaüen, die gleich weit von der Banalität des nur
Realen und dem im Leeren schwebenden Sentiment entfernt war, eine
Welt, die offenbar darum restlos ausdrückte, was sie sollte, weil sie ge-
schaffen war und nicht absti^ahiert von einem Naturgegenstand, verdünnt
zu einem Ornament.
Der Umfang und die Kraft seiner Innerlichkeit offenbart sich in dem
MaBe^ in dem er jeden Punlct des EUirpers, die geaaa» Bildfläche mit der
Reichen Empfindung hat durchdringen kOnnen. Man sagt Ton der firQhen
Zeichnung Picassos nichts, wenn man von dner abstrakten IJnie spricht.
Vielmehr vibriert ^ ganz im Gegensatz zu der kalten Leerheit einer ab-
strakt^ linie ^ kondensierte^ pulsietendes Leben in dem groBzQgigen
P)ca«»o III
••HMItMm«
Umrifl. Dieae Art zu SMcfanen, die Festigkeit und Steilheit der Linieiii das
enge Vmgtmeisa ennnert vm» an j^ernsche Miniaturen^ wShrend die Pto-
porEionen ganz in. die Schtanj^heit gotischen Strehbns geholien sind. Be-
deutsam ist, daß die Luije< trotz ihrer schmalen lOmtuthaftig^t unver-
kennbare lichtwerte bei sich f&hrt Dieis Einheit Ton licht und Linie
will Ton'TOvnherem als Eigenart Picassos bemerkt sein. Man könnte auch
von der Farbe sagen, daß in ihrer Reduktion auf eine einzige: blau oder
rosa keine Al^traktion zu sehen ist, weil sie überall von unterirdiscäüm
Leben zittert. Mit diesen 'einfachen und doch von warmem und intimem
Lehen erfüllten Mitteln weiß Picasso seinen Erlebnissen eine Form zu
geben, die man schon auf diesen frühen Werken als bildhafte Notwendig-
keit charakterisieren möchte TJberall sind wir festgehalten von einer
Aufteilung der Fläche, die etwas Klingendes hat, von einem Rhythmus,
der schlechthin spricht. Dabei ist es typisch für Picasso, daü er in der
Breitenabwii klung des Rhythmus fast immer mit einem unbetonten Teil
beginnt und schließt, in der liölienabwicklung hingegen betont beginnt,
mit einer Leere schließt. Dadurch bekommen alle diese Menschen ein
Festes und Abgetreimtes zugleich, ein Wurzehi im Grund und ein Schwan*
ken in der Luift, im Dunkeln, im Leeren.
' Seit etwa 1 907 beginnt Picasso imter einer groi3en Krise diese schein*
har schon Tollendete und allen Werken der Ztttgenossen flherlegene Wdt
zu Stürzen und unter allmählichem aber rastlosem Suchen, eine neue Welt
au&ubauen. Er fond vielleicht, daß das Einmalige des Psychischen ebenso
willkürlich sei wie das der Natur; daß selbst so unerhört feine seelische Er*
lebnisse zu reproduzieren, nicht der Sinn dar Kunst sein konnte. Der schöp-
ferische Trieb mußte Neues produzieren, das Psyche von sich aus alsKomplex
nie liätte bilden können. Das innere Erleben mußte kontrolliert, ausgewählt,
zusammengeballt werden j die Gleichberechtigung jedes Erlebnismomentes
aufgehoben werden in ein Gesetz ihres Ablaufes*. Er ahnte die ungeheuere
Perspektive: Malerei ist die plastische Gestaltun|f von Gesetzen psychischen
Erlebens. In dem MaJie als ihm die im könstlenschenTriebe liegendeTen-
denz zur absoluten Gestaltung bewuiil *\urde, s.ib ei ein, daß seine Kunst
auf schwankendem Boden stand^ daß er zwar wuhlklmgend und rhyth-
misch gesprochen, gesungen, aber nicht gestaltet hatte. An diesem schwin-
delnden Abgrund begann er, den Mystiker in sich zu hassen, und schrieb
über- das Tor seines neuen Lebens das unmystische Wort des schöpferi-
schen Menschen: Der Wille zur Notwendigkeit
- 'ci ^'J --J^ '-'b^lC
IIA
Di» WMMdgtr G^SMHU«
OiMtr WiUe ging Ui auf das Letzte zurück Er befreite teinen jdi0p»
ferischen Trieb von allem konventionellen Inhalt und erfaßte ihn in seiner
unumgänglichsten und letzten Form: in der Gestaltung einer liumlichen
Realität durch ein notwendige Spiel von Formen. Und er begann damit,
sich diese Formoi aus seinen dgenen Erlebnissen heraus zu luldeny sich
den Stein zu seinem Bau zu schaffen.
Der We^ Picassos ist dadurch gekennzeichnet, daß für ihn nicht mehr
der Gegenstand der Ausgangspunkt seines Schaffens war, sondern der
Raum, d.h. in die Sprache des Psychischen übersetzt, daß nicht mehr ein
real-physij-ches, sondern ein subjektiv-psychisches Moment der Ausgangs-
punkt und die einzige Gewißheit des Schaffenden war. Der Kaum aber
war nicht mehr ein objektives Kontinuum von Dingen, nicht apriorische
Anschauung des Menschen, sondern eine vom psychischen Erlebnis je-
weilig bestimmte Relation seiner Komponenten. Wenn Picasso die Ver-
iSumliehung s^er Erlebnisse aitttrebt, so bedeutet das von Tomherem
nicht eine Matetialisierung in unserem Sinne, aus dem' Zusammenhange
der Funktionen des Bewußtseins mit den GrQnden der Objektwerdungrüber
haupt, sondern nur eine Realisierung des Psychisdien an deH Eiementen
des Raumes, weniger eine Gestaltung als eine Beschreibung. Es war die
grofie schöirferische Leistung Picassos, uns eine neue Konzeption des Rau-
mes gegeben zu haben. Sie charakteriaert sich durch die innere Spannung j
alle Raumrichtungen sind ^eichsam Mn jedem Punkte gesammslt, so daß
ein jeder mit der rraTizcn Unendhchkeit des Raumes schwanger ist. Da-
durch wird das Momenr der Zeit mit der reinen Statik des Raumes ver-
eint. Raum bedeutet die Funktion des Räumlichwerdens, imd zwar das
der Raumtotalität, so daß sich für Picasso die sehr fruchtbare Aufgabe
ergibt: die plastische Gestalt dieses Räumhchwerdens zu schaffen. Die
kausale Kraft wird als in dem Raum selbst hegend gedacht. Sie ist die
Gegenkraft zu der Haupttendeuz des Raumes selbst. Der KonfUkt spielt
sich nicht nur im Raum, sondern am Raum selbst ab.
Die Tendenz der Kunst Picassos geht nun dahin, diese Raumwerdung so-
wohl in den Quantitäten der Massen, die sie bilden, wie in der Lage der-
selben zueinander, exakt zu bestimmen. Für den einzelnen Raumteil boten
sich die mathematischen Grundformen als die bestimmtesten und fOr das
Auge meßbarsten. Die Raumlage zueinander aber mußte trotz aller Mar-
kierung und linearer Ausmessung letztenEndesder ▼dUigenVereinigungder
Form« und Lichtwerte überlassen bleiben. Diese hat Picasso mit großem
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Phot. Kahnu-filrr, Paris
Pablo Picasso
Coli. KahnuH'ittr
Männlicher Kopf (Zeichming) (Abb. 28)
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PicaMo
Emst gesucht^ so daß echlieBIich eme vallig notweaiclige Kongruenz von
Licfatstufe und Form erreicht zu sein schien. Aber licht und Schattm —
auBerhalh der Farbgegensitze von Weiß und Schwarz — waren qualitative
Momente unsachlicher Art und Schemen schließlich von Picasso als Kom-
promiß empfunden zu werden. Die völlig klare Lösung des Raumes in
reine Quantitfiten war nur auf der Fläche möglich. Diese hat in der
Kunst Picassos von jeher eine große und eigene Rolle gespielt. Er hat
sie immer als das Ewige empfunden, als die Grenze des irdischen Seins,
und auch als Grenze der menschlichen Gestaltungskraft. Schon anf seinen
fnihen Bildern ist die räumliche Unendlichkeit auf die Fläche gebannt,
ohne daB perspektivisch-illusionistische Mittel die zweidimensionale Em-
heit des Bildes auflieben. Sie hat vielmehr die Realität in sich autgesaugt
und richtet sich in rhythmischer Autteilung wie eine undurchdringliche
Mauer auf, wie ein Ewiges, Unerreichbares, Absolutes, vor dem die armen
Menschen mit der selbstverständlichen Gröl3e vijii Heiligen gotischer Glas-
fenster, aber mit tiefer Traurigkeit stehen. Und auch in den späteren
Werken wurde die Fläche als solche gewahrt Ganz im Qegensatz zu der
klassischen Art der Kaumbildung, die, in den Rauzd hineinschreitend^ die
Grundfläche durchbricht und nun gezwtmgen ist, die Raum&me durdi
eine ideelle Fläche zu begrenzen, beginnt Picaiso auf der Fläche imd
schreitet nach vom. Darum mu6 er die Dinge' nach vom hin limitieren,
eine ideelle Vorderfläche schaffen. Damit war dnr Raum als unendlidie
. Tiefendimension beschränkt auf die Lage der Dinge zueinander. Er war
gleichsam an die Dinge seihst gebunden, deren Distanzen allein, soweit
sie als fiXr das Auge ausmeßbar dargestellt werden konnten, Raum be-
deuteten. Ein horror vacui spricht aus diesen Bildern, eine Angst vor der
w^eiten Au<;dehnung des Himmels, vor der schlechten nnd ^rhz unfaß-
baren Unendlichkeit, die sofort Platz greift, wo der Begnft der (Quantität
und Meßbarkeit nicht inelir zureichte. Wir haben m dieser neuen Art,
Fläche und Raum in Heziehung zu setzen, ein ganz andersartiges Lebens-
gefühl, indem Picasso das Absolute hinter der Gestaltung stehen ließ,
setzte er die Dinge wohl in eine Beziehung zu ihm, aber es gelang ihm
nicht, es in sie hmabzuziehen und ümen dadurch jene innere Ewigkeit und
« Totalität sachlicher Lebendigkeit zu geben, die das Signum der absoluten '
Gestaltung ist. Er ging vielmehr auf eine ganz andere Art der Säfchlichkrät <
Die Differenz zwischen den beiden Flächen^in die der Raum gespannt
war, konnte auf ein Minimum zusammenschrumpfen, zumal mit der
Memo 8
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Die Nachfolger Cczannet
größeren Flfichenliaüigkett die Möglichkeit wuchs, den Raum als eine
Relatioin von Quantitäten ta beschreiben. Diese waren zum mindesten
gefüllt von der Materie der Farbe, und diese enthidlt (solange sie nicht
hl absolut glatter FlMche aufgestrichen, sondern in önzelnen Flecken ge-
geben war) Sugg^fitionswerte qualitativer Art. Da gab es nur noch den
Ausweg, diese zu materialisieren, d. h. sie als reine Realitätsdeskription
zu erlösen. Nicht mehr ein beliebiges, zufälliges (nur seelisch bedingtes)
Fleckengewirr, sondern getreueste Wiedergabe des realen Materials, sei
es, daß die Farbe ah Farbe diese Funktion ausfüllte oder als StofTl>ezeich-
nung (Holz, Marmor). Man begann dann gewisse fixe Formen, Buch-
staben usw. in das Bild mitaufzunehmen. Die ganze Tendpnz des Schaf-
fens war ja darauf ausgegangen, die verworrene Vielheit des Raumes in
feste Formen zu gestalten, und es war gleiciisani eine erste Probe auf das
Resultat, wenn man die fixen Formen der Wirklichkeit mit ihnen ver-
einigte. Schließlich ging man weiter, indem man Stücke des realen Seins mit
in die Bildrealität hineinnahm, etwa Zeitungsausschnitte usw. So sind zwei
scheinbar nicht zu rmianBoäm Ktmtraste zusaminengeuommen: die reine
QuantitätydieatuderDeskriptiondesRauniesgewonnenistjUndMnefiäcfajeh-
luift Gxdf )a reale Seinsform. Die Einheit der Empfindung, die dcfaer vor-
handen ist, liegt schließlich darin, daß es sich beide Male um quantitativ
genaudeskribierteRaumrelationenhandeltDerGrund waraugenscheinlich
der, daß man durch die Nfihe am Material snn Bild zu bereichem glaubte.
Es war ein weita ^eg, den Picasso zurflckgdegt hatte, ehe er diese
beiden GegensStze vereinige konnte. Denn zunächst mußte ja aus der
neuen Raumanschauung heraus der Gegenstand überhaupt erst geschaf-
fen werden. Er bestimmt sich aus der Priorität des Raumes als einer
Reihe von Raumbeziehungen. Indem die Raumschirhtung nach Höhe,
Breite und riefe Ausgangspunkt wurde, in der die Din^p dienende Stel-
lung einnahmpn, konnte es kommen, daß verschiedene Dmge, die in der-
selben R aiimsc liicht zusammenlagen, zu einer relativen Einheit verwach-
sen konnten, während verschiedene Teile ein und desselben Körpers, weil
sie in verschiedenen Raumschichten lagen, auseinandergerissen werden
muJJien. Diese Spannung zwischen Raum und Gegenstand können wir
psychisch auch so ausdeuten: der Glaube der Renaissance an die absolute
Sdittnheit, an das transzendente Sein, das Ding an dch, ist verloren. Alles
Erleben ist besfhnmt vom Erlebenden her, all^ Sein ist immanent. Picasso
kann also die notwendige Form eines menschlichen Körpers nicht mehr
in «einer Scli0nlidt suchen^ sondern in seiner gesetzmäßigen Gestaltung,
nicht melir im ObjektiTen^ sondern im SnbjektiTen. Fflr B^casBo bedeutet
also das Sehen nicht mehr eine einfache Wahrnehmung der t)inge, son>
dem ein Wissen, entstanden durch ein neues Verhältnis zu ihren kuhi-
schen Werten. Er zerlegt jeden natürlichen Gegenstand in eckige und
runde Flächen, die sich gegeneinander bewegen, und sieht ihn ferner
von allen Seiten, da er ja als der schlechten Unendlichkeit des Raumes
völlig anheim gegeben empfunden wird. Dann setzt er ihn ■ — nacTi den
erörterten Prinzipien seiner Kaumbildung — aus so vielen Ansichten (die
in der Natur nicht zugleich sichtbar zu sein brauchen) zusammen, als das
Ganze es notwendig erfordert. Diese Erkenntnis des Gegenstandes hängt
weder an diesem selbst noch an der Willkür des Subjektes, bedeutet also
keinerlei Schematismus und Abstraktion, sondern ein Wissen um seine
räumlichen Werte unter der Bedingung eines bestimmten Kontrastkon-
fiiktes, so daß Picasso die verschiedensten Konzeptionen aus demselben
Gegenstand zieht Aher nicht nur von ohen her, vom Ganzen aus, son-
dern auch glttdisam wn untm aus wird diesem Weg eine notwendig
Form aufgezwungen. Picasso will, daß sein neuer Kunstgegenstand durch
seine Formen meßbar sei Ein Körper muß so gegeben sein, daß ein in-
telligenter Mechaniker ihn nachhauen kann. Es wird versucht^ das Er-
lebnis in die unpersönliche Form des Ingenieurs zu zwingm.
Bei dieser Ei^tstehung der Kunstform Picassos am der Naturform wttrde
das von KQnstleim so beharrlich von ihm geforderte reine Ornament die
größte Inkonsequenz seiner Kunst darstellen. Wie sehr sein schöpferisches
Denken mit dem Gegenstand verknüpft ist, zeigt besonders der Umstand^
daß sich seine Phantasie mit Vorliebe an die Artikulationen des Körpers
wendpt Mit einem erstaunlichen Wissen um die natürlich -organische
I unktiun der Glieder suchte er ihre Funktion unter dem Zwang eines
bestimmten Ausdruckes zu geben. F.'; c^ibt Frauenbrüste, die fremd an
ihrem Körper hängen wie angeflogene Vögel oder vorjährige Beeren, und
andere, die schon an den Schultern ansetzen und beherrschen. Eis gibt
Arme, die wie die von Drahtpuppen lose im Körper sitzen, und Arme,
die den ganzen Körper mit in die weite Rundung ihrer Kurve ziehen.
Das geforderte reine Ornament ist aus Willkür gezogene leere Abstraktion
gegenüber den Dingen, materielle ReprodukUon gegenüher dem psychi-
schen Erlebnis. Dagegen stellt Plcassos Kunstform eine reine, organische
Funktion des Schaffenstriehes dar. .
1 1 6 Die Nachfolger C<$xannes
ttl«MI«tlMll»llltlll»ltMl«tlMttll»»l»WIIMtM«MIMIW«l»l » «lll «MtM tlMtW«MM»ttl«tlllIMIltlW«IMII»>MtnW»W»t«l«MMlttMlllMl M IIII » IMWMtl M I I
Hat nun Picafiso mit seiner neuen und in sich konsequenten Konzeption
des Raumes die völlige Realisation, das Ziel der absoluten Gestaltung er-
reicht^ Trh sehe in seinem Prinzip zwei Diskrepanzen. Zunächst die zwi-
schen Quantität und Qualität Indem er darauf ausginc: den Raum aus
reinen Quantitäten zu beschreiben, war er genötigt, die dinghche Konti-
nuität für immer zu zerreißen, und damit die Dinge zu vergewaltigeri,
ohne von ihnen das zu erreichen, was er wollte. Denn indem er sie als
Ergebnis ihrer räumlichen Beziehungen bestimmte, wurde er einerseits
gezwungen, eine sehr bedenkliche Art von materieller Realität in das
Bild mit hinein zu nehmen, und muiSte andererseits einseben, daß dieser
neue Gegenstand nicht föhig ist^ das Erlebnis 'wirklich zu realisieren.
Picasso hat sich mit einm* fast verzweifelten liebe an die Dinge geklam-
mert: die leblosen, kleinen, immer gebrauchten und nie beaditeten:
Papierbogen, Federhalter, Tintenfaß, Mandeline und Pfeife. Die nature
morte gewinnt ein Leben, dessen Bedeutung Töllig über die Banalitit
des Gegenstandes hinauswachst und unser Auge besticht, sie in große
Themen zu übersetzen, die uns unsere Erinnerung ^ng^bt: den impo-
santen Aufbau einer Palasttreppe, unwirkliche Brückenbögen oder Käthe»
dralwölbungen, kostbare Häuser, die wie Mythen einer anderen Welt an
einem Wasser zu liegen scheinen wie Paläste am Canale grande: strah-
lend und unwirklich. So stark, drängend ist die psychische Kraft Picasso«,
daß er mit kleinsten Dingen Monumentalitäten suggeriert. Aber man
muß sich hüten, dem nachzugeben. Denn Picasso rneait die kleinen
Dinge: die Pleite, die Deckenquaste und das Strohgetlccht, Er machte
sich von allen großen Stoffen frei und liebt die unscheinbaren und ver-
worfenen Dinge mit dem Gestus des Königs: er streichelt sie unendlich
zart und gibt ihnen die Peitsche, er gießt über sie den ganzen Reichtum
seiner plastisch-malerischen Imagination aus, und zwingt sie, di^ uner-
t]^liche Wohltat hinzunehmen, indem er sie zwischen Linien und Ton-
massen spannt wie in einen Ring. Aber die Dinge rüchten sich. Das Er-
lebnis blieb in seiner ganzen psychischen Materialität außerhalb und liegt
— sobald man einmal die Fremdheit der Formen fiberwunden hat —
ebenso literarisch ablesbar über dem Ganzen wie auf den froheren Wer^
ken. Ganz deutlich wird die Diskrepanz^ sobald Picasso mit der Farbe
arbeitet. Er hat sie Jahre lang gewaltsam aus seiner Konzeption ausschal-
ten müssen, weil sie ihm die Form ruinierte; und jetzt geht sein ganzes
Trachten darauf, der Form die eine, Ton ihr geforderte, adäquate Farbe
4
PiOMM 117
zu finden. Das zeigt deutlich, daß die Konzeption ni< lit von dem einheit-
lichen Mittel getragen ist, und darum keine Formbüdung im Sinne der
absoluten Gestaltung bedeuten kann.
Dieser Diskrepanz entspricht die zweite zwischen Statik und U) iiaunk.
des Aufbaues. Dank seiner immensen Begabung, seine Erlebnisse in ein
einheitliches Vorstellungsbild zu projizieren^ ist die Gesamtheit immer
zucisC da mit der ganzen Unmittelbarkeit des K^Offfkaoadaßa Stromes^
wahrend die FmiuDg derselben .in den Teilen ihn vor eine miendliche
Au%abe «teOt. Wdl 90 die Besiehung der Teile zum Ganzen kdne or*
gankdie ist, droht die Vielheit der Teile das Ganze zu zerbrechen, die
Dynamik bedroht die statisch-plasdsche Einhmt, und diese bleibt bis-
weilsn one leere Flüche.
Der Grund für diese Diskrepanz kann allein in den Krfiften gesucht
werden, die bei der Gestaltung beteiligt sind. Da sie (wie wir sahen) ein
Manko im Subjekt wie im Objekt darstellen, bleiben sie in ihror Funk-
tion im Materialen. Di^es Manko liegt nicht darin, daß die Dinge nicht
naturähnlicher geworden sind, sondern darin, daß bei ihrer Bildung eine
ganze Seite dor Weh überhaupt an^geschaltet wurde. Indem Picasso den
Wert und zugleich den Dualismus und die Inkonsequenz des Cezanne-
schen Raumbildungsprozesses erkannte, glaubie er, sich des Raum^ in
einer unangreifbaren, unpersönlichen und gleiciibaoi experimentellen Weise
versichern zu müssen, und er meinte, das durch seine quaniitative De-
skription zu können. Er zerriß damit die 1 otcdität und Harmonie der psy-
chischen Kräfte, so daü er zu einer individualpsychologischen Methodo-
logie des Raumes, nicht aber zu dessen Gestaltung kam. Seine Leistung
findet auf dem Gebiet der Wissenschaflen eine Analogie in der Mathe-
matik und Mechanik| also im Umkreis der Naturwissenschaften eho- als
im Gebiet der Philosophie selbst Das zeigt deutlich die Ge&hr seiner
fiinsdtigkeit
All dtese Einwendungen gehen nur die absolute Wertung seines Wer-
kes an, bedeuten eine Auseinandersetzung mit seinen Prinzipien und lassen
den relativen Wert desselben ganz außer Betracht, Auf seiner eigeim
Gestaltungsstufe bedeutet er durch die Sensibilität für die Bildforderungen,
durch die geschlossene und festgefügte Plastik seiner Konzeption, durch
die Feinheit und den Um&ng der Valeurs einen sehr hohen Grad der
Vollendung. Wir haben einen Menschen vor uns, dessen Schaffen eine
innere Notwendigkeit ist) einen Geist^ der den Mut hat, seiue^ eigenen
ii8
Die Nachfolger Cexannes
Tiefen und Forderungen zu erkennen, und die Kraft, sich ihnen Schritt
für Schritt zu nahri n. Trh weiß nicht, ob die tiefe Ehrlic hkeit des Mannes
und Künstlers, oder üb diese ununterbrochene Konsequenz seiner Ent-
wicklung mehr zu bewundern ist. Beide Momente trennen ihn in einer
unüberbrückbaren Kluit von allen Kubisten und Futuristen. Wir haben
es mit einem im höchsten Sinne schöpferischen Künstler zu tun, der
unsere Welt ei vveiteit und unserer künstlerischen Erziehung ein t üiirer
sein kann und muß. Denn seine Betonung und Realisierung Raumes
enthält die vressillichstfln £letiieate im Kuiistscliaffeiis ebenso in flieh
' wie die Mathematik, die Fundamente phikeophiscfaer Produktion. Der
Begriff der Mathematik, der sich uns hier zum Vergleich anbietet, be-
zeichnet den ganzen VVeg, den wir von der Willkör des faipressionismua
zum Gestaltungswilta Picaseoa durchlaufen haben; denn was war dem
Impresdonismus freinder als gerade dieser Begriff? Daß Picasso uns mehr
eine fruchtbare Lektion als ein geschlossenes und absolut gestaltetes Werk
gegeben hat, muß uns auf den hoffen lassen, der dieses Wissen zur Weis*
heit des pdro Corot komplettieren kann.
EIN HISTORISCHER VERGLEICH
Die innere Bedingtheit und UnvoIktämUgkeit der modernen Kunst,
die sich uns überall zeigte, solange wir den Ma08tab der alieoluten
Gestaltung konsequent beibehielten, wird uns geradezu demonr
strier^ sobald wir Werke der Vergangenheit zum Vergleich heFanholeny
den erkenntniskritischen durch den historischen Standpunkt ergänzen,
etwa einem Cezanne einen Poussin gegenüberstellen (wozu uns Cezanii^
selbst ermächtigt, indem er seinen Begriff einer klassischen Kunst definiert
als ,,Poussin refait entiferement sur nature"). Der Unterschied liegt in
der meisterlichen Ruhe, mit der Poussin sein Bild aufhauen kann. Er
beginnt mit einer nicht zu starken Betonung des vordersten Planes und
^^chreitet von hier aus in den Raum. Jede Raumriehl ung wird zugleich
durch ihre Gegennchtung oder durch die Betonung der Fläche gewisser-
maßen zum Stehen gebraciit, in sich gespannt, erhält dadurch eine La-
bilität, die ihr in gleicher Weise die Statik des Raumes und die Dynamik
der Zeit sichert. Durch diese Spannung wird die Raumbildung vi eanae
reinen ^tenntät, entfernt sich raa dem mathematisch-architektonischen
der starren Raumerschließung und sichert die Kontinuität des räumlichen
Verlaufes. Indem Poussin so^ von dem Konflikt seiner Konzeption ge>
führt, |den Raum durchschreitet — immer wieder jeder Tiefentendems
dne Hemmung durch ein GegenmotiT vorschiebend, imd dadurch dm
Raum einen Richtungsreichtum sichernd; immer wieder die Faden sam*
melnd und auflösend, ohne Angst, den Raum nicht durchmessen zu kön-
nen — kann er ihn völhg in sich schließen, so daß weder von außen her
etwas durch den ersten Plan in das Bild hinein, noch aus seinem letzten
Plan etwas aus ihm herausragen kann. Der Bildraum ist eine Einheit ge-
worden, die weder Aufteilurtf^en in Gründe kennt noch gar ein Auljei-
halb. Innerhalb dieser Einheit kann Poiis'-in so weit in die Tiefe geiien,
als er will, kann dank einer meisterlichen Beiierrschung der Liiftperspek-
tive und der Gesetze, nach denen die Farben durch die Ferne liiodifiziert
werden, das dunstige Verdänunem malen, ohne in die Kategorien des
Naturruuaici. zurückzufallen, weil dieses weißbläuliche Dämmern der
Ferne nicht mehr Bezeichnung einer Natursituation ist, sondern Form
und Faktor des ganzen Bildes, Resultat des Ganzen.
Ein bittorischer Vergleich
Bei C^Eamie sptiit man die Wut det WOlenSi mit der er sich tmea
Konflikt TOr Äugen hült, selneii Raum in Etappen zerlegt, um ihn acher
zu haben. Er gibt viel direktw, was er zu sagen hat. Die Bäume bie-
gen sidi ganz gegen ihre Natur zu einem Dreieck, die Figuren stürmen
dirdEt aui ihr Ziel los, sind zu augenscheinlich aui ein Zentrum hin ge-
Bammelt. Trotzdem hat Cözanne MCLhe gehabt, in den Kunstraum hinein*
zukommen und sich in ihm zu halten. Perspektivische Rechnungen
drohen ihm die Einheit der Fläche zu zerreißen und die Gestaltung in
einen illusionistischen Naturraum zurückfallen zu lassen,
« Die Differenz der Gestaltung ist von einer solchen des Realisierun?«;-
grades betrleitet. Bis zu ■welcher Stufe der Hlusionistik konnte Poussin
die strenge und viel inhaltsreichere Gesetzmäßigkeit seiner (Gestaltung
erlösen, sie in ein Detail der Blätter, der Stoffe, der Haut betten! Cö-
zanne dagegen gibt sie als ein ablesbares Gerüst, als einen skeletthaften
Knochenbau. Daher bedeutet ein Stoff loser Farbüeck die leLzie Realisie-
rung, während Poussin ihn so weit materialisiert, daß die Materie selbst
-noch den Geföhligehalt des Ganzen gibt. :
Fragen wir uns nach den GrOnden dieser Unterschiede, so mögen sie
zunächst in einer innerm Sicherheit liegen^ die dem altea. Meister die
Ruhe gab, sdne Erlebnisse ausreifen zu lassra, bis sie wie eine reife Frucht
Tom ihm abfielen. Er hat kdne Furcht, die lebendige Sensation der Natur
zu variieren, nocih in ihr zu Yerharren, weil fdr ihn Gestalten die oi^a-
tiiscbe Aufhebung und Erhaltung der Natur ins BildbedeuteL So braucht
er weder seine Optik noch seine Logik, weder seine Sensation noch seinen
Willen zu forcieren. In einer völligen Harmonie aller psychischen Kräffce
reifte das Erlebnis zu einer reinen Energetik der Form.
Ein Zweites aber war das große Wissen Poussins und der alten Mei-
ster. Man kannte als Maler vor allem die Forderungen inirl Bedingungen
des Raumes, man kannte die Dinger das Wachstum der Bäume, die La-
gerung der Felsen, den Bau des Körpers, das Leben der Tiere. Man be-
gnügte sich nicht mit dem Schein der Dinge, sondern suchte sie in ihren
Gründen zu begreifen, da sie ja die Träger und Mittel des Gestaltuiigs-
willens sein mußten. Wieviel Beobachtung mag vorangegangen sein, ehe
Poussin diese Kühe malen konnte, die so sehr die Quintessenz ihres Da-
seins bedeuten, daß alles davor verblaßt, was je an Tiermaierei geleistet
wurde. Zu dttn Wissen um dieDinge kommt dlas um die Materialien. Um
bis in die Materie hinein zu realisierenund jedesmal die Materie dem Gehalt
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Schluß 191
MnMtUMnM«MiMt>t«intttii<»MiM»Huu«iM<>ti<nMMii«iiui>tiiiiiwiM»i»i«i>nnMatH*iiM«iu«iti«wii«iiiiniiniititintMniMMmMtimunnut
anzupassen, mußte er sie bis in die feinsten Abstufungen ihres Ausdruckes
hinein kennen. Und wer von unseren Malern ahnt heute auch nur das
groüe Geheininis dieser in ihren Tiefet: glühenden Dunkelmalerei?
Das Wichtigste aber scheint mir die TotaUtät des Empfindens zu sein,
die uns das Poussinsrhe Bild zeigt. Ich meine nicht so sehr die Vielheit
der Objekte, daß iVJensch und Baum, lier und Berg beieinaiider bUid,
sondern daß sie von einem einheitlichen Gefühl gezeugt und getragen
8md| das ach über die engen Grenzen des Subjekts hinauszu einer Mensch-
UdikeLt erweitert hat, die die ganze Welt umfiaiBt. Die Welt .ist nicht
Termenscfalicfat, anthxopoinorpliisiwt, sondern in der Eigenbedeutung
ihres licbais erhalten und in die AlUieit der Welt au%ehoben. Das ist '
kein Pantheismus^ fOac den Ton voniheroin alles göttlich und einig ist, es
ist Yiehnefar der Triumph der schdpferischett "Kxak, die aus der ydUig
verstreuten und feindlichen Mannigfeltigkeit der Welt eine neue, einige^
in sich geschlossene Harmonie aufbaut, aus der die Objekte so wenig ver«
bannt sind, daß sie in ihr und durch sie erst ihr wahres Leben führen.
Das ist das Manko d&c modernen Kunst, daß sie sich vom Individualis-
mus nicht zu befreien und — in den Kreis des egozentrischen Subjekts j
gesperrt — die Totalität der Welt nicht in ihre Konzeption aufzunehmen
vermag. Die Frage der Kunst wird zu einer Frage des Lebens und wir
sahen, wie hier immer große Teile derselben untersprun^en wurden.
Fast überall fanden wir nicht Menschen, sündeni Ästheten, denen die
Forderung absurd erscheint, daß man erst sein Leben bis in die kleinsten
Dinge hinein und bis an seine weitesten Grenzen ernst und ehrlich ge-
stalten müsse, ehe man den Pinsel auch nur in die Hand nehmen kann.
Man wirft heute die wesentlichsten Dinge leichtfertig über Bord oder
man hiingt sie sich als Pose um. Und wahrend man wähnt, in seinem
Pinsef das Mittel zu haben, in dieser armseligen Scheinwelt das ganze
All auf die Leinwand zu bannen, hat man schon versdierzt, zu jener
Komplettheit der Gestaltung zu kommen, die die großen Ahnen aus-
zeichnet: die Glasmaler von Ghartres, Giotto^ Rembrandt, QitoL Wenn
wir sie^frfgen künnten, worauf diese fÜUe und VoMstfindigkdt, diese
innere Gidfie ihres Werkes beruhe, mfißten sie nicht die tiefisimugen
Worte[PousBins. wiederholen; „Je n'ai li^ n^lig^*'? •
ANMERKUNGEN
VERSUCH EINER GRUNDLEGUNG DES SCHÖPFERISCHEN
Zu Seite 8. Cohen: Kants Begründung der Ästhetik, S. 556.
Zu Seite 8. Kant: Kritik der Urteilskraft.
Zn Seite 10. LeonaTdo: Traktat ▼on der MalereL Bd. Jena 190g. Kap. 34.
< Zu Seite 1 1 . Fölibien : Entretiens sur lei viel et las <BUTTes dei plna cKOeUenit pein-
tres. Paris 1666. Bd. IV. S. 46 f.
Zu Seite 13. R. Baerwald. Exp. Untersuchungen über Urteilsvorsicht und Selbst-
tätigkeit. Zeitschrift f. angewandte Psych, u. psych. Sammellbnchung II,
S. 35S'384* Lps. igo8. — W. Stern; Diffneatielle Fiychologie, S. S03— «13.
Zu Seite 15. Man vergl. Hugo Mümterberg: Grundzuge der F^ni^ologie. Bd. L
Erkenntnistheoretische Grundlegung S. 155 ff.
Zu Seite 14. Nach Kroner: Über die Allgemeinguliigkeit des logischen und ästhe-
tiichen Urteile».
Zu Seite 15. Ansätze hierzu bei Goethe: Einfache Nachahmimg der Natttr» Minier,
Stil. 1788, und beiDessnir: Ästhetik S. 61.
Zu Seite 17. Hönigswald: Zur Kritik der Machschen Philosophie S. 4Ö.
Zu Seite 18. Münsterberg a. a. O. S. 65.
Zu Seite 18. James: Psjrchologie S. 556 f.
Zu Seite 19. S. hierzu die sehr interessanten Ausfuhrungen bei E. Mäle: Die kirch-
liche Kunst dps Jin. Jhds. in Frankreich. Deutsch: Straßborg 1907. Zur Kunst-
geschichte des Auslandes. Heft 52, S. 9 if., S. 43a if.
Zu Seite ai. Besonders deutlich Goethe; Jubiläumsausgabe Bd. XXXIV, S. 548.
„Das Gemüt hat einen Zug gtgai die ReIig|ott; ein religföies Gemüt mit Na-
turell zur Kunst, sich seihst überlatien, wird nur unvollkommene Werk^hervor-
bringen; ein solcher Künstler verläßt sich auf das Sittlich -Hohe, welches die
Kunstmäugel ausgleichen soll. Eine Ahnung des Sittlich -Höchsten vrill sich
durch Kunst ausdrüdken und man bedenkt nicht, dafi nur das Sinnlich-HSdist«
das Element ist, worin sich jenes verkörpern kann."
Zu Seite 21. Simmel: Philisophische Kultur. Ges. Essays, S. 183.
Zu Seite 22. Cohen - a. a. O., S. 259 f.
Zu Seite 25. Rodin; L art, S. 5.
Zu Seite 94. Den Künstlern zur Belustigung diese Stelle aus Mach: Analyse der
En)pfindungen, S. 351.
,,Was hat die Gehörsentwickinn g mit der Arterhaltung zu schaffen? Geht sie
nicht weit über das Notwendige oder überhaupt nur Nützliche hinatu? . . ,
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Anmerkungen 1 25
MMMIilMttllllllMIMilll«ISai<BtlllliailltllltllliailltllltlU*ltltllllUtl«IMftlllttMttrMMf«tinitMtlllMinillltlMftllf»ttltlll»lllfllllt««lll«IMaillM
Eigentlich kann man in bezug auf jede Kunst dieselbe Frage stellen . . . Die
Frage liegt nur am nächsten bezüglich der Mutik, welche gar kein prakticchei
Bedür&is zu befriedigen, meict oichtt daixactellen hat. Sehr verwandt mit dw
Musik ist aber die Ornamentik. Wer lehen will, mnB Ricfatttiifen der Linien
unterscheiden können. Wer sie fein tn unterscheiden vermag, dem kann sich
aber, gewissermaßen als ein Nebenprodukt seiner Ausbildung, das Gefühl fiir
die Gefälligkeit der Kombinationen von Linien ergeben. So verhiQt et dcfa andi
mit dem Sinn für Farbenharmonie nach Entwicklung des Unteischeidungpver*
mögent für Farben, so wird es auch mit der Musik sich verhalten."
Zu Seite 24. Vergl. 2u dieser höchst wichtigen Frage des Malers te Peerdt Büch-
lein: Das Problem der Darstellung de« Momentes der Zeit in den Werken der
malenden und leichnenden Kunit.
Zu Seite »4. Fflibien a. a. 0<> S. 56. Eine Stelle gleichen Inhalts bd Leonardo
a. a. O., S. 48 : „Setzen wir den Fall, du Leser siehst mit einem Blick dieses
ganze beschriebene Blatt an. Du '.virst sogleich urteilen, es sei voll verschiedener
Buchstaben, aber in diesem Au g' nbUck wirst du nicht erkennen, was für Buch-
staben das seien, noch was sie M^ta. wollen. Daher mußt du es YV^ort für Wort,
San für Satz durchmachen, wenn du Kenntnis von diesen Buchstaben haben
willst. So ist es auch, wenn du zur Höhe eines Gebäudes hinauf willst, du wirst
dich bequemen, Stufe für Stufe hinanzusteigien, sonst ist's unmöglich, zu seiner
Höbe zu gelangen.**
Zu Seite ft6. H. Bergson: Ikfoterie und Gedächtnis. Deutsch baOiedendis. Jena.
8. 55. •
Zu Seite 37. Münsterberg: a. a. O., S. 131 f.
Zu Seite 50, Cohen: Ästhetik des reinen Gefühls, I. S. 159 f.
Zu Seit^ 50. A. Binet: Le mystere de la peinture. Annee psychologi^ue 1909.
. Zu Seite 31. H. Flandrint Lettres et Pensdes.
Zu Seite 51. Cohen: a. a. O., I, S. 537, IL S. 513 ff., S. 378 ff.
Zu SpiTp 31. Goethe: M tcrial der bildenden Kuust. Bd. XXXIV -XXX VU der
ges. Werke. Aiisg-abe bei Hesse.
Zu Seite 5a. Wuudi; Grundzuge der physiologischen Psychologie. Ziehen: Leit-
&den der physiologischen Psychologie, dem die Figur des Farbensystems eat'
nommen ist.
Zu Seite 54. W. v. Sc holz: Kunst und Notwendigkeit.
Zu Seite 5g. Mach: a. a. O., S. 102 ff.
Zu Seite 40. Hildebrand: Problem der Form. Neuerdings eine Ausgabe mit Ab-
bildungen. Strafiburg 1915.
Zu Seite 41. Zitiert aus der Einleitung zum Traktat von Marie Herzfidd, S. 171^
Zu Seite 43. Emilie Rernarflr Paul C^zanne L'occident. Juli 1904.
Zu Seite 43. Deutsch bei Keclam von Dr. L. Fischer. Femer Goethe: Gespräche
mit Eckermann vom 10. Oktober 1838.
Zu Seite 44. Kandinski: Du Gästige in der Kunst, München.
Zu Seite 48. Näheres bei Ch. Lalo: L'introduction dans TEtth^que. Dr. Mfiller-
Fnnenfdb: Biiychologie der Kunst.
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Zu Seite,48. Eline andere Einteilung nach psychologischen Gesichtspunkten bei
Ridh, M. Meyer: Über dai VentiDdnit tob Kunctw^ea. Neue Jahrbacher 1901 .
Bd. VU. S, 56Af.
DIE EROBERUNG OES NEUEN LEBENSGEFÜHLES
Zu $ate 54. Judiüi Cladd: Rodin Uhonune et ToBavie mit Binleitung von Ga-
mille Lemoimier: femer Rodin: L*art.
Zu Seite 54. Vergl. zu der folgenden Darlegung Mach: Analyse der Empfindung.
Erkenntnis und Irrtum. Rickprt- Der Geg;enstanrl r!rr Erkenntnis. Dilthey: Bei-
träge zur Losung der Frage vom Ursprünge unseres Glaubens an die Realität der
Außenwelt und seinem Recht (Sitzungsberichte der kgl. preuß. Akad. d. Wissen-
tdiaft. Berlin 1890. 59, S. 977 ff.)* Hamann: Impieiiioniimus in Leben und
Kunst.
Zu Seite 55. Deutsdh von Heinrich Horwit.
Zu Seite 55. Hemi Bergsons Schriften deutsch bei Diederichs Jena: Zeit und Frei-
heit. Materie und Gedächtnis. Einführung in die Metaphysik und Schöpferi-
sche Entwicklung. Zur Kritik: Richard Kroner: Henri Bergson. Logos Bd. I.
•Zu Seite 57. Tb. Ouret: Die ImpreMionisten, S. 88 u. S. 97.
Zu Seite 58. Camilla Mandair: L'impreiiioniime.
Zu Seite 58. Baerwald: Fvjrdiologiidie EViktoren des modernen Zeitgeistes.
Zu Seite 59. Nietziche: Alto «ptach Zatathuttra: Vom neuen Götsen.
Zu Sdte 59. Diese Forderung Ist weder durcb Margis: £. T. A. Hoffinann. Eine •
psychographische Individual-Analyse (Lpz. 1911) noch durch L. T.ewin : F. Heb-
bel (Berlin 1915) erfüllt. Das Schema an sich ist völlig unbrauchbar, weil es
zwischen Mensch und Werk trennt, dem Menschen gegen iiber im Allgemeinsten,
Unbedeutendsten, AUtägiichsteu bleibt; dem Werk gegenübw &ber d«i sdt lango
üblichen philologischen Apparat nicht hinauskommt. Schon das völlige MiB-
verhältnis der Inhaltsaufteilung (bei Mai gis : Seiten über die innere Gestaltung,
57 Seiten über das literarische Sch iffpii, 119 Seilen über die Persönlichkeit)
sollte dem Psychologen die er kenutuiskri tische Frage vorlegen, ob die Interpre-
tationsmethodb der analjneienden Ftychologie &b«tliaupt fShig ist, das weaent-
liche Problem zu stellen.
Zu Seite 60. Ich leugne also keineswegs» daß hier ein schöpferischer Akt vorliegt,
aber ich werde noch dartun, daß dieser nur ein Beginn eines solchen ist und
keineswefs iiKond eine Allgemeingühigkeit hat. Dieser wesentliche Unterschied
kann nldlt sdiarf genug betont Wetden, da jüngsthin keine geringere Antoiitit
als die G>liens ihn in der „Ästhetik des reinen Gefühles" (Bd. I, S. 557. Bd. II,
S. 405 f.) zu verwischen suchte. Einem Satze wie t^iesem: „Das Wort Impression
ist mißverständlich 1 Die Impression geht sonst von dem Objekt aus. Hier da-
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Aamerlmiigeii 105
•waimuilnM I »»ii«»iiiiiiHi»wiiHiiw<Mlttlllllll l llll l ll t Wlllnmw«ttwimt»iiiiimmim»»H H |I W Ii n t n »m»«m»mt uitiiMf
. gpgp'n soll das Objekt nirht pmpfanf^rn wprcfrn. MpHt als es von der Kunst über-
. haupt geschieht (sicl;, wird hier ^cpen eine solche rezt-])tivp Aufnahme des ein-
wirkenden Objekts Stellung genommen. Das Objekt ist so wenig vorhauden,
dafi e» nicht Arnual whledhthlii smn Objekt gemacht wiid; in einer ponktn-
cilen Einheit loll. es mt hegrQndet, von ihr ans konstruiert werden. Das ist das
gerarJe Geffenteil von Impression; f^as ist erzeugendes Denken und so hier erzeu-
gendes Schatfen/' . . . einem solchen Satze ist mit dem Vermerk zuzustimmen,
daß es f&r den Idealisten im Grunde doch nur eneugendes Schaffen geben kann.
Aber Cohen meint das andc»: ^
„Versenken in den bunten Wechsel der alltäglichen Naturpbänomene ist der
ganze alle anderen Ziele ausschließende nunmehrige Zweck der Malerei . . .
Die Selbständigl^eit von Luft xmd Licht muß deslialb die Vermittlung: tler
Raumgestaltung umgehen, wenn sie der Landscbait selbständige Eigenart erobern
will. Die Natur freilich ist immer das Korrelat zum Seilet; sie kann nicht aus-
geschaltet werden. Aber das wird die Frage: ob Licht und Luft nicht an und für
sich selbst das Gepräge und den Gebalt der Natur auf sich nehmen konnra. Was
ist denn die Natur anders im letzten Sinne als Luft und Licht?**
Solche Sätze sind energisch abzulehnen; nicht nur weil sie gegen die Grund-
lagen der Cohens( hen Ästhetik miijtrauisch machen, sondern weil sie — wären
de gültig — die ganze idealistis^e Erkenntnistheorie ad absurdum fuhren wiii^
den. In der Tat liegt hier deren bisherige Grenze, daß man die Allgemeingültig-
keit und Wahrheit eines Gedankens allein aus dem isolierten Vermögen imd
seiner apriorischen Grundlage deduzierte und nicht aus dem schöpferischen
Triebe überhaupt, in dem jene doch nur einen Teil bilden.
Zu Seite 61. Hier liegt die exzeptionelle Stellung und Bedeutung^ Renoirs, dafi er
ungeheuer viel kubischen Gehalt mit der Fläche zu vereinen gewußt hat. Auch
in der Farbgehung geht er in der Vereinheitlichung weit über die an lerm Im
piessionisten hinaus* Aber ein Bild im Sinne der absoluten Gestaltimg hat Renoir
doch nie gemalt.
Zu Seite 65. Eine eingehende Würdigung und Widerlegung des Okonomieprinzipes
bei R. Hönigswald: Zur Kritik der Rflachtciien Philosophie. Eine erkenntnia-
theoretaache Studie. Bes. S. 13 —15 f.
Zu Seite 67. Außer seinen Bildern existieren Briefe. Sie wurden zuerst 1895 als
Auszüge im Mercure de France veröffentlicht „Lettres de Vincent van Go^rb
^mile Beruard et ä son fr^re Theodore". Diese erschienen deutsch. Berlin, 4. Auf-
lage 1911. — Eine voUslfindige Ausgabe der Briefe an Bemard erschum .1911
bei Vollard mit versdiiedaien Einleitungen und Vorreden von Bemard selbst
und mit 100 Ahhildungen, zum größeren Teil Zeichnungen.
Ich zitiere zuweilen französich, da die deutsche Ausgabe nicht nur als Text,
sondern vor allem als Übersetzung unzulänglich isi und nichts von dem Rhyth-
mus der ursprünglidien Worte wiedergibt. ^
Zu Seite 70. Die Verwandschaft der Viulität wird am deutlichsten, wenn man die
wenigen Radiemngm RuiTsdads mit Zeichnungien van Goghs vergleicht.
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196
Aamarkungen
i»m<MiWtwMmMHMim»n»tnt»mH«t«mtM»»wmminiim»H«Hnm«nm»HiHM
Die symbolische Absicht R.s ist schon von Goethe mit Bezug auf den Juden*
friedhof (Dresden) hervorgehoben worden. Doch ist gerade hier die Löfung un-
genügend, weil sie im Gegenständlichen bleibt.
Zu Seite 7«. James: Psychologie, S. 458.
Zu Seite 75. Dasselbe Prinzip als Forderung für den FortMihritt der Individnal-
pqrchologie hat William Stern formuliert. Die Uadenkbarkeit denelben Vei
erkenntnistheoretischer, normativer — kurz schöpferischer Arbeit zeigt eklatant
die Difierenz der Gestaltungsstufcn. Übrigens liegt hier eine rein menschliche
Frage der vorigen Generation, und es ist interessant, welchen Weg Hauptmann
•ixt ihrer JJkwag von den „Einiamen Menichen** zu »«Gabriel SchiUing» Ptucht'*
genommen bat. Dort nimmt sich der „Held" das Leben, weil er ohne dai
Weib, das ihn versteht, nicht leben kann; hir-rt weil er mit dem Weib» das ihn
zu verstehen behauptet bat, nirht leben kann.
Zu Seite 75. Gauguin in „Kunst und Künstler'' VIII, S. 581.
AUF DEM WEGE ZUR ABSOLUTEN GESTALTUNG
Zu Seite 77. Faul Signac; Von Eugfene Delacxoix zum Neo-Imprestioniimue.
Zn Seite 77. Maurice Denli: Kunst und Künstler, Bd. VIII, S. 91.
Zu Seite 81. Jules Christophe: Seurat; zitiert aadi B^la Lasar: Die Maler des
Im^resnonismus.
Zu Seite BifT. Dieses Zitat wie die meisten übrigen stammen aus den Aufsätzen
Bernards, weniges aus den sehr guten von Maurice Denis. ^Imile Bemard: Paul
C^zanne, L^Occident, II. 1904, Juli und Souvenir sur Paul C^zanne. Mercure
de France 1907. Jetzt als Buch igta. — Maurice Denis: C^zanne, L'Ood-
dent 1907, Oktober und: Kunst und Künstler, VIII, S. 95 ff.
Zu Seit 92. Ich möchte hier f^^rj^rnüber dem Buche Bnr^r>rs: Cezanne und Hodlrr,
München 1913 ausdrück lich'^t betonen, daß ich diesen Vergleich bereits im
November 1911 in der Zeitschrift „Nord und Süd'' durchgeführt habe^ Ich
sehrieh damals: „Welche Bedeutung hat Hodler für eine zukünftig^ Malerei?
Man ist namentlich in akademischen Kreisen geneigt, dieselbe sehr hoch anzu-
schlagen und man beruft sich auf die Ausstellungen Schweizer Künstler, flie
Überali durch ein sehr hohes Niveau aufgefallen sind. Jenseits dieser nationalen
Schranlen aber wird man nichts heibringen können. Ich glaube vielmehr, dafi
Hodlevs Spradie eine durchaus persönliche bleihen muß, weil sie stilisiert und
ein Schema konstruiert. Stilisierungen aber können nicht die erschöpfende
Sprache einer Zeit werden, wenn sie auch unter den Händen einef großen
Künstlers ein bewundernswürdig weites und allgemeines Gebiet von Tatsäch-
licbk'eiten umftssen können. Nicht Hodler, sondern C^ianne hat den Weg ge-
wiesen, auf dem allein eine neue Malerei sidi entwidceln kann, sich schon ent^
wickelt hat/*
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107
DIE NACHFOLGER C^ZANNES
Zu Seite g6. Maurice Denis: Kunst und Künstler, VIII, S. 9s.
Zo S«te 97. Henri Matine; Notizen eines Malen. Ebenda VII, S. 505.
Zu Seite 98. Siehe die bereits zitierten Schriften von Bergion und Münsterberg.
Zu Seite 99. H. Wölfflin: Die klassische Kunst. — D;irer. — Das Problem de«
Stils in der bildenden Kunst (Sitzungitberichte der kgl. preuß. Akademie der
Wissenschaften 1913. XXXL)
Zn Seite 101 . Leo Greiner: Literariachea Echo, VI, i^8~i 19.—' Besprachnng Ton
Heinrich Manns: Die Jagd nach Liebe.
Zu Seite lOfl. Th. VoUbehr: Die Neidfiurbe Gelb, Zeitacbrift für Ästhetik, Bd, I»
S. 355* " •
Zu Seite 104. Rotonchamp: Gauguin.
Zn Seite 106. Cahier d*ani<mid*htti, Nr. 4» April 1913.
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